Machen wir´s kurz, Sie haben schon genug darüber gelesen. Wir fassen zusammen: Die sechste Mallorca-Ausgabe der größten deutschen Unterhaltungssendung, „Wetten, dass..?" ist für die ­Macher der Show im Besonderen und das ZDF im Allgemeinen zu einem wahren Desaster geworden. Mit 6,74 Millionen Zuschauern die niedrigste Einschaltquote in 32 Jahren, fast einhellig vernichtende Kritiken in den Medien, ein hämischer Schwall an Live-Kommentierungen seitens der Zuschauer in den sozialen Netzwerken. Der ­Moderator steht vor dem Rauswurf, die Sendung vor dem Aus. Und selbst wenn sich die Wogen wieder glätten sollten: Nach diesem Samstag ist schwer vorstellbar, dass es jemals wieder eine „Wetten, dass..?"-Show aus Palma geben wird.

Dabei war es vor Ort in der Arena gar nicht so schlimm. Wir waren dabei: Die Stimmung war ausgelassen, die Wetten bis auf den Six-Pack-Exzess in Ordnung, die telegen beleuchtete Stierkampfarena wie schon in den Ausgaben zuvor hübsch anzusehen, die Versorgung mit Würstchen, Bier und Cola tadellos. Wir wären auch noch ein paar Mal mehr händewedelnd zur La-Ola-Welle aufgestanden. Wenn es denn dazu einen Anlass gegeben hätte.

Aber es gab ihn nicht. Wir hatten den Eindruck, dass Markus Lanz gar nicht so viel von uns wissen wollte. Vor Beginn der Sendung hatte er mal kurz nachgeschaut, ob wir auch alle da sind, aber danach war er eigentlich nur noch für die vielen Kamera­leute dort unten da. Das hatte für uns den Vorteil, dass wir die eine oder andere Peinlichkeit nicht in Nahaufnahme auf dem Flachbildschirm sahen, und für Markus Lanz den Nachteil, dass er uns nicht wirklich auf seiner Seite ­hatte.

Als er unter der Stange herumlimbote, haben wir geklatscht, als es kurz darauf nach Schiebung aussah, haben wir gebuht. Wir haben das übrigens auch deswegen getan, weil das hier so Usus ist, bei uns in der Stierkampfarena. Das Wetten dass..?-Publikum darf mitmischen und tun und lassen, was es will oder sich das zumindest einbilden. Thomas Gottschalk, die alte Rampensau, wusste das und hatte einen ­Heidenspaß daran, uns zu bespielen. Nicht so Markus Lanz.

Wobei wir ihn dafür gar nicht so harsch bekritteln wollen. Denn auch das sah man von unserem Platz aus sehr gut: Da unten wieselte nicht ein virtueller Fernsehstar herum, sondern ein realer Mensch, einer von uns, aus Fleisch und Blut, einer, der sicherlich auch mal in unbeobachteten Momenten in der Nase popelt, der aber nun damit beauftragt war, in diesen knapp drei Stunden nicht nur gut 9.000 Live-Zuschauer gut zu unterhalten, sondern auch noch Millionen von Menschen daheim. Der dabei die Nerven behalten sollte und es nicht schaffte. Was für ein respekteinflößender Job das doch ist, Markus Lanz zu sein, oder auch Angela Merkel oder Jogi Löw. Dem Stammtisch zum Fraß vorgeworfen.

Der Stammtisch ist heute der Kurznachrichtendienst Twitter, in dem hunderte, tausende Menschen der Welt mitteilen, was ihnen so durch den Kopf geht, etwa wenn sie vor dem Fernseher sitzen, und ein Hollywood-Schauspieler sich Eiswürfel in die Hose schüttet. Auch wir haben uns an diesem Kommentarschwall beteiligt und ihn beobachtet, während wir da in der Arena saßen und der ­„Champions League der Fernseh­unterhaltung" beiwohnten. „Markus Lanz klatscht asynchron", giftete ein Twitterer, während Jürgen Drews und ­Stefan Raab „Ein Bett im Kornfeld" in das Rund schmetterten, und wir sogar mitsangen oder auch nur so taten, wir sind schließlich karnevals­erprobt. Armer Lanz.

Womit wir beim Thema Ballermann wären. Mickie Krause, Tim Toupet, Jürgen Drews - wir hatten nichts dagegen, dass sie auch dabei waren, und uns im Gegenteil gefragt, wieso sie nicht auch auf die Couch durften, wo es doch zum Thema ­Party auch intelligente Fragen und Antworten gibt, und die Jungs ja erwiesenermaßen nicht blöd sind. Die gehören zu uns, zu dieser Insel, so viel ist klar. Das ZDF aber hat sie verschämt weggeschickt. Um dann die Geissens zu holen.

Ja, und viel mehr Mallorca und Spanien war ja nicht. Gottschalk hat zwar auch immer „in" statt „auf" Mallorca gesagt, aber in seinen Sommershows gab es stets auch ein Fenster nicht nur für ein wenig Hochkultur, ­sondern auch für einen Latino-Star und die eine oder anderen Verbeugung vor Spanien. Nicht so bei seinen Nachfolgern, und ­daran hätten auch Pamela Anderson, die Jackson-Kids oder die Pole-Dancerin ­nichts geändert. Mallorca ist für sie ­Ballermann ist Party ist Trash.

Dass das Quatsch ist, wussten wir im Coliseo Balear, und wussten auch die Zuschauer am Fernseher, die vielleicht auch deswegen die Hände über dem Kopf zusammenschlugen. Und das wissen auch viele andere im ZDF, etwa diejenigen, die für ebenfalls sehr viel Geld unlängst einen Zeppelin auf die Insel schafften, um damit wochenlang aufwendig die Insel aus der Luft zu filmen. Wir haben am Samstagabend lange auf die Zeppelin-Bilder oder auf irgendeine anders geartete Hommage an die Insel gewartet. Aber sie kam nicht. Und je mehr wir darüber nachdenken, desto empörender finden wir, was da gut bezahlte Vollprofis auf unserer Insel für einen Stuss produziert haben. Diese Sendung hat Mallorca mehr geschadet, als sie genutzt hat.

Nein, wir haben uns nicht gelangweilt. Wir haben die rund 300 Mitarbeiter des ZDF dabei beobachten können, wie sie einen Mordsaufwand rund um ein riesengroßes Nichts betrieben. Es war immer etwas los. Der Mann mit dem hypermodernen kabel­losen Flachbildschirm am Bauch und dem Rucksack auf dem Rücken etwa war klasse anzusehen. Wir denken gerne an ihn zurück. Aber wiederkommen braucht er erst mal nicht. Für die Stierkampfarena findet sich sicherlich noch eine andere Verwendung (aber bitte bringen Sie sie dauerhaft wieder in Ordnung, Herr Balaña!).

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