Die Zikaden heben zum Mittagskonzert an, als Mark Cleaver ankündigt: „Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die Destillieranlage den ersten Tropfen Öl liefern wird.“ Genügend Zeit also für einen Rundgang über die eineinhalb Hektar großen Lavendelfelder in der Nähe von Son Carrió. Vor drei Jahren haben hier Josie und Mark Cleaver die ersten Lavendelsträucher gepflanzt, neun Jahre zuvor waren sie von London nach Mallorca gezogen. „Zuerst arbeiteten wir mit Fairtrade-Produkten, danach wollten wir mehr Zeit in der Natur verbringen“, berichtet der Brite. Ihr Lavendelbusch im Garten gedieh prächtig, sie begannen, sich mit Lavendel zu beschäftigen, nahmen an einem Online-Kurs teil und konnten irgendwann nicht mehr aufhören.

Das britische Paar Josie und Mark Cleaver mit ihrer Destillieranlage.

Das britische Paar Josie und Mark Cleaver mit ihrer Destillieranlage. Nele Bendgens

Die ersten tausend Sträucher des Lavandin (Lavandula x intermedia), eine Kreuzung aus Echtem und Speiklavendel kauften die Cleavers in der Provence. Dieser Hybrid liefert fünf Mal so viele ätherische Öle wie der Echte Lavendel, wird jedoch nicht in der Medizin, sondern für kosmetische Produkte verwendet.

Von der zweiten Variante, der Lavandula angustifolia var. sevtopolis orderten sie 2.000 Exemplare in Bulgarien, in dem Land, das Frankreich als weltweit größten Lavendelproduzenten abgelöst hat. Diese Sträucher sind klein, es wird noch etwas dauern, bis sie Blüten bilden. Beide Sorten wurden nach und nach mit Ablegern vermehrt, sodass jetzt auf den Feldern 7.500 Stauden wachsen.

Der Duft zieht viele Insekten an

Zurück zum Lavandinfeld. Hier überrascht, dass die Blüten nicht so violett sind, wie sie auf den Social-Media-Fotos von Feldern in der Provence zu sehen sind. „Im Juni wirken auch die Lavandinblüten hier wie in Lila getaucht. Doch wir warten, bis die Pflanze ein Maximum an ätherischem Öl entwickelt hat“, sagt Cleaver. In dieser Zeit verändere sich dann die Blütenfarbe ins Graublaue. Die zweite Überraschung auf dem Feld: Die Stauden verströmen einen intensiven, aber etwas strengen, an Kampfer erinnernden Duft.

Kein Wunder, dass dieser Duft Insekten anzieht, denn der Lavendel zählt zu den an Pollen und Nektar reichsten Pflanzen. Mit tiefem Brummen sind die wilden Hummeln unterwegs, die Zitronenfalter flattern um die Wette. Die Bienen haben kurze Wege, ihr Bienenstock steht im Schatten eines Baumes in unmittelbarer Nähe des Feldes. Wenn alles gut geht, wird Cleaver gemeinsam mit einem Imker im Herbst Lavendelhonig schleudern.

Bevor er sich jetzt einem Strauch nähert, achtet er darauf, dass alle Insekten davongeflogen sind. Erst dann schneidet er mit der Sichel einen Bund ab und bindet ihn mit einem der harten Stängel zusammen.

Die Arbeit auf den Ökofeldern ist aufwendig

Die Stauden sind im Abstand von einem Meter in langen Reihen gepflanzt. Dazwischen zeigt sich die typisch lehmfarbene Inselerde mit vielen Steinen obenauf. Das sehe, so Cleaver, in der Provence, wo sie die Lavandinpflanzen gekauft haben, genauso aus. Auch dort würde, außer in der Anwachszeit, niemals gegossen. Der Lavendel bevorzuge nährstoffarme Böden und extreme Trockenheit.

Die Arbeit auf den Ökofeldern ist sehr aufwendig. „Obwohl unser Anbau zu hundert Prozent ökologisch ist, besitzen wir das Biozertifikat noch nicht“, sagt Cleaver. In den nächsten Wochen wird das Paar morgens Blüten ernten und die Destille bestücken. Einmal im Monat hilft ein Freund beim Unkrautjäten mit dem Traktor und einer Spezialmaschine. Im Herbst und Winter fällt dann die Arbeit in der Manufaktur an.

Ökoprodukte aus der hauseigenen Werkstatt. Nele Bendgens

Zurück bei dem Destillierapparat sind die Zikaden noch immer im Konzertmodus, jetzt verströmt das kupferne Gerät Wolken von Lavendelduft. Die Blüten haben ihre ätherischen Öle an den Wasserdampf abgegeben, im Innern blubbert es. Erst muss der Dampf in Flüssigkeit umgewandelt und getrennt werden, damit das Öl auf dem Lavendelwasser (Hydrolat) schwimmt.

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Doch dann fließen aus einem Rohr plötzlich die ersten Tropfen Öl, während das Lavendelwasser plätschert. Es wird heute noch sieben Stunden dauern, bis die Destillation abgeschlossen ist und etwa 500 Milliliter Lavendelöl extrahiert worden sind.

Verkauf und Kontakt

Das Ehepaar Cleaver bietet die Lavendelprodukte mittwochs auf dem Markt von Sineu, donnerstags in Sant Llorenç des Cardassar zum Verkauf an. E-Mail: lavandamallorca@gmail.com