Eben noch hat Martin Semmelrogge über „diese Mafia“ geschimpft, die vor sechs Wochen vor einer Werkstatt in Palmas Industriegebiet Can Valero seinen Wagen konfisziert hat. Einen Chrysler mit deutschem Kennzeichen. Dass das Fahrzeug nur geleast war und gar nicht ihm, sondern seiner Agentur gehörte, habe die spanische Polizei nicht interessiert. Nicht im Geringsten, sagt der Schauspieler.

Doch spätestens in dem Moment, als sich beim Gebrauchtwagenhändler Altagama in Palma das große Tor öffnet und der schwarze Porsche Cayenne mit den beigefarbenen Ledersitzen vorgefahren wird, ist der Ärger des drahtigen Rotschopfs wie weggeblasen. Semmelrogge, oder besser gesagt sein Management, hat den Wagen gerade gekauft. Im Gespräch waren auch ein Jaguar oder ein neuer Chrysler - „irgendetwas Repräsentatives eben“. Dann fiel letztlich die Wahl auf den deutschen Luxusschlitten. „So einen hatte ich noch nie“, sagt Semmelrogge mit diesem für ihn typischen schelmischen Grinsen. Er versinkt geradezu in den Ledersitzen. Seiner Frau Sonja gefallen vor allem die Handgriffe an der Mittelkonsole: „Wenn der Martin am Steuer sitzt, weiß man nämlich nicht, wo man sich festhalten soll.“

Martin Semmelrogge und die Autos - eine bisweilen verhängnisvolle Geschichte. Dass die Polizei auf Mallorca ausgerechnet seinen Wagen beschlagnahmt, weil man deutsche Leasingwagen auf Mallorca zwar anmelden muss, aber nicht kann, hat schon tragikomische Züge. „Wenn es irgendwo eine Gesetzeslücke gibt, dann falle ich hinein“, sagt der Schauspieler. „Ich verstehe ja denn Sinn dieser Gesetzgebung“, gibt er sich ganz einsichtig, „ich möchte hier auch nicht von einem unversicherten deutschen Auto über den Haufen gefahren werden.“ Doch sei der Chrysler versichert gewesen. „Ich kann ihn hier nicht anmelden, weil er mir nicht gehört, sondern der deutschen Leasingfirma. Für Leasing müssten einfach andere Gesetze gelten, so lässt man die Residenten permanent auflaufen, konfisziert die Autos und später werden die dann vom Zoll versteigert. Eine tolle Einnahmequelle, aber wohl nicht der Sinn des Gesetzes!“

Zum Abschluss des Geschäfts stellt ihm der Autoverkäufer eine Flasche Sekt mit einer roten Schleife auf den Tisch. Semmelrogge nimmt sie fürs Foto in die Hand. Doch der Korken bleibt drauf. Der Schauspieler trinkt schon lange keinen Alkohol mehr. Er geht jetzt lieber joggen oder fährt von Colònia de Sant Jordi, wo er mit seiner Frau ein Haus gemietet hat, ins Fitness-Studio nach Palma. Er fährt ja schließlich gerne und viel. Das Faible für schnelle Autos und seine Harley hat er sich bewahrt. Und auch seinen rasanten Fahrstil, denn zumindest der Reporter der MZ kann ihm nur mit großer Mühe folgen.

Kurze Zeit später, man hat sich in einem Restaurant am Strand von Peguera verabredet, sagt Sonja Semmelrogge: „Der Martin ist doch extra langsam gefahren. Ich hab ihm gesagt: Drück nicht so aufs Gas, sonst schreibt der noch, der Semmelrogge rast munter weiter.“

Es nervt den 54-Jährigen, dass er nur an seiner Vergangenheit gemessen wird: an den Drogengenstorys, der Sache mit dem Alkohol am Steuer und der Führerscheingeschichte. Schubladendenken sei das, meint auch seine Frau, die vor drei Jahren seine Biografie („Das Leben ist eine Achterbahn“) schrieb. „Ich empfinde meinen Mann überhaupt nicht als so crazy, wie er oft dargestellt wird, sondern als ernsthaften Künstler.“

Semmelrogge ist einverstanden. Er sei ein echter Handwerker, der sein Können auch an seine Kinder weitergegeben habe, die beide erfolgreich als Schauspieler arbeiteten. Sein Sohn Dustin (29) ist schon seit Jahren im Geschäft, seine 19-jährige Tochter Joanna wurde im Frühjahr für die ARD-Serie „Rote Rosen“ engagiert. „Die beiden habe ich doch super hingekriegt“, sagt er.

Seine Kapriolen hätten seinem eigenen beruflichen Werdegang im Nachhinein geschadet, glaubt Semmelrogge. Bei der Suche nach guten Rollen sei ihm sein Image nicht gerade behilflich gewesen. Für viele Produzenten gelte er immer noch als Risikobesetzung. Zudem habe sich die Fernsehlandschaft verändert, gute Produktionen mit einem angemessenen Budget seien rar. In Zeiten, in denen das TV von Reality-Shows mit billigen Laien-Darstellern dominiert werde, müssten für gute Rollen auch bekannte Gesichter wie seines bei Castings vorstellig werden.

Im vergangenen Sommer mimte Semmelrogge den Cornel Brinkley bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg. Eine Rolle, die ihm auf den Leib geschneidert war. Der Bösewicht war mindestens so beliebt wie Winnetou alias Erol Sander. Die Bühne erlebte mit 320.000 Besuchern einen Zuschauerrekord. „Die beste Saison in 58 Jahren“, sagt er „ich bin schon ein bisschen stolz darauf.“ Semmelrogge wird im kommenden Jahr vor allem wieder Theater spielen, das er während seiner nunmehr 40-jährigen Laufbahn lange Zeit vernachlässigt habe, wie er findet. Mit dem Stück „Das Geld anderer Leute“ wird er dann als Börsenhai zu sehen sein „Aber jetzt genug der Theorie“, sagt Semmelrogge lachend zum Abschluss des Gesprächs, „jetzt muss ich den Cayenne noch mal Probe fahren.“ Sprach’s und fährt davon. Am Steuer ist er schließlich ebenso gern wie auf der Bühne.

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