"Der Moderator steht vor dem Rauswurf, die Sendung vor dem Aus" - mit diesen Worten kommentierte die MZ die letzte Mallorca-Ausgabe von „Wetten, dass..?" im Juni 2013. Er hat sich dann doch noch ein bißchen länger hingezogen, der Todeskampf von Deutschlands einstigem Unterhaltungsschlachtschiff. Doch am Samstag (5.4.) verkündete ­Moderator Markus Lanz nun am Ende der Sendung in Offenburg mit dürren Worten, dass sich die Voraussage bewahrheitet: Nach 33 Jahren ist im Dezember endgültig Schluss. Das ist auch für Mallorca schade - neben dem Werbeeffekt für die Insel waren die Sommer-Ausgaben nicht zuletzt für die deutschen Residenten ein jährliches Highlight.

Die erste Show aus der Stierkampfarena in Palma brachte Thomas Gottschalk, der wohl bis in alle TV-Ewigkeit in einem Atemzug mit der Show genannt werden wird, 1999 auf die Bildschirme. Ein großer Erfolg: Mehr als die Hälfte aller deutschen Fernsehzuschauer verfolgten damals auf dem heimischen Sofa, wie der Moderator vom Bandscheibenvorfall fit gespritzt Jürgen Drews zum „König von Mallorca" krönte (für die Erfindung dieser „supergeilen Marke" sei er dem Blondgelockten noch heute dankbar, bekannte der Schlagersänger kürzlich).

Kritik kam damals nur von den Einheimischen: Anwohner beschwerten sich wegen des Lärms, und ein Grüppchen um den Krawall­clown Leo Bassi echauffierte sich, dass die Mallorquiner für die lange im Voraus ausverkaufte Arena keine Karten mehr bekamen - wo doch auch spanischsprachige Superstars wie Ricky Martin und Montserrat Caballé auftraten.

Trotz des Erfolges kehrten Gottschalk und die Show erst 2007 nach Mallorca zurück - nicht zuletzt dank einer Kooperation mit der Fluggesellschaft Air Berlin, die so nicht nur ihre Flugzeuge, sondern auch die Stierkampfarena füllte. Wieder war der Moderator ganz in seinem Element, und selbst Boxer Henry Maske taute ob der sommerlichen Temperaturen sichtlich auf und zeigte an der Seite von Regina Halmich als „Ballermann-Tourist" verkleidet sein komödiantisches Talent.

Zwei Jahre später dann kehrte bereits eine gewisse Routine ein - unterbrochen von Blödelbarde Otto, der das Publikum hinter Gottschalks Rücken zu fast schon anarchisch anmutenden La-Ola-Wellen animierte. Die Sendung sei Gottschalk fast entglitten, fanden die einen. Die anderen hingegen liebten gerade diese Augenblicke, die „Spiegel Online"-Autor Christian Buß in einem Nachruf auf die Sendung als „Momente der radikalen Entfesselung" bezeichnete.

Gottschalk selbst machte diese „große Party" sichtlich Spaß, was nicht zuletzt beim sogenannten Warm-up offensichtlich war, jenen Minuten vor Beginn der Aufzeichnung, in denen der Moderator einen ganz unmittelbaren, weil kamera­losen Kontakt zum Publikum suchte.

Dass Gottschalk nach einer weiteren Mallorca-Ausgabe 2010 auch seinen Abschied von der Sendung vorgezogen auf der Insel feierte, war da nur folgerichtig. Zwar standen im Juni 2011 - nach dem Unfall von Wettkandidat Samuel Koch, den der Moderator zum Anlass für sein Ausscheiden aus der Sendung genommen hatte - noch drei weitere Ausgaben an, doch eigentlich war die Insel-Show die letzte große Gottschalk-Party. Der Altmeister drehte noch einmal auf, erfreute sich an einem beeindruckenden Auf­gebot schöner Frauen - Cameron Diaz, Jennifer López, Heidi Klum und natürlich Michelle Hunziker - und zeigte sich von seiner schlagfertigsten Seite.

Für seinen Nachfolger Markus Lanz war der Mallorca-Auftritt im Juni 2013 dann die große Bewährungsprobe - die er, so die übereinstimmende Meinung im Anschluss, nahezu sprichwörtlich in den ­Arena-Sand setzte. Dabei hatte das ZDF mal wieder an nichts gespart (nach langen Jahren der Geheimniskrämerei hat ZDF-Intendant Thomas Bellut nun erklärt, dass die „teureren Sendungen" bis zu 2,5 Millionen Euro gekostet haben), war mit einem Lkw-Tross und 300 Mitarbeitern angereist und hatte wie immer einen Pool in den Boden des coliseo gegraben. Dass einige der Star-Gäste in letzter Minute abgesagt hatten, dafür konnte Lanz nichts - viel schlimmer war, dass er nicht mit dem Publikum konnte. Der Moderator konzentrierte sich krampfhaft auf die Kameras und nicht auf die gut 9.000 Gäste vor Ort, die von Gottschalk anderes gewöhnt waren. Doch auch die Fokussierung auf die Massen vor den Bildschirmen ging schief, Lanz verlor streckenweise die Nerven und angesichts der Aneinanderreihung von Peinlichkeiten wie Stefan Raabs Duschkopf, der Limbo-Wette und dem Auftritt der Geissens zappte sich das Fernsehpublikum davon. Mit 6,74 Millionen Zuschauern brach die Sendung den Minusrekord in Sachen Einschaltquoten. Womit sich auch der immer so gelobte Werbe­effekt für die Insel in Grenzen hielt.

Dass das ZDF schon zuvor angekündigt hatte, im Sommer 2014 erst einmal eine Mallorca-Pause einzu­legen, erschien nach jener Sendung gar nicht mehr so bedauerlich. Jetzt ist es wohl endgültig vorbei mit „Wetten, dass..?". Auf der Insel ist das vor allem für die Stierkampf­arena eine schlechte Nachricht. Ohne Farb- und Finanzspritzen des deutschen Fernsehens steht zu befürchten, dass sie dem endgültigen Verfall preisgeben sein wird.

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