Wer es sich leisten könne, auf Mallorca zu leben, der müsse mit dem lieben Gott verwandt sein. Diesen Satz streut Fürst Karl-Heinz Richard von Sayn-Wittgenstein immer mal wieder gerne ein. Er selbst kommt auf seinem Hügel bei Santa Ponça dem Himmel schon ziemlich nahe. Von oben herab blickt er auf die Malgrat-Inseln. Auch das Anwesen erweckt den Anschein, als habe sich der Fürst den Himmel als Modell genommen. Gehuldigt wird dort jedoch einer eher irdischen Figur: dem Berliner Top-Designer ­Luigi Colani, der seinen Namen für die 1.000 Quadratmeter große Villa hergegeben hat.

Nicht umsonst bittet der Hausherr seine Frau, Fürstin Andrea Johanna, den Besuch erst einmal in die kapellenartige Garage zu geleiten, wo Colani, der Meister der runden Formen, von einem mächtigen Wandbild auf den Betrachter herabschaut. Für die Gestaltungsdetails war allerdings der Fürst zuständig. Die Maler wurden aus Dubai eingeflogen, die Vergolder aus Polen, die Sicherheitstechniker aus der Schweiz, die Kameraspezialisten aus Deutschland und der Dekorateur aus Palma. Perfekt müsse es sein. Ein schiefes Bild – und sei es nur um einige Millimeter verrückt – machen den Immobilienunternehmer krank. „Ich bin ein pathologischer Perfektionist", sagt Von Sayn-Wittgenstein, der schon mal absichtlich den Fehlalarm seiner Alarmanlage auslöst und dann mit der Stoppuhr prüft, welches seiner von ihm beauftragten Sicherheitsunternehmen schneller vor Ort ist.

Bekannt ist Karl-Heinz Richard von Sayn-Wittgenstein dem deutschen Fernsehpublikum als der „Immobilienfürst". Der Fernsehsender „Kabel 1" schickt den früheren Versicherungsmakler, Luxusauk­tionator, Buchautor und Millionär in die deutsche Provinz, damit er verzweifelten Immobilien­besitzern dabei hilft, ihre halb baufälligen Ruinen an den Mann zu bringen. Immerhin in sieben von elf Fällen habe er die Häuser verkauft, sagt der Fürst zwischen zwei Zügen an seiner Zigarette – und zwar wirklich ver­kauft. Nur einmal habe man versucht, ihm einen inszenierten Deal unterzujubeln, weil die Produktionsfirma es eilig hatte. Da habe er aus Protest am Set den Wohnwagen nicht verlassen. „Ich habe ja schließlich einen Ruf zu verlieren." Das Angebot vom Fernsehen habe er auch deshalb angenommen, weil er den kleinen Leuten wirklich habe helfen wollte, meint Wittgenstein.

Was es heißt, arm zu sein, hat er selbst erfahren. Schließlich war er nicht immer ein Fürst. Der heute 56-Jährige wurde als Heinz B. in Regensburg geboren. Sein Vater wanderte nach Australien aus, seine Mutter nach Norwegen. Heinz B. blieb bei der Großmutter zurück. „Porky", wie sie ihn im Regensburger Stadtteil Hohen Kreuz nannten, verbrachte seine Kindheit im Problemviertel. Seine Sozialprognose war alles andere als günstig. Wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wäre da nicht Prinz Bruno Lothar von Sayn-Wittgenstein gewesen, der immer in die Metzgerei kam, in der seine Oma putzte, und ihn ins Herz geschlossen hätte. Er nahm den kleinen „Porky" mit in den Urlaub. Mit 17 „oder ums Arschlecken 16" wurde Heinz dann adoptiert.

Der Immobilienhändler erzählt die Geschichte ungefragt, denn irgendwann wäre man ohnehin auf seine Fürstwerdung zu sprechen gekommen. Zu den „Spinnern und Blendern, die sich Titel kaufen" gehöre er nicht, sagt er. Zum Stammhaus zu Sayn-Wittgenstein im südwestfälischen Berleburg pflege er überdies beste Beziehungen (dort distanziert man sich eher von ihm). Dass ihm der Name auf dem Weg nach oben geholfen hat, daraus macht er keinen Hehl: „Er öffnet Türen." Doch Adel allein mache nicht reich. „Wenn ich was will, bin ich ein Bullterrier", sagt er. Mehr als 50 Kilogramm hat er seit Jahresbeginn verloren. Jede Woche wird er von seiner Ernährungsberaterin „wie ein Ferkelchen vermessen". Seine Devise: „Man muss tun, was man sagt."

Seit 1992 lebt Wittgenstein mit seiner Frau auf Mallorca. In dieser Zeit habe er acht Luxusvillen ver­kauft – darunter nicht eine einzige, in der er nicht selbst gelebt und die er nicht selbst eingerichtet habe. „Häuser, die man nur verkauft, haben keine Seele", sagt er. Die Käufer – darunter auch der mittlerweile verstorbene Michael Nixdorf – seien alle seine Freunde geworden. Und 90 Prozent hätten sogar das Interieur übernommen, das der Fürst zuvor in mühevoller Kleinarbeit weltweit zusammengekauft und oftmals exklusiv hat anfertigen lassen. „Ich hasse Blending", sagt er und meint damit Häuser, die von innen nicht das halten, was sie von außen versprechen. Dass das vor Gold und ­Swarovski-Steinen strotzende Interieur nicht jedermanns Sache ist, sei ihm reichlich egal. Bei den Chinesen symbolisiere Gold Glück und ein langes Leben. Und außerdem finde er es richtig „geil, wenn jemand sagt, der Fürst hat einen Scheißgeschmack". Das ist dann für ihn so etwas wie die Bestätigung, dass sein Haus nicht zum Einheitsbrei zähle, der auf dem Markt angeboten werde. „Ein Haus muss so sein wie ein Sandkörnchen, das in der Wüste glitzert."

In der Villa Colani residieren seine Frau und er nun schon seit mehr als zwei Jahren. Sie steht zum Verkauf. Das Immobilien­unternehmen Kensington bietet sie für „unter 20, aber deutlich über 10 Millionen Euro an". Ein englischer Fußballstar habe bereits sein Interesse durchblicken lassen, sagt der Fürst. Und auch ein steinreicher Slowene habe sich schon zu einer Hausführung angemeldet. Und da ist noch etwas: Für 10 Millionen Pfund (11,5 Millionen Euro) wird das Haus im britischen Ebay, für 28 Millionen Dollar (20 Millionen Euro) in der US-amerikanischen Version angeboten, wobei es sich nicht um eine Auktion handelt. Verkäufer ist „tanzaniteking1", der ansonsten Edelsteine und diverse Klunker anbietet. „Ein Scherz eines Freundes", winkt der Fürst ab. Man weiß nicht so recht, ob man ihm das glauben soll. Schon Ende der 90er sammelte Fürst von Sayn-Wittgenstein erste Erfahrungen mit Online-

Auktionen. Geld und Reichtum sind für ihn nur eine „Leihgabe auf Lebenszeit". Das „Luxusbaby" (der Fürst über den Fürsten) sucht vielmehr Spaß. Den hat er, wenn er mit dem Mini-Cooper, „dem kleinen Stinker", über die Insel flitzt. Oder wenn er mit seiner Frau und Freunden zum Fischen geht. Auf Mallorca hätte er schon lange ein Boot, „wenn es denn Fische gäbe" (die es sehr wohl gibt). Weil auch in Norwegen, wo er Haus und Boot besitzt, die Fische immer knapper würden, sucht sich der Geschäftsmann bereits neue Fanggründe. „Dann gehe ich halt vor die Küste von Dakar. Da gibt´s noch was, habe ich mir sagen lassen." So schnell lässt sich ein Fürst von Sayn-Wittgenstein den Spaß nicht verderben.

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- Cappuccino-Gründer Juan Picornell

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