Es ist ein Büro, in dem scheinbar nie gearbeitet wird. Die Serie ­"Camera Café" spielt komplett vor einem Kaffeeautomaten, und die Zuschauer des spanischen Kanals "Tele Cinco" verfolgen in dieser immerwährenden Kaffeepause ein Panoptikum skurriler Büro-­Gestalten. Neben Macho-Kollegen, Papiertigern und einer dusseligen Sekretärin behauptet sich auch ­Frida Lüdendorff aus der Frankfurter Betriebsfiliale, die nur "La alemana" genannt wird. Gespielt wird die deutsche Kollegin von Silvia Wheeler. Die 38-Jährige ist inzwischen zur Vorzeige-Deutschen im spanischen Fernsehen avanciert.

Können wir Deutsch sprechen?

Ich habe noch ein bisschen Jetlag, weil ich gerade aus New York gekommen bin. Wenn mir etwas nicht auf Deutsch einfällt, werde ich es auf Spanisch sagen.

Wie deutsch sind Sie eigentlich im wirklichen Leben?

Ich bin in Deutschland geboren, meine Mutter ist Deutsche, mein Vater ist Spanier. Ich lebe schon immer in Spanien, habe aber die Deutsche Schule besucht. Ich war sozusagen jeden Tag auf einer kleinen deutschen Insel. Ich habe auch noch Familie in Deutschland, und wenigstens zweimal im Jahr fliege ich dorthin. Jetzt wieder im ­Dezember, ich besuche mit meinem fünfjährigen Sohn den Weihnachtsmarkt. Hier in Spanien ist das ja ganz traurig.

Fühlen Sie sich deutscher, seit Sie in "Camera Café" arbeiten?

Ja! Ich habe schon immer gewusst, dass ich nicht vollkommen spanisch bin. Auch wenn ich nicht so deutsch aussehe, gibt es da doch irgend etwas en mi forma de ser (in meinem Auftreten). Frida macht Dinge de las que me siento identificada (mit denen ich mich identifiziere). Es gibt zum Beispiel in Spanien keine Gleitzeit, und man könnte viel produktiver sein, wenn man nicht drei Stunden Mittagspause macht. Aber wenn ich das sage, schauen mich alle an, als wäre ich bescheuert.

Woran merken Sie noch, dass Sie Deutsche sind?

Die Eltern machen hier mit den Kindern wenig manualidades (Bastelarbeiten). In meiner urbanización kommen deswegen die Nachbarskinder zum Basteln, wir bemalen Ostereier und suchen sie im Garten. Die anderen Eltern lachen sich da kaputt.

In der Serie sprechen Sie Spanisch mit starkem deutschen Akzent. Der ist nicht echt, oder?

Nein, nein, den habe ich von deutschen Nachbarn und vor allem meiner Lehrerin abgehört. Auf ihr ist Frida aufgebaut. Ich habe diesen Akzent mein ganzes Leben gehört. Wenn man in die Deutsche Schule geht, wird ohnehin eine neue Sprache erfunden. In Madrid heißt das Concha-Espina-Deutsch, weil die Schule in dieser Straße ist. Die Deutschen haben es jedenfalls sehr schwer, ihren Akzent loszuwerden.

Sie dagegen mussten trainieren?

Am Anfang musste ich mich sehr anstrengen. Ich habe bei jedem Buchstaben überlegt, wie ihn ein Deutscher ausspricht. Jetzt fällt es mir leicht. Doch das ist nicht gut für meine ­cuerdas vocales (Stimmbänder). Las fuerzo mucho (ich überanstrenge sie). Das zieht sehr stark, mein Arzt hat mich gewarnt, den Akzent nicht zu übertreiben. Ich kann sonst nicht mehr singen.

In einer Folge kommen Fridas Eltern aus Deutschland zu Besuch und haben nichts Besseres zu tun, als Strandliegen vor dem Kaffeeautomaten aufzubauen. Sind Sie sich bewusst, dass Sie eine Art Botschafterin Deutschlands im spanischen Fernsehen sind?

Alle Figuren in der Serie sind Karikaturen, und la alemana ist eben die Karikatur einer Ausländerin, die in einem spanischen Büro arbeitet.

Sie ist fleißig, effizient und fährt stets mit dem Fahrrad ins Büro.

Wir Deutschen sind halt so. Für Frida ist es wirklich Stress, in einem spanischen Büro zu arbeiten. Denn bei den Deutschen wird gearbeitet, hopp, hopp. ?

statt am Kaffeeautomaten zu stehen.

Genau. Am Anfang hat man Frida nicht länger als fünf Minuten dort gesehen. Aber inzwischen steht Frida schon länger an der Kaffeemaschine, stundenlang, se le ha pegado algo (sie hat es sich angewöhnt).

Frida versucht schier verzweifelt, sich zu integrieren, lernt Flamenco, geht zu Stierkämpfen und lässt keine Fiesta aus. Kann man ­daraus etwas lernen?

Frida will sich ernsthaft integrieren. Aber je spanischer man ist, desto weniger Flamenco hört man oder geht zu Stierkämpfen. Frida glaubt, sie wird dadurch spanischer. Das wird sie aber niemals schaffen. ­Hasta la manera de andar va a ser diferente (Man merkt schon an ihrem Gang, dass sie Deutsche ist).

Haben Sie deutsche Fans?

Die Kinder aus der Deutschen Schule schicken mir E-Mails und wollen, dass ich für sie in den Folgen Dinge auf Deutsch sage. Manchmal mache ich mir einen Spaß und sage etwas völlig anderes. Wenn ich zum Beispiel in der Serie meinen Kollegen Jesús anschreie, dann habe ich eine Liste von Dingen, die mir die deutschen Kinder aufgetragen haben und die sowieso kein Spanier versteht. (Silvia Wheeler schreit etwas Unverständliches). Aber ich weiß nicht, was sich deutsche Zuschauer denken. Mir hat noch niemand eine E-Mail geschickt und gesagt: Wir Deutschen sind nicht so. Ich glaube, je mehr man unter Spaniern ist, desto stärker merkt man, dass man ganz anders ist.

Stimmt es, dass Sie nebenbei als Stewardess arbeiten?

Ja, gerade war ich in New York. Aber ich fliege nur ein- oder zweimal im Monat. No lo quiero perder (ich will das nicht aufgeben). Als Schauspieler arbeitet man fünf Jahre und dann vielleicht zwei wieder nicht. Ich habe ein Kind, ich muss Rechnungen bezahlen. Und ich bin schließlich Deutsche und fleißig - schauspielern, Mutter sein und basteln, fliegen?

Werden Sie manchmal an Bord erkannt?

Ja, das ist verrückt, die Passagiere wollen Fotos schießen und machen Witze wie: ?Frida, einen Kaffee, ­ha, ha, hast Du eine Münze?´ Eso me da corte (das ist mir peinlich). Ich arbeite schließlich mit Kollegen und habe an Bord einen ganz anderen Job.

Wie viel Potenzial steckt noch in der Figur Frida?

Ich glaube, sie kann sich noch stark entwickeln. Am Anfang war sie sehr deutsch und hat sich ständig nur geärgert. Jetzt kann sie freier agieren, darauf freue ich mich schon.

Wenn Sie bei den Dreharbeiten Pause haben, stehen Sie dann auch am Kaffeeautomaten? Nein, da haben wir keine Maschine, sondern Thermoskannen. Ich trinke auch gar keinen Kaffee mehr, sondern nur Tee. No me sienta bien (Ich vertrage ihn nicht).

Bei ihrem Gastauftritt in der Serie "Cuéntame" haben Sie ebenfalls eine Deutsche gespielt. Auf ewig 'La Alemana'?

Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, sage ich guiri (Ausländerin), das werde ich immer sein. Ich war schon Amerikanerin, Engländerin, dann Deutsche. Jetzt ist ein Film geplant, in dem ich wieder eine Deutsche spielen soll. Das ist eine Schublade. Aber immerhin bin ich jetzt die Deutsche in Spanien.

"Camera Café" läuft montags um 21.30 Uhr bei Telecinco.

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