Nicht nur die Mandelbäume sind befallen. „Auch Wildpflanzen sind mit dem Feuerbakterium (Xylella fastidiosa) infiziert, das kann zu einer großen Gefahr für die Artenvielfalt werden“, warnt Juan Rita von der Balearen Universität (UIB). Seit drei Jahren arbeitet der Biologe an einer Studie über den Xylella-Befall von wild wachsenden Bäumen und Sträuchern. Die wissenschaftliche Studie ist vom Umweltministerium der Balearen in Auftrag gegeben und mit Geldern aus den Einnahmen der Touristensteuer finanziert worden. Ein vorläufiges Ergebnis der Arbeit wurde kürzlich in einer Pressemeldung veröffentlicht.

Für die Studie sammelten die Biologen auf Grundlage eines Rasternetzes auf den Balearen Schnittgut und berücksichtigten dabei auch die kleinen Inseln bei Ibiza sowie Cabrera. „Es ist gar nicht so einfach, das Bakterium bei gepflückten Pflanzen zu finden“, erklärt Rita. So könne es etwa sein, dass die Pflanze zwar infiziert sei, die Krankheit aber das zu untersuchende Blatt noch nicht erreicht hat. Zudem können bei womöglich befallenen Pflanzen immer auch noch andere Faktoren wie anhaltende Trockenheit, Fressfeinde sowie Pilzerkrankungen mit im Spiel sein.

Schuld ist der Biss einer Zikade

Die Überträgerin der Bakterie ist, wie bei den Mandelbäumen, die Wiesenschaumzikade (Philaenus spumarius). Die im Sommer zirpende Zikade legt ihre Eier bevorzugt auf mit Gras bewachsenen Lichtungen oder nach oben offenen Pflanzgemeinschaften ab. Ihre Larven produzieren dann im Frühling Schaumballen.

Wenn das erwachsene Insekt zu hüpfen beginnt, springt es von den Wiesengräsern auf die Pflanzen der Umgebung. Dabei sei die Zikade nicht wählerisch, sagt Rita. Sie beiße sich in den Stängeln fest, sauge sie aus und infiziere dabei die Pflanze. Deshalb ist eine der Hypothesen der Studie, dass erkrankte Wildpflanzen vor allem dort zu finden sind, wo das Habitat für das Insekt günstig ist. Eine weitere Vermutung: Befallen werden besonders Wildpflanzen, die an der Peripherie von Kulturlandschaften vorkommen.

Von der Xylella verschont geblieben ist dagegen die Insel Formentera. Wie auch die Gewächse in der Serra de Tramunta, wo es dem Insekt wahrscheinlich zu kalt ist. Es bevorzugt wärmere und feuchtere Habitate.

Befallene Einheimische

Anlass zur Sorge ist bei den endemischen Balearen-Gewächsen geboten. Die Menorca-Heiligenblume (Santolina magonica bot., guardarropa span., camamil∙la kat.) zum Beispiel ist ein wichtiges Kraut der Naturmedizin Menorcas. Doch nun sind ganze Kolonien an der Küste vom Feuerbakterium befallen. Auf Mallorca kommt die Subspezies der mallorquinischen Santolina eher selten vor.

Häufig dagegen ist der wilde Kletterer Clematis (Clematis cirrhosa bot., clemátide span., vidalba kat.) an Zäunen und Mauern Mallorcas anzutreffen, wo er mehrjährige Begrünungen bildet und im Winter blüht. An Wegrändern in der Nähe von Lichtungen kommt vielfach der Stachliger Dornginster (Calicotome spinosa bot., retama espinosa span., garosa negra kat.) vor, er steht derzeit in voller Blüte. Bei beiden Wildarten konnte das Feuerbakterium nachgewiesen werden.

Wild und im Garten

Die Krankheit betrifft zudem Gewächse, die wild wachsen und zugleich beliebte Gartenpflanzen sind: So wurde das Italienische Brandkraut (Phlomis italica bot., candilera span., estepa de bací kat.) positiv getestet. Wie auch der Rosmarin (Rosmarinus officinalis bot., romero span., romaní kat.). Ein erkranktes Exemplar dieser Spezies wurde sogar mitten in einem Kreisverkehr entdeckt. Auch beim Lavendel (Lavandula dentata bot., lavanda span., lavanda kat.) und der Weißlichen Zistrose (Cistus albidus bot., estepa blanca span., estèpera blanca kat.) ist der Erreger nachgewiesen worden.

Aus Inselgärten stammten von der Bakterie infizierte Schnittproben zudem von Heil- und Küchenkräutern. Wie beispielsweise vom Thymian (Thymus vulgaris bot., tomillo span., timó kat.) und dem Salbei (Salvia officinalis bot., salvia span., sàlvia kat.). Beide zählen, so der Wissenschaftler, zu den typischen Gewächsen der mediterranen Flora, kommen auf Mallorca aber seltsamerweise nicht wild vor.

Unter den Baumarten ist die Wildolive (Olea europaea bot., acebuche span., ullastre kat.) besonders gefährdet, wie auch die Schmalblättrige Esche (Fraxinus angustifolia bot., fresno span., freixera kat.). Dieser Baum schützt auf der Insel die Betten der Sturzbäche (torrentes) im Winter vor dem Überlaufen. Der Biologe berichtet von Exemplaren, die in den feuchteren Zonen in der Nähe von Esporles wachsen und gesund sind, die in den trockeneren dagegen unter dem Feuerbakteriumbefall leiden. Im Gegensatz dazu konnte der Erreger in keiner einzige Probe von Steineichen (Quercus ilex bot., encina span., alzina kat.) nachgewiesen werden.

Die Arbeit der UIB-Biologen wird im Mai dieses Jahr abgeschlossen sein. Die Ergebnisse werden gleichzeitig mit parallel geführten Studien über den Xylella-Befall von Mandel- und Rebplantagen vom Umweltministerium ausgewertet und veröffentlicht werden.