Es ist diese Stimme, die einem bekannt vorkommt. Auf die Frage, was er rund um seinen 75. Geburtstag am Dienstag, den 12. August, beruflich so gemacht habe, röhrt Claus Wilcke dem Reporter mit seinem durchdringend-sonoren Märchenerzähler­organ wohlbekannte Passagen, die Dr. Doolittle im Musical „My Fair Lady" zum Besten gibt, in den Telefonhörer. Als diese Figur ist der bekannte Theater-, Film- und TV-Schauspieler in den vergangenen Wochen in Klingenberg am Main aufgetreten.

Wenn man die Augen schließt, könnte man aber auch Omar Sharif, Warren Beatty, William Shatner, Michael Landon in 280 Folgen von „Unsere kleine Farm" oder den unvergleichlichen, gelegentlich schauspielernden „King" Elvis Presley vor sich sehen - sie alle hat der gebürtige Bremer synchronisiert.

Wilcke sitzt derweil in seinem Haus im Strandort Son Serra Marina - seine vierte Ehefrau Beate Eckhardt ist bei ihm - und übt für ein Theaterstück frei nach Alfred Hitchcocks „Bei Anruf Mord", das ab Anfang Oktober in den Theatern von Bad Godesberg und Neuwied aufgeführt wird. „Ich war ein Work­aholic und bin es noch immer", sagt der Mann, der älteren Zeitgenossen noch als der draufgängerische und damals, Anfangs der 70er Jahre, sogar von der Jugend-Postille „Bravo" bejubelte Action-Detektiv Percy Stuart bekannt sein dürfte.

„Dafür hatte man mich nur genommen, weil ich eine Stunt-Ausbildung in England absolviert hatte", erinnert sich Wilcke. „Die Überschlag-Szenen mit Autos habe ich alle selbst gemacht", sagt er, und seiner Stimme haftet auf einmal wohl ob seines Stolzes ein gewisses Tremolo an. Gedreht wurde in vielen Ländern, auch in Barcelona unter Franco, als ein Whisky umgerechnet nur einige Peseten gekostet habe und „man sich gleich das halbe Glas vollschütten ließ".

Gentlemanhaft wie er in der Serie auftrat, war er so eine Art bundesrepublikanischer James Bond, und noch heute gibt er in so mancher TV-Rolle den distinguierten Herrn mit Manieren - etwa als Pfarrer in der TV-Serie „Verbotene Liebe", die teilweise auf Mallorca gedreht wurde und 2015 eingestellt werden soll.

Und fast ohne Atempause nennt Wilcke große deutsche und spanische Schauspieler, mit denen er zusammenarbeitete - der inzwischen verstorbene Horst Frank, Mario Adorf, Hannelore Elsner, Cornelia Froboess und die schon über zwei Jahrzehnte tote Romy Schneider. Und Arturo Fernández und Fernando Sancho.

Irgendwann um 1980 - Claus Wilckes ganz große Zeit lag damals schon etwas zurück - verguckte er sich in das abgeschiedene Son Serra de Marina. „Ich kaufte eine Häuschen, und setzte 1990 noch ein Stockwerk drauf", sagt er. Momentan lebe er eine Hälfte des Jahres in Deutschland und die andere auf Mallorca. „Später werde ich hier meinen Lebensabend ganz verbringen." Ihm gefalle, dass in Son Serra„jeder Mensch willkommen" sei. „Das Motto hier lautet: Alle für einen, einer für alle."

Von anderen Orten mit vielen deutschen Einwohnern auf Mallorca könne man das so nicht sagen. In Andratx etwa störten ihn „die vielen Karossen". Er speit den Ortsnamen fast hörbar aus. „Das ist manchmal too much." Mallorca sei doch eigentlich eine „Insel der kleinen Autos". Überhaupt möge er lieber das „Bodenständige". Und anders als andere Inseldeutsche würde er grundsätzlich nur mallorquinische Firmen engagieren, wenn etwas an seinem Haus gerichtet werden muss.

Dass er „sehr oft" von deutschen Urlaubern auf der Insel erkannt werde, stört ihn dabei nicht: „Ich nehme mir Zeit für sie." Ohnehin ist er kein Schauspieler, der sich abschottet. In Deutschland etwa habe er sich angewöhnt, in Altenwohnanlagen vorzulesen. Weil auch dort das Leben ist. „Dort fragen mich Muttis manchmal, warum sie vier Kinder in die Welt gesetzt haben und jetzt dort gelandet sind."

Auch die angespannte weltpolitische Lage macht den 75-Jährigen betroffen. „Da kann sich doch glücklich schätzen, dass wir Frieden haben in Europa." Und dass es so ein „Paradies" wie Mallorca gibt. „Die Insel ist eine Oase der Erholung, man führt hier ein anderes Leben als zu Hause," sagt er, und seine Stimme vibriert.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 14. August (Nummer 745) lesen Sie außerdem:

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- Schweiß und Tränen in Alaró: Ein Vater, seine Töchter und der Traum von der großen Tanzkarriere

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