Am 16. Februar 2017 hat das spanische Verfassungsgericht ein Urteil verkündet, in dem beschlossen wurde, dass die Beitreibung der kommunalen Wertzuwachssteuer - „Plusvalia municipal" - durch die Gemeinden in bestimmten Fällen verfassungswidrig ist. Auch wenn das Urteil sich auf die lokalen gesetzlichen Vorschriften der Stadt Guipuzcoa bezieht, sind sich Experten sicher, dass diese Entscheidung des Gerichts auf die gesamtstaatlichen Vorschriften Auswirkung haben wird und somit in allen spanischen Gemeinden Rückforderungen möglich werden.

Der Begriff ist in der spanischen (Rechts-)Sprache weit verbreitet, wird aber leider auch oft missverstanden. Die Plusvalia municipal ist eine spanische kommunale Zuwachssteuer. Jedoch findet sich diese Bezeichnung in keinem spanischen Gesetzestext. Das liegt daran, dass die konkrete gesetzliche Bezeichnung „Impuesto sobre el incremento de valor de los terrenos de naturelza urbana" (Steuer auf den Wertzuwachs von erschlossenen Grundstücken) lautet. Verständlich ist, dass dies für Deutsche zu Verunsicherung führt, da eine solche Steuer oder auch eine vergleichbare in Deutschland nicht existiert.

Diese Steuer wird erhoben für den „Wertzuwachs von Boden im städtischen Bereich", das rührt daher, dass in Spanien die Grundstücke in städtische (= urbano) und ländliche (= rustico) Grundstücke klassifiziert werden. Die rechtliche Unterscheidung erfolgt, entgegen der verwendeten Begrifflichkeit in Deutschland, allein nach dem ­Katastergesetz 1/2004. Daher kann eine spanische Gemeinde für die Übertragung von Grundstücken auf städtischem Gebiet diese indirekte Steuer erheben. Diese hat dann der Verkäufer zu tragen und fiel bis zum heutigen Tag in jedem Fall von Immobilienübertragung an, die der Grundsteuer (Impuesto sobre Bienes Inmuebles) unterliegt. Das bedeutet, dass diese Steuer auch im Falle von Schenkungen, Erbschaften und der Übertragung von Nutzungsrechten erhoben wurde. Keine Anwendung findet die Wertzuwachssteuer hingegen bei der Übertragung zwischen Ehegatten.

Ungeachtet blieb dabei, ob der Verkäufer einen Gewinn oder Vermögensverlust erlitt. Einbezogen wurde die Wertsteigerung seit der letzten Übertragung, wobei die Grenze bei maximal 20 Jahren liegt. Der erhobene Betrag, der auf einer komplizierten Formel beruht, fiel oft übermäßig hoch aus.

Grundlage zur Berechnung der Steuern ist der Katasterwert (welcher im Grundsteuerbescheid mit „valor catastral" bezeichnet ist) und nicht etwa der Marktwert oder der von den Parteien in einer notariellen Urkunde bezeichnete Kaufpreis. Zudem legt jede Gemeinde selbst einen Koeffizienten fest für die bereits verstrichenen Jahre. Daher ist eine allgemeine Aussage unmöglich. Zumal die Formel davon ausgeht, dass der Bodenwert immer steigt. Gerade dies schuf jedoch eine Fiktion, die mit der realen Welt nicht vereinbar ist.

Wann genau ist jedoch ein Vermögensverlust eingetreten, der eine Rückforderung möglich macht. Wenn wir von einem Vermögensverlust sprechen, ist klarzustellen, dass ein solcher vorliegt, wenn eine Immobilie zu einem Preis übertragen wurde, der unter dem seinerzeitigen Erwerbswert lag. Zu Verdeutlichung folgendes Beispiel: Wenn Sie eine Immobilie zum Preis von 300.000 Euro erworben haben und diese nun für 200.000 Euro verkauft haben, haben Sie keinen Gewinn erzielt. Dennoch war man verpflichtet, auch in solch einem Fall, die kommunale Wertzuwachssteuer zu zahlen.

Dem tritt nun das Urteil des Verfassungsgerichts entgegen und gestattet einen möglichen Anspruch auf Rückforderung.

Neben dem oben dargestellten Vermögensverlust und gleichzeitiger Zahlung der Wertzuwachssteuer bedarf es einer weiteren Voraussetzung. Zudem muss der Verkauf in den letzen vier Jahren (Stichtag: 16.02.2013) stattgefunden haben, da das Urteil nur insoweit berücksichtigt werden kann und Wirkung entfaltet.

Auf den Balearen wird geschätzt, dass rund 17.600 Hausverkäufer betroffen und berechtigt sind, diese Wertzuwachssteuer zurückzuverlangen. Daher ist es ratsam, den eigenen Fall durch eine fachkundige Stelle prüfen zu lassen, um festzustellen, ob ein möglicher eigener Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Wertzuwachssteuer gegen die jeweilige Gemeinde besteht. Sollte dies der Fall sein, empfehlen wir Ihnen so schnell wie möglich einen Rechtsbeistand zu beauftragen, um die persönlichen Interessen zu wahren und die Rückzahlung der zu viel gezahlten Wertzuwachssteuer in die Wege zu leiten.

Christian Gerboth ist Rechtsanwalt und Abogado Master of European Law (Barcelona). Kontakt: Avda. de Jaume III, 3, 07012 Palma, E-Mail: info@mallorca-anwalt.com. www.mallorca-anwalt.com