Dass Jochen Kromberg zum Experten im Leben und Wirken des mallorquinischen Missionars Juníper Serra (1713-1784) wurde, war eigentlich reiner Zufall. Nun gut, ein wenig Trotz war wohl auch dabei. Kromberg, seit 1999 Vollzeitresident auf Mallorca, war gleich zu Beginn seines Inselaufenthaltes dem Rotary-Club „Juníper Serra" in Palma beigetreten - da der Ingenieur schon im heimischen Wuppertal bei den Rotariern aktiv gewesen war, wurde er auf der Insel mit offenen Armen empfangen und hatte so sofort Kontakt und Anschluss.

Mittlerweile ist der 74-Jährige nur noch Ehrenmitglied des Vereins, doch für die freundliche Aufnahme und die schöne Zeit im Club wollte sich der pensionierte Ingenieur mit einem ganz besonderen Vortrag bedanken. Beim Thema fiel seine Wahl dabei auf den Missionar, der als Gründer vieler Orte im US-Bundesstaat Kalifornien gilt und dessen 300. Geburtstag dieses Jahr groß gefeiert werden soll. Doch als er mit seinem Vorschlag an die spanischen Vereinskameraden herantrat, winkten diese nur müde ab: „Lass mal, Jochen", habe es geheißen, „über den wissen wir ja doch schon alles."

Krombergs Augen blitzen noch heute auf, als er an diesen Moment zurückdenkt. „Das fand ich frech, die haben mir das einfach nicht zugetraut", erinnert er sich. Die ablehnende Antwort löste genau das Gegenteil aus: „Mal gucken, ob ich nicht doch noch etwas ­herausfinde, das euch neu ist", dachte sich der Rentner und begann zu recherchieren. „Ich wollte möglichst viele Informationen zusammentragen, die hier nicht zu finden sind."

Hilfreich war dabei die Büchersammlung, die er sich auf vielen Reisen im Laufe seines Lebens zugelegt hatte. Nur fehlte ihm als Chef eines Familienunternehmens immer die Zeit, die gekauften Bücher auch zu lesen. Erst nach der Pensionierung konnte er sich auf seine Schätze konzentrieren.

Für seinen Vortrag „Der lange Weg des Vater Serra" wälzte Kromberg Reiseführer, Geschichtsbücher, Biografien und alte Wörterbücher, weil so mancher Terminus in den neuen Nachschlagewerken gar nicht mehr zu finden war: „Und so etwas foppt mich dann, ich möchte genau wissen, was dahinter steckt."

Nach fast zwei Jahren Recherche und dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Ehefrau Danielle-Andrée hatte Kromberg so viel Material zusammen, dass er sich für einen Vortrag gewappnet fühlte. Um sich nicht zu blamieren, übergab Jochen Kromberg das Manuskript einem einheimischen Historiker, der ihm durch Zufall vorgestellt worden war. Als Román Valls, Mitbegründer der Balearen­universität UIB, das Manuskript zu Ende gelesen hatte, setzte er sich mit Kromberg in Verbindung: „Den Vortrag hältst du nicht vor deinen Rotariern, sondern in der ´Real Academia Mallorquina de la Historia´", so Román Valls.

Für Kromberg war die Einladung der Geschichts- und Ahnenforscher eine Art Ritterschlag. Und auch eine kleine Genug­tuung: Denn jetzt konnte er seine Rotarier-Freunde zu dem Vortrag einladen, von dem ihm diese abgeraten hatten. Und das als evangelischer Deutscher - eine kleine Sensation. Ein paar Frechheiten habe er sich nicht verkneifen können, so Kromberg: So erwähnte er beispielsweise, dass die Mexikaner heute angesichts der ständig steigenden Anzahl von Hispanos in Kalifornien schon von einer zweiten „Reconquista" ihres früheren Einflussgebietes sprechen.

Zudem konnte Kromberg die Experten tatsächlich überraschen. In Archiven in Mexiko, die er per Internet durchforstete, stieß er auf ein Detail, das selbst Valls neu war: Juníper Serra war zwei Jahre lang Inquisitionsbeauftragter des Vizekönigreichs Nueva España. „Aber das machte ihm keinen Spaß, er wollte friedlich missionieren und nicht verfolgen", so Kromberg. Zahlreiche Zuhörer hätten ihm nach seinem Vortrag am vergangenen Donnerstag gratuliert, Historiker Valls habe ihn gar als „würdigen Nachfolger des Erzherzog Ludwig Salvator" bezeichnet.

Kromberg interessierten vor allem die kleinen Geschichten hinter der Geschichte. Eine solche könnte sich zum Beispiel hinter dem Namen von Juníper Serras Vater verbergen, der den Archiven zufolge „Antoni Serra-Abraham" lautete. Ob vielleicht jüdische Wurzeln ein Grund dafür waren, dass der junge Mönch Mallorca überstürzt verließ (er verabschiedete sich nicht einmal von seinen Eltern) - Kromberg konnte es nicht herausfinden.

Der Deutsche ist jedenfalls fasziniert von der Figur des Mönches: „Ich bin kein 100-prozentiger Mallorca-Fan - aber ich bin zweifellos ein 100-prozentiger Serra-Bewunderer." Doch jetzt ist er erst einmal durch mit dem Franziskaner-Mönch. Dem Hobby-Historiker schwebt aber bereits ein neues Projekt vor: Die Geschichte der Templer auf Mallorca hat es ihm angetan. Aber dazu müsse er erst einmal neue Bücher konsultieren. „Lies du erstmal die 850 Stück, die im Keller stehen", fällt Gattin Danielle ein. Und Kromberg schmunzelt.

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