Dass sich der Reggaeton-Song - ein Mix aus Reggae, Dancehall und Hip-Hop - zu einem sozialen Phänomen in Spanien entwickeln würde, hätten vor einem Monat wohl nur wenige für möglich gehalten. Im Gegenteil. Die Wellen der Empörung schlugen hoch, als bekannt wurde, dass eine Witzfigur mit überdimensionaler Elvis-Presley-Tolle, 50er-Jahre-Koteletten und einer Spielzeug-Plastikklampfe vor der Brust das Land beim europäischen Schlagerfestival repräsentieren soll. ?Man blamiert ganz Spanien vor 300 Millionen TV-Zuschauern", wetterte die konservative Tageszeitung ?El Mundo". Andere Medien sprachen von ?Schande" und ?vorprogrammierter Blamage".

?Chiki Chiki" und Rodolfo Chikilicuatre sind Produkt einer Late-Night-Show. TV-Moderator und Humorist Andreu Buenafuente, eine Art spanischer Harald Schmidt, hatte im Privatsender ?La Sexta" eigentlich nur einen Scherz machen wollen, als er seinem Programm-Narren Rodolfo Chikilicuatre vorschlug, den europäischen Schlagerwettbewerb für Spanien zu retten. Die Witzfigur, hinter der sich der 38-jährige katalanische Schauspieler David Fernández verbirgt, nahm seinen Chef beim Wort und präsentierte sich wenige Tage später mit ?Baila el Chiki Chiki" zur nationalen Endausscheidung. Mitte April gewann er die Online-Abstimmung im Internet mit überwältigender Mehrheit.

Gesangliche Qualitäten hat Rodolfo allerdings nicht vorzuweisen. Sein ?Chiki-Chiki"-Song lebt - ähnlich wie Stefan Raabs ?Wadde hadde dudde da" (Eurovision Contest 2000) - einzig und allein von der schrillen Performance. Der Text enthält neben sprachlichen Gags eine Aufzählung von Prominenten, die angeblich bereits den ?Chiki Chiki" tanzen. Gerüchten zufolge stammt der Song aus der Feder des Klamaukschauspielers Santiago Seguro und des kanarischen Liedermachers Pedro Guerra. Beide haben sich jedoch bereits öffentlich von ?Chiki Chiki" distanziert. Um möglichen Ärger beim ?Eurovison Song Contest" zu vermeiden, wurden in einigen Strophen die Namen von Politikern gestrichen und durch international bekannte Spanier wie Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso oder die Schauspieler Javier Bardem und Antonio Banderas ersetzt.

Dank Rückendeckung von Funk und Fernsehen ist ?Chiki Chiki" in Spanien Kult. Die Schritte des Tanzes kann man bereits - ähnlich wie einst beim globalen Ohr- und Fußwurm ?Macarena" des Duos ?Los del Rio" - im Internet erlernen. Im Video-Portal youtube.com gibt es den Song übrigens auch in einer deutschen Fassung.

Ob sich Chikilicuatre am Samstag gegen die konventionelle Schlager-Konkurrenz wie die deutsche Girlie-Band ?No Angels" behaupten kann, bleibt abzuwarten. Sein größter Rivale kommt jedenfalls aus Irland, heißt Dustin und ist ein riesiger krächzender Schaumstoff-Truthahn.