Das Ziel der Heilkräuter-Wanderung bei Llubí ist ein Feld mit blühenden Ringelblumen. Doch erst einmal machen wir Halt unter einem Baum. Karen Navarro kennt sich aus – sie war auf den Spuren heilkundiger Mayas in Mexiko unterwegs, in Peru lernte sie im Amazonas-Tiefland die Pflanzen des Regenwaldes kennen, in Indien Ayurveda, und zu alledem ist sie Expertin der Bachblüten-Lehre.

Unter dem Zürgelbaum (Celtis australis almez span., lledroner kat.) zeigt sie auf schwarze, nach unten hängende Beeren. Die Teilnehmer des Workshops sind überrascht. Das Fruchtfleisch, das den Kern umschließt, ist von intensiver fruchtiger Süße. Die Beeren locken Vögel an, die sich ihrerseits durch die Verbreitung der Samen revanchieren. „Es entsteht aber kein Wald, der Zürgelbaum ist ein Einzelgänger.“ Die Blätter, die im Sommer Schatten spenden, sollen eine Senkung des Cholesterins bewirken. Navarro empfiehlt im Herbst und im Frühjahr eine 21-Tage-Kur.

Wenige Schritte weiter fällt auf dem Boden eine Blattrosette auf: Es sind die neuen Triebe der Wegwarte (Cichorium intybus bot., achicoria span., xicòria kat.). Von anderen frischen Kräutern unterscheiden sie sich, weil um sie herum ein Wirrwarr an vertrockneten Stängeln liegt. An ihnen blühten im Frühjahr und Sommer die leuchtend himmelblauen Korbblüten. Die Teilnehmer kosten die frischen Blätter, sie schmecken leicht bitter. „Über sie freut sich die Leber“, erfahren wir. In Zeiten der Hungersnot habe man aus den Wurzeln der Wegwarte einen Ersatzkaffee (Zichorie) gebrüht. Doch weil dies bei vielen Menschen noch Erinnerungen an schlechte Zeiten weckt, ist die Wegwarte als heilendes Kraut nicht allzu beliebt.

Karen Navarro unter einem Zürgelbaum. Die süßen schwarzen Beeren hängen nach unten, sie schmecken nicht nur den Vögeln. Barbara Pohle

Ganz in der Nähe wächst, ebenfalls als Rosette, der Spitzwegerich (Plantago lanceolata bot., llantén menor span., herba de cinc nirvis kat.). Er ist, wie der katalanische Name sagt, auf der Rückseite an langen, spitz zulaufenden Blattnerven zu erkennen. Die Expertin empfiehlt, die Blätter des Spitzwegerichs zu kauen. Mit Speichel vermischt könne die Mixtur bei Verletzungen oder Insektenstichen antiseptisch wirken sowie Blutungen und Infektionen verhindern. Die Pilger auf dem Camino de Santiago wüssten diese Pflanze, die üppig am Wegesrand wächst, sehr zu schätzen.

Der Weg bisher hat nur wenig Farbe geboten, satte Grüntöne bestimmten das Bild der Landschaft. Doch das ändert sich, als die Teilnehmer vor einem riesigen Feld stehen. Die Wilde Ringelblume zählt, wie auch die kultivierte Version (Calendula officinalis), zu den bekanntesten Heilpflanzen und wirkt ähnlich wie diese. Die Wirkstoffe der Calendula, so Navarro, seien sanft und für empfindliche Hautpartien wie das Gesicht oder auch die Vagina sowie gegen Entzündungen beim Stillen und für Babys zu empfehlen, weil sie Entzündungen hemmen und beruhigen.

Die Teilnehmer waren gebeten worden, Gläser mit Schraubverschlüssen mitzubringen. Jetzt pflücken wir von jeder Pflanze – sie bilden an mehreren Stängeln mehrere Blüten – nur eine einzige, um den Vegetationszyklus des Gewächses nicht zu beeinträchtigen. Die Katalanin sagt von sich selbst, dass sie jede Staude erst um Genehmigung frage. Die Gläser sollen denn auch nur zur Hälfte mit Blüten ohne Stängel gefüllt werden.

Das könnte Sie interessieren:

Und so geht die Mazeration, wie die Übergabe der Wirkstoffe an das Öl heißt: Da die Blüten zur Mittagszeit noch feucht sind, ist es ratsam, sie zu Hause im Warmen kurz zu trocknen. Dann gibt man sie in ein ebenfalls trockenes Glas und füllt drei Viertel seines Volumens mit Öl auf. Es kann die Erstpressung von Olivenöl sein, aber auch Sonnen-, Mandel- oder Sesamöl. Der freie Raum im Glas sorgt für Sauerstoff während der 4o Tage, in denen es an der Sonne stehen soll, auch nachts bleibt es im Freien. Danach wird das Öl über ein Tuch abgeseiht. Das Calendula-Öl ist an einem kühlen dunklen Ort ein Jahr haltbar.

Kurse zu Blütentherapie und Ethnobotanik (auf Spanisch): Tel.: 646-24 08 67 (WhatsApp).Nächster Kurs: 3.1.