Die deutsche Sprache gilt bekanntlich unter Unkundigen als zungenbrecherisches Buch mit sieben Siegeln. Als dermaßen fremdes Faszinosum, dass es fast außer­irdisch wirkt. Das gilt selbstredend auch für Mallorca.

Auf Speisekarten nicht nur in Straßenklitschen treibt diese Unkenntnis unfreiwillig komische Blüten - Inselkenner amüsieren sich schon lange darüber. Jetzt hat der wegen seiner Gewitzt- und Sprachversiertheit hoch geschätzte Journalist und Schriftsteller Axel Hacke daraus ein Buch mit dem Titel „Oberst von Huhn bittet zu Tisch, Speise­deutsch für Anfänger" gemacht (112 Seiten, Verlag Antje Kunstmann, München, 10,95 Euro). Auch mit Mühe lässt sich bei dessen Lektüre das Lachen nicht unterdrücken.

Wobei der titelgebende „Oberst" wohl durch eines dieser beliebten Web-Übersetzungsprogramme bei „Google", „Bing" oder „Babelfish" zustande kam. Dort wird die in der französischen Fachsprache als „Suprême" bekannte Geflügelbrust mit Flügelknochen („supreme") militärisch verhunzt. In 18 kurz gehaltenen und nach Speisen und Landesküchen geordneten Kapiteln zitiert der 56-Jährige ­Kurioses, Krasses und schlichtweg Unverständliches, das ihm von deutschsprachigen Urlaubern aus Restaurants in aller Welt zugeschickt wurde, darunter auch allerhand von der Insel.

„Vollgestopfte Eiszapfen"

Viel Platz wird in dem Werk der „Hospedería Restaurante ­Santuari de Cura" am Randa-Massiv in Mallorcas Mitte eingeräumt, die mit besonders erratischen sprachlichen Volten aufwartet. So wurde dort ein Gericht einer Touristin zufolge folgendermaßen angepriesen: „Vollgestopfte Eiszapfen des Fleisches badeten in Soße von bechamel." Ein anderes Essen hieß (oder heißt vielleicht noch) „Fischteich des Huhnes mit lanbondigas und Gemüse". Die Wirkung des grünen Tees auf den menschlichen Organismus wurde in dem Gastbetrieb ebenfalls auf mehr als eigenwillige Art erklärt: „Wegen seine mächtige Rostschutzmittel er haltet den Altwerdeprozess auf".

Autor Hacke erklärt sich dieses Kauderwelsch mit einer Mixtur aus allgemeinem Desinteresse an sprachlicher Korrektheit seitens der Restaurantbetreiber und der Tatsache, dass Online-Übersetzungsprogramme oft daneben liegen. So wird etwa aus dem französischen Begriff coulis nicht unbedingt richtigerweise „Püree". Das Wort wird auch mit „Ausfugmasse" übersetzt. Und wenn ganze Sätze zusammenkommen sollen, dann kommt nicht selten das heraus, was ein erstaunter Besucher im Hotel Salpi am Ballermann zu Gesicht bekam: „Sie sind verbothen aus den nahrungen des zu essenden saales herauszukommen. Dank."

Verglichen damit wirken die „Huhnklumpen", zu denen die beliebten „Chicken McNuggets" in einer auf der Insel befindlichen McDonald´s-Filiale laut einer Urlauberin gemacht wurden, nachgerade harmlos. Was auch für das Gericht „Allein auf dem Grill mit Kartoffeln und Salat" im Restaurant „Comidas Latitud Caseras" in Porto Cristo im Osten von Mallorca gilt.

Hacke sieht in den Beiträgen auf Speisekarten aus Spanien „etwas besonders Irr-Absurdes", das mit Ergüssen aus anderen Ländern nicht zu vergleichen sei. Es gebe einen Punkt, an dem man die Fehler­kette nicht mehr kennen wolle, so der Autor resigniert und amüsiert. „Man möchte nicht mehr wissen, warum etwas ist, wie es ist."

„Garnele dreist aufgekocht"

Doch damit nicht genug. Das Absurde gerät in manchen Restaurants auf der iberischen Halbinsel sogar zum „lukullischen Wahnsinn". In diesem Zusammenhang spielt in Hackes Buch das Gasthaus „El Sidral de Eva" in Castelldefels westlich von Barcelona eine besonders tragende Rolle. Hacke zitiert eine große Auswahl an dessen Gerichten. Hier sollen nur einige erwähnt werden: ­„Muscheln zur Bluse des Matrosen", „Eier Schluss gemacht Kartoffeln", „Gebratener Knauf", „Innengetreide des Kalbfleische", „Innenkroketten des Schinkens" und - das Tüpfelchen auf dem i - „Kasserolle der Gefräßigkeiten zu von Bilbao eins".

In einem weiteren nicht genannten Restaurant in Barcelona soll es „Garnele dreist aufgekocht", „Gebratenes Grosse Bohrungen" und „Salm betrunken" gegeben haben. Und im „Restaurante Santiago Dos" in Santiago de Compostela ein undefinierbares Gericht namens „Fischen Sie kröte mit pilzen und igeln".

Rumsteck in Berlin

Wobei Axel Hacke bei allem angemessenen Hohn für des Deutschen nicht mächtige Menschen in anderen Ländern auch die Bundesrepublik nicht unter den gedeckten Tisch fallen lässt: Dort soll einem seiner Informanten zufolge in einem italienischen Gasthaus in Berlin ein Gericht namens „Rumsteck mit Kroita" („Rumpsteak mit Kräutern") angeboten worden sein.

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