Hotels: Immer mehr Einrichtungen tragen die lässig-elegante Handschrift der Nachbarn aus dem Norden. Rund 2.000 Schweden, 450 Norweger und 1.700 Dänen leben offiziell auf der Insel. Immer mehr Pensionäre, aber auch Berufstätige haben sich in den vergangenen Jahren hier niedergelassen. Die meisten haben Häuser und Wohnungen ­gekauft, manche Geschäfte und Unternehmen gegründet. Dass die Zahl der Skandinavier seit einigen Jahren kontinuierlich steigt, hat einen Grund: Die Krise hat die nördlichen Länder nicht so stark betroffen wie den Rest Europas.

"Schon seit fünf bis zehn Jahren sind verstärkt Skandinavier unter unseren Käufern", sagt Immo­bilien­unternehmer Lutz Minkner. „In diesen Ländern gibt es viele Leute mit guter Liquidität, die das Vertrauen in Aktien verloren haben und lieber Betongold kaufen." Und zwar im hochklassigen Bereich: „Es freut uns natürlich, wenn sich Käufer, die sich überall auf der Welt niederlassen könnten, für Mallorca entscheiden." Gründe seien auch bei ihnen neben dem Klima die perfekte Infrastruktur der Insel und die sehr gute Erreichbarkeit: „Das kann keine andere vergleichbare Destination bieten."

Besonders beliebt und gleichzeitig die teuerste Region: „Der Südwesten – von Santa Ponça bis Port d´Andratx. „Weil es die einzige Ecke der Insel ist, die das ganze Jahr über belebt ist", so Minkner, der sich auf diese Region spezialisiert hat. Außerdem gebe es dort die meisten Golfplätze. Nicht unwichtig, denn: „Rund 80 Prozent unserer skandinavischen Kunden spielen Golf."

Der schwedische Unternehmer Mats Wahlström sieht es so: „Ich glaube, Skandinavier sehen auf Mallorca zurzeit einen gute Möglichkeit für Investitionen. Die Krise hat Skandinavien nicht so stark betroffen, gleichzeitig sind die Preise hier gesunken." Er selbst kaufte den alten Stadtpalast, in dem das Puro-Hotel untergebracht ist, bereits 1998, das Hotel eröffnete 2004. Der Unternehmer: „Bis vor einigen Jahren hatte Mallorca allerdings einen erheblichen Standortnachteil zum Beispiel gegenüber der Côte d´Azur: seinen schlechten Ruf." Gemeint sind damit die Deutschen. Eine Schwedin, die nicht genannt werden möchte, bestätigt: „Für viele Skandinavier hatte Mallorca damals den Ruf, fest in den Händen deutscher Ballermann-Touristen zu sein."

Nun hat sich dieses Image auch im hohen Norden geändert. In den vergangenen fünf Jahren ist Mallorca mehr und mehr in Mode gekommen. Mittlerweile zieht die Insel auch Menschen an, die früher eher einen zweiten Wohnsitz in Marbella oder an der Côte d´Azur erworben hätten."

Mit seinem City-Hotel und entsprechend cooler Klientel trug er selbst dazu bei, das Image der Insel aufzupolieren. „Mats hat viele Leute nach Mallorca gebracht, die einfach chic sind", sagt Berit Marian Kollhed. Sie lebt seit 1986 auf der Insel: „Ich kam als Studentin, wollte hier einen Reiseleiterkurs machen. Damals war ich Anfang 20. Und verliebte mich selbstverständlich in einen Mallorquiner." Weil ihr Vater darauf bestand, dass sie ihr Wirtschaftsstudium in Stockholm beendete, pendelte sie einige Jahre. Bis sie ganz nach Mallorca zog. Die Beziehung ging zwar in die Brüche, auf Mallorca blieb Berit Kollhed trotzdem.

Heute lacht sie über das Klischee der schönen Schwedinnen, die den Mallorquinern den Kopf verdrehten: „Es stimmt, wir wurden sehr umschwärmt. Fast jeder Mallorquiner um die 50 erzählt, dass er einmal eine schwedische Freundin hatte. Geheiratet haben sie dann aber meist doch lieber Mallorquinerinnen. Das schien wohl sicherer." Berit Kollhed gründete mehrere Boutiquen: „Zu der Zeit gab es noch nicht viele Schweden auf Mallorca. Es gab zwei Gruppen: Die, die in Magaluf billigen Urlaub machten. Und einige sehr wohlhabende." Eine Clique um Prinzessin Birgitta von Hohenzollern, der Schwester des schwedischen Königs, fungierte dabei ein wenig als Trendsetter. Inzwischen aber sei Mallorca „in". „Viele kreative Menschen kommen her. Solche, die viel arbeiten, hier einen zweiten Wohnsitz erwerben. Sie fallen nicht groß auf, protzen auch nicht herum." Viele davon sind Kollheds Kunden. Ihre Boutique „Rosemarine" in der Lonja ist sogar im Winter bestens besucht. Und ein beliebter Treffpunkt für modebewusste Schwedinnen.

Auch Vivien Atkinson von Calvià Antiques freut sich über die Kundschaft aus dem Norden: „Die Briten sind weniger geworden, dafür kommen umso mehr Skandina­vier. Oft mit ihren eigenen Innenarchitekten. Sie mögen einen schlichten, rustikalen Stil." Die meisten seien um die 40 und älter.

Aber auch viele jüngere Skandinavier haben sich auf Mallorca niedergelassen. Einige von ihnen arbeiten im Yachtbereich, leben in Santa Catalina. Ob die Szene-Bar Havanna, das Café-Restaurant Perrito oder die Bäckereikette Fibonacci: „Santa Catalina ist inzwischen Klein-Skandinavien", sagt Berit Kollhed. Bei den Mallorquinern sind die Schweden übrigens beliebt: Eine Art Luxus-Immigranten, die Wohlstand bringen. Und von denen sich die Mallorquiner nicht überrannt fühlen.

Brit Thorel, Sekretärin der schwedischen Schule, bestätigt die zunehmende Beliebtheit Mallorcas: „Im Vergleich zur deutschen Schule, die einen leichten Rückgang hatte, hatten wir dieses Schuljahr zehn Schüler mehr." Generell hat sie beobachtet: „Viele der Skandinavier leben nur zeitweise hier. Manche nehmen sich ein Jahr Auszeit. Andere sind Freiberufler, vor allem aus dem Bereich Informatik. Sie können von überall aus arbeiten, leben lieber hier, sind aber noch nahe genug dran an ihrer Heimat." Dass die vielen Deutschen die Skandinavier stören, glaubt sie nicht. „Im Gegenteil. Wir haben eine ähnliche Mentalität. Auf unserer Schule sind ja auch deutsche Kinder."

Auch die Zahl der Dänen auf Mallorca ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Patricia Asbæk, Gründerin des Centro Cultural in Andratx, bestätigt: „Als wir vor rund 18 Jahren nach Mallorca kamen, gab es etwa drei dänische Familien hier. Wenn ich heute in Port d´Andratx sitze, gibt es kaum einen Tisch, an dem ich kein Dänisch höre!" Inzwischen seien es allein in ihrem Bekanntenkreis an die 175 Familien, die hier Häuser haben. „Mallorcas Ruf hat sich sehr geändert. Früher galt es als ein Ort, an dem sich hauptsächlich Dänen, die nicht viel Geld haben, billig betrinken können. Heute ist es durchaus ein Statussymbol, hier ein Haus zu haben."

Auch die Dänen zögen Mallorca mittlerweile der Côte d´Azur vor. Weil Immobilien hier günstiger sind. Vor allem aber auch, weil sie sich sicherer fühlen. „Mallorca ist schon geschützter als das Festland." Und die vielen Deutschen – stören die nicht? Patricia Asbæk findet nicht: „Im Gegenteil. Erstens mögen wir Dänen die Deutschen. Zweitens profitieren wir auch ein wenig von dem, was sie hier aufgebaut haben. Deutsche Handwerker zum Beispiel schätzen wir sehr!"

Der Meinung, dass die Deutschen auf Mallorca Vorarbeit geleistet haben, ist auch Sven Radow, Direktor des Hotels Tres in Palma: „Wir Norweger schauen uns meist erst mal an, wie die Dinge laufen." Vor allem die Gegend von Murcia bis Alicante sei traditionell Hochburg für Norweger. „Inzwischen ist aber auch Mallorca mehr und mehr in Mode. Weil es einfach schöner ist."

In der Printausgabe vom 13. März (Nummer 558) lesen Sie außerdem:

- Die Witwe des Nobelpreisträgers

- Mode-Designer Kretschmar startet durch

- Der richtige Ton macht die Musik: Klavierstimmer Fritz Dünner

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