Begonnen hat alles mit einem etwas aus dem Ruder gelaufenen Abend­essen unter Freunden in Sineu. Es war der Vorabend von Mariä Himmelfahrt (15.8.) vor 15 Jahren. Irgendwann, so genau will sich Macià Puiggròs nicht festlegen, sei eine Teufels­maske aus dem benachbarten Vilafranca in Sineu aufgetaucht, mit der sie zur allgemeinen Belustigung durchs Dorf zogen. Ob das im selben Jahr war? Auch da ist sich Puiggròs nicht mehr sicher. Aber Mythenbildung gehört zur mucada dazu. Puiggròs gehört seit jeher zum Organisationsteam Muchal Foundation.

Jedenfalls kamen er und seine Freunde so auf die Idee, sich eine eigene Identifikationsfigur zu basteln. In Anlehnung an eine alte Dorflegende erfanden sie eine Fabelgestalt, halb Stier, halb Teufel, mit einer rosa Blume geschmückt: Der Muc, wahlweise Much geschrieben, ward geboren. Unter diesem Namen wurde er erstmals 2003 gefeiert. Seither strömen Jahr für Jahr, stets am 14. August, immer mehr rosa bekleidete Anhänger nach Sineu.

„Es ist ein sehr lustiges Fest, nicht so steif oder religiös wie andere. Und es ist ziemlich abgefahren - das hat man sonst selten, das gefällt den Leuten", erklärt sich Puiggròs den Erfolg. Wobei die Farbe Rosa eine wichtige Rolle spiele: „Wir haben hier nie Probleme mit Schlägereien. Ich glaube, die Farbe macht die Leute entspannter. Es ist ein einziger Nonsens - und das wissen alle."

Nicht nur die Identifikations­figur Much, auch den gesamten Ablauf des Festes haben Puiggròs und seine Freunde aus diversen spanischen und mallorquinischen Fiesta-Traditionen abgekupfert. So beginnt der Tag mit einer Wallfahrt auf den Puig de Reig, um den Muc zu wecken. Danach geht es ins Dorf zurück, um gegen ­12 Uhr den pregó, die spöttische Festrede zu halten. Dieses Jahr sollen neue Charaktere hinzukommen. Am Nachmittag dann kommt es - wie etwa bei den Prozessionen am Ostersonntag zwischen dem Heiland und Maria - zum Treffen zwischen dem Muc und seiner Allerliebsten, der Muca.

Spätestens von da an ist nur noch Party angesagt. Es ist ein wildes Fest in Rosa, das im Laufe des Tages immer weniger jugendfrei wird. Die Mucada, so erzählt man sich, sei keine schlechte Gelegenheit, um den einen oder anderen zwischenmenschlichen Kontakt anzubahnen. Es ist eben wie Karneval im August. Wie viele Menschen dieses Jahr kommen werden, können die Veranstalter nicht abschätzen. „Wir haben 3.300 offizielle T-Shirts hergestellt - und die sind alle ausverkauft. Aber das will nichts heißen. Bestimmt kommen mehr als doppelt so viele Menschen", sagt Puiggròs.

Beschwert habe sich über das Fest bisher niemand. Außer vor zwei Jahren, als der Tag auf einen Mittwoch fiel und man um den tradi­tionellen Markttag und die davon angelockten Touristenbusse fürchtete. Und einen Bürgermeister soll es gegeben haben, der sich ein etwas sittlicheres Fest gewünscht hätte. Vergeblich. „Das Ganze funktioniert nur, weil das Dorf dahintersteht", sagt Macià Puiggròs. „Das Fest ist auf private Initiative entstanden, aber jetzt gehört es dem Dorf." Schon am Samstag (8.8.) haben die Bewohner angefangen, die Straßen rosa zu schmücken.