Tomás Barceló ist seine Vernarrtheit in die Werke von J. R. R. Tolkien schon von fern anzusehen: Wie er mit Kinnbart und stechenden und zugleich sinnierenden Augen neben seinem Stand mit Fantasy-Objekten in der Science-Fiction-Schau „Proyecto 145" im Hotel Horizonte in Palma steht, könnte er ohne weiteres im „Herrn der Ringe" eine Hauptrolle spielen. Stilecht nennt er seinen virtuellen Laden für schräge Kuriositäten, die er und sein Kompagnon Francesc Grimalt auch im Auftrag herstellen. „La Mathomería".

Mathoms sind frei nach dem in Südafrika geborenen britischen Schriftsteller Objekte, die die kleinwüchsigen Hobbits fast wie im Rausch anfertigten und sammelten: mit Ornamenten versehene Totenschädel, Schrumpfköpfe von Affen, Krokodils­visagen mit menschlichen Zügen oder tätowierte Hundeschädel. „Die Preise sind Verhandlungssache", sagt Tomás Barceló (lamathomeria.blogspot.com.es).

Die passenden Kleider schneidert Bárbara Bibiloni aus Cala Millor (hojadenispero.blogspot.com.es). „Ich habe hier unter anderem ein zehn Kilo schweres Kettenhemd mit 22.000 Ringen hängen", sagt sie auf der am Sonntag zu Ende gegangenen, alljährlich im November stattfindenden Messe.

Daniel Ramallo vom spanischen Indiana-Jones-Fanclub (www.indianajones.es) hat es eher mit Peitschen: „Voriges Jahr haben wir das erste Indiana-Jones-Peitschenturnier Spaniens ausgerichtet", erzählt er. Sein Verein habe rund 250 Mitglieder, „sogar in Argentinien und der Schweiz". Unter anderem organisiert er in Madrid und Granada Workshops, um die Peitsche so schwingen zu können, wie es der bekanntermaßen von Harrison Ford verkörperte, reisende und heldenhaft kämpfende Film-Professor vermag.

Wenige Meter vom Indiana-Jones-Stand entfernt hat sich Nicolás Moragues ein gemütliches kleines Reich eingerichtet: Der studierte Historiker, der alles über den französischen Autor Jules Verne (1828-1905) weiß, präsentiert dort inmitten von angejahrten Anzügen von Tiefseetauchern sein neues Buch „La vuelta a Palma en 80 imágenes" (zu bestellen beim Facebook-Auftritt der Sociedad Hispánica Jules Verne). Er zeigt darin die Orte in Palma, in denen der Roman „Clovis Dardentor" spielt. „Jules Verne ist einfach mein Leben", sagt der rührige Intellektuelle.

Während er spricht, unterhält in einem gutgefüllten Nebenraum der Madrider Top-Synchron­sprecher Pepe Mediavilla (unter anderen zuständig für Morgan Freeman und Leonard Nimoy alias Spock) mit seinem an ein Donnergrollen erinnernden Organ seine meist lächelnden Adepten. Er erzählt, was für einen Heidenspaß er an seinem Beruf hat und wie gern er auf Mallorca ist, um dann mit dem Vorlesen eines Science-Fiction-Gedichtes seiner lyrischen Ader freien Lauf zu lassen. Mediavilla gilt unter den nicht durchgehend etwas entrückten Besuchern von „Proyecto 145" als veritabler Star und erntet bewundernde Blicke.

In einem weiteren Raum wird auf anderer Weise der Schrägheit der Fantasie Tribut gezollt: Miguel Buades vom „Clamhan Studio" in Palma zeigt unter anderem den lebensgroßen Kopf der baumähnlichen US-Comic-Figur Groot. Er kann ihn mit Hilfe von Spezialgeräten in seiner Werkstatt in Palma selbst aus Glasfaser und Schaumstoff herstellen. „Das Besondere an dem Kopf ist, dass er nur einen Satz sagen kann: Ich bin Groot", sagt Buades und lacht. Er hat auch Miniatur-Groots in Blumentöpfen auf Lager (Tel.: 636-24 81 23).

Gegenüber von Buades steht Miquel Rújula Gelabert: Der Klein-Unternehmer verdient sein Geld unter anderem mit Figuren, die er mit Hilfe von 3D-Scanner und -Drucker herstellt. „Zum Beispiel diese Batman-Büsten". Manches habe er auch selbst erfunden, etwa ein Spiel für das Smartphone, bei dem eine Rakete mit einem Armband auf und ab und nach rechts und links gesteuert wird. „Das macht großen Spaß", sagt er, während er mit der Hand fuchtelt (Tel.: 679- 92 91 17).

Ein paar Meter entfernt hat unterdessen die aus „Star Wars" bekannte Legion 501 mit den wohlbekannten Masken, Knie- und Armschützern Stellung bezogen: Boba Fett und andere Sternen­krieger paradieren vor geweiteten Kiddie-Augen. Es entbrennt ein regelrechtes Selfie-Fieber.

Darth Vader entfleucht zwischendurch leise und still für einen Augenblick dem Trubel. Auf der leeren Straße neben dem Horizonte-Hotel hebt er die rechte Hand zu einer Art Gruß und spreizt die Finger. Der Wind pfeift. Die Welt der Fantasy-Jünger ist eben eine ganz spezielle.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 4. Dezember (Nummer 761) lesen Sie außerdem:

- Wo Mallorca am deutschesten ist: Galerien

- Ganz nah dran an Letizia

- Der Weihnachtsmarkt-Überblick