Manchmal haben Erziehungsmaßnahmen nicht den gewünschten Effekt, resultieren dafür aber in einer Hollywood-Produktion - mit Val Kilmer in einer Haupt- und Sonja Kirchberger in einer Nebenrolle sowie einem ereignisreichen Teaser-Dreh auf Mallorca. Jo Kastner ist Geschäftsführer der Münchener Werbe- und Produktionsfirma Cine Partners und lebt auf Mallorca. Gemeinsam mit dem Producer Mario Krsek (www.e-clips.tv) und Sonja Kirchberger gewährte er am Dienstag (20.10.) Einblicke in die Entstehung eines Films, den das ZDF voraussichtlich an Weihnachten zum ersten Mal auf Deutsch ausstrahlen wird.

Vor Jahren beobachtete Kastner den TV-Konsum seiner beiden Töchter kritisch: „Als Teenager haben sie ununterbrochen Fernsehen geschaut und ihre Idole bewundert. Ich habe gesagt: Ihr könnt das auch, aber nicht, wenn Ihr nur herumsitzt - dafür müsst Ihr mal selbst etwas machen." Die Kinder antworteten mit jugendlichem Trotz: „Mach doch du was."

Der österreichische Produzent nahm die Herausforderung an. „Ich wollte schon immer mal selbst bei einem Spielfilm Regie führen, und dafür ist es wichtig, dass du ein Feeling für den Stoff hast", sagt Kastner. Er kaufte sich das Lieblingsbuch seiner Kindertage „Die Abenteuer des Tom Sawyer" von Mark Twain und fing an, ein Drehbuch zu schreiben.

Ein Jahr arbeitete er an dem Skript, danach galt es den schwierigen Teil zu stemmen: die Finanzierung. „Wenn du noch nie einen Film gemacht hast, ist es fast unmöglich, das Geld für eine große Produktion zusammenzubekommen. Ich habe mir mindestens 500 Absagen geholt", sagt der Produzent.

Kastner engagierte den Producer Mario Krsek, ebenfalls ein langjähriger Mallorca-Resident, um einen Trailer aufzunehmen. „Damit wir zeigen konnten, wie der Film aussehen sollte und dass wir was können", sagt Kastner. Die Kosten übernahm er zunächst selbst. „So Verrückte gibt es ­eigentlich gar nicht mehr, die selbst in Vorleistung gehen", kommentiert Sonja ­Kirchberger.

Wenn sich Kastner und Krsek an den Dreh im Frühjahr 2009 erinnern, raufen sie sich noch heute die Haare. Sie filmten an drei Tagen in Esporles, ohne Drehgenehmigung. Das Set bauten zwei von Kastner engagierte Arbeiter aus Polen - inklusive einem Grab für die Schlüsselszene auf dem Friedhof, in der Tom Sawyer und Huckleberry Finn einen Mord beobachten. So weit, so abenteuerlich genug. Doch am zweiten Drehtag spielte die damals noch junge Speicherkartentechnik für Videokameras dem Team einen Streich: Die Aufnahmen waren weg und somit die Arbeit eines ganzen Tages. „Jo hat cool reagiert, aber in seinen Augen stand: Oh je", sagt Krsek. Kastner kontert: „Und ich habe gesagt, wenn wir länger brauchen, zahlst du den Drehtag."

Der Producer machte das Versagen der Technik am nächsten Tag mit militärischer Disziplin und vollem Einsatz des Teams wieder wett - bei strömendem Regen. Ein sogenannter Butterfly, der eigentlich in der Lichttechnik als Sonnenschirm fungiert, diente als dürftiger und zunehmend undichter Schutz. „Jo hingen die Haare wirr ins Gesicht, die Blätter vom Storyboard waren knittrig und voller Matsch. Es war ein bisschen wie Woodstock", sagt Krsek. Mit dem letzten Tageslicht war dann aber auch die letzte Szene im Kasten.

Mit dem fertigen Teaser im Gepäck machte sich Kastner auf den Weg nach Los Angeles, um mit Casting-Agenturen zu verhandeln. Vorab mussten seine Töchter aber nochmal ran: „Sie sollten mir eine Liste mit den Schauspielern schreiben, die sie gerne in dem Film ­sehen würden", sagt er. Die Agenten in Hollywood lobten die Vorschläge der Mädchen. Nach einer Woche stand die Wunschbesetzung fest, zwei Monate später war die Finanzierung gesichert.

In den Hauptrollen: Joel Courtney als Tom Sawyer und Jake T. Austin als Huckleberry Finn. Courtney spielte 2011 im Steven-Spielberg-Film „Super 8" die Rolle von Joseph „Joe" Lamb, Austin stand jahrelang mit Selena Gomez für die Disney-Serie „Die Zauberer vom Waverly Place" vor der Kamera. Schließlich sagte noch Val Kilmer („Heat", „The Doors") als Mark Twain zu, der im Film als Erzähler agiert. Auch Martin Semmelrogge war für eine Rolle vorgesehen, trotz gleichzeitigem Engagement bei den Karl-May-Spielen. „Am ersten Drehtag standen wir mit 200 Leuten am Set, alle da, nur Martin Semmelrogge nicht", sagt Kastner. Der Schauspieler hing wegen eines Flugstreiks fest.

Immerhin: Vorab hatte er Sonja Kirchberger und Christine Kaufmann für den Film empfohlen. Kastner baute die Figur der Witwe Douglas eigens für Kirchberger aus. „Ich hätte alles für Jo gespielt, weil es mich so beeindruckt hat, dass er das volle finanzielle Risiko übernommen hat. Solche Leute muss man unterstützen", sagt die Schauspielerin. Sie habe viel Freude an ihren Szenen gehabt. Bei kleinen Rollen sei es ohnehin entscheidend, der Figur und dem Format treu zu bleiben. „Das Wichtigste ist der Film und die Geschichte als Ganzes, nicht der eigene Part", sagt sie.

Für Kastner hat sich das Risiko gelohnt. 2014 lief der Film in Nordamerika an, die Rechte sind in 40 Ländern verkauft und die Investitionen seien wieder eingespielt. Wichtig ist dem Produzenten aber vor allem eines: „Dass der Film Kinder inspiriert, selbst Abenteuer zu erleben", sagt er. Sonja Kirchberger nickt: „Genau, weg von der virtuellen Welt, hin zu schmutzigen Füßen."