In den vergangenen fünf Jahren ist aus einer eher ideellen und in vielen Fällen als reine Etikette dienenden Nische ein seriöses, realistisches Investment geworden. In Europa vollzog sich diese Entwicklung vor allem dank der Europäischen Kommission - unter anderem durch deren Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums sowie durch ihre Taxonomie-Verordnung. Auf diesem Weg zu klarer definierten Aktien und Vermögenswerten haben sich die sogenannten nachhaltigen Anleihen oder Green Bonds, wie sie ursprünglich genannt wurden, zu einem Segment mit großem Wachstumspotential entwickelt.

Im vergangenen Jahr wurden bereits Rekordzahlen bei der Ausgabe von nachhaltigen Anleihen erreicht - insgesamt wurden solche Anleihen im Wert von über 560 Milliarden USD gekauft. Obwohl das Auftreten von Covid-19 zunächst das Wachstum dieses Marktes gebremst hat, wurden im September wieder grüne Anleihen in einem solchen Umfang ausgegeben, dass ein neuer weltweiter Rekord aufgestellt wurde: In nur einem Monat flossen 30 Milliarden USD in diesen Bereich - das sind 15 Prozent mehr als beim letzten Monatsrekord in der Geschichte dieser Art von Schuldverschreibungen.

Obwohl die Realität zeigt, dass diese Wertpapiere weltweit nur 5 Prozent des Gesamtvolumens an Anleihen ausmachen und ihre Liquidität begrenzt ist, gehen wir davon aus, dass wir am Anfang einschneidender Veränderungen stehen. Mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr glauben wir, dass die Einführung von „Next Generation", dem neuen Programm der Europäischen Kommission, sich als einer der Motoren für das Wachstum der grünen Anleihen erweisen wird. Dieser finanzielle Anreiz ist dazu gedacht, um aus der Gesundheitskrise herauszukommen, und er soll zudem eine wesentliche Rolle beim Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft spielen. Wie die EU-Kommissionspräsidentin selbst erklärte, werden 30 Prozent des Gesamtprogramms, das heißt 225 Milliarden USD, über die Ausgabe von grünen Anleihen finanziert, die dadurch substantiell an Bedeutung gewinnen. Dieses Finanzierungsinstrument für Verbesserungen im Bereich Soziales und Umwelt wird somit wohl neue Spitzenwerte erreichen.

Auch im Hinblick auf die Nachfrage gab es in den vergangenen Wochen positive Nachrichten, die das Potential dieser Wertpapiere bestätigen. Am 22. September kündigte auch die EZB an, die grünen Anleihen in ihr Kaufprogramm aufzunehmen und diese zudem als Sicherheit bei Liquiditätsgeschäften mit Geschäftsbanken zu akzeptieren. Damit wurde diesem Finanzinstrument für seine zukünftige Entwicklung erneut der Rücken gestärkt.

Im Gesamtverhalten dieser Bonds zeigt sich beim Vergleich der Entwicklung eines Indexes von Green Bonds mit dem Investment Grade Credit in der Eurozone, dass diese Wertpapiere in ihrer Gesamtheit eine sehr ähnliche Rentabilität entwickelt haben wie die Unternehmenskredite, jedoch mit einer etwas höheren Bonität. Die Entwicklung dieses Marktes bietet daher interessante Diversifizierungsmöglichkeiten für die Kapitalbeschaffung von Unternehmen, indem diese einen weniger liquiden und bekannten Markt für sich erschließen, der zweifelsfrei auf eine starke Unterstützung seitens der europäischen Behörden bauen kann. Der Moment für Green Bonds ist gekommen, und diese Wertpapiere bieten dementsprechenden Möglichkeiten, die man nutzen sollte.