Mathias May sieht so gar nicht wie der typische Abenteurer aus, wenn er im Hafen von Palma an der Segelyacht „YNot" herumhantiert. Der 51-Jährige aus Langen bei Frankfurt war in seinem früheren Leben ein viel beschäftigter Manager bei mehreren international agierenden Unternehmen für Anlagenbau. Genauso wirkt er auch beim Gesprächstermin mit der MZ: eloquent, ordentlicher Haarschnitt, kein Bart, nicht übermäßig gebräunt.

Doch der Eindruck täuscht. Denn May hat sich vor einem halben Jahr von seinem Managerposten verabschiedet, die langen Arbeitstage im Büro ein für alle Mal hinter sich gelassen und sich als Teilhaber von Burma Boating eingekauft, einem Bootsvercharterer in Burma, auch Myanmar genannt. Der Staat in Südostasien ist seither zu seinem Lebensmittel­punkt geworden.

Vor ein paar Tagen musste er jedoch einen Abstecher nach Mallorca machen. Denn hier, im Hafen von Palma, direkt gegenüber des Hotels Meliá Palas Atenea, nimmt eine Fahrt ihren Anfang, die May mit seiner Crew an die sieben Wochen kosten dürfte. Sie wollen die „YNot" nach Myanmar überführen.

Wie alles begann

Die Geschichte begann im vergangenen Jahr, als May auf die 78 Fuß (rund 25 Meter) lange Segelyacht auf Mallorca aufmerksam wurde. Sie gehörte einem Australier, der bereits seit etwa drei Jahren versuchte, sie zu verkaufen. „Der Zustand war ziemlich schlecht, aber man hat gesehen, dass die Substanz etwas hergab", erinnert sich May, der seit etwa 30 Jahren segelt, an die ersten Besuche auf der 1994 gebauten „YNot". Das Boot sollte 600.000 Euro kosten, aber man einigte sich mit dem Australier auf einen „deutlich niedrigeren Betrag".

Bevor das Schiff für Charterausflüge herangezogen werden konnte, musste es von Grund auf überholt werden. Das übernahmen Mays Sohn Ajun und dessen Freund Mark Baake. „Die Jungs haben von Februar bis Mai in Port d´Alcúdia an dem Boot herumgeschraubt", erzählt der Vater von Ajun. Gute 100.000 Euro seien noch einmal in die Restaurierung geflossen.

„Das Großsegel haben wir in Thailand herstellen lassen, das ist erst vor ein paar Tagen angekommen", erklärt May. Es soll eigentlich am Tag des MZ-Besuchs am Donnerstag (7.7.) aufgezogen werden. „Der starke Wind verhindert das aber leider zurzeit", sagt May und schaut auf die Wolken, die sich über der Bucht von Palma zusammenbrauen.

Wo es lang geht

Die „YNot" wird zunächst Malta ansteuern. „Wir rechnen damit, dass wir nach etwa zwölf Tagen dort ankommen. Danach machen wir drei Tage Pause." Die Route führt dann durch den Suezkanal, an Ägypten vorbei durch das Rote Meer und in den Indischen Ozean. Zuvor macht das Schiff noch einmal Station in Dschibuti, wo einige der Crewmitglieder ausgewechselt werden, bevor es über Sri Lanka und die Andamanischen Inseln nach Myanmar geht. Mathias May, sein Sohn Ajun, Mark Baake und Bernd Mittmann, ein alter Segelfreund von Mathias May, werden die gesamte Zeit an Bord sein.

Anfang September, so der Plan, soll die „YNot" an ihrem Bestimmungsort im Mergui-Archipel ankommen und möglichst ab Oktober im Charterbetrieb eingesetzt werden können. Dieses Revier sei momentan bei vielen Seglern sehr in Mode, vor allem aus den USA, erzählt Mathias May. „Die Segelziele in Europa sind weitgehend abgegrast, viele Leute zieht es jetzt in exotischere Gegenden."

Der Mergui-Archipel biete sich an, weil er erst seit fünf Jahren zugänglich und daher noch weitgehend unberührt sei. Es gebe kaum Häfen, die Segler könnten mit der „YNot" und den anderen zehn Schiffen, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen, in einsamen Buchten festmachen. Zudem sei die Sicherheitslage in der Region zurzeit besser als in vielen traditionellen Urlaubsdestinationen, wie Nordafrika oder der Türkei.

Welche Hürden es gibt

May und seine Begleiter hoffen, dass sie bei der Überfahrt von größeren Schwierigkeiten verschont bleiben. Die Piratengefahr vor Somalia sei mittlerweile weitgehend gebannt und extreme Witterungsbedingungen stünden auch nicht zu erwarten. „Das Einzige, was mir ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet, sind die Flüchtlingsströme im Mittelmeer", sagt May. Doch da gilt die Devise: „Wir müssen uns für die Rettung von in Seenot geratenen Menschen nicht selbst in Gefahr bringen." Wenn Flüchtlinge in akuter Gefahr sein sollten, werde man aber natürlich helfen.

Auf dem Boot selbst habe man so viele Fehlerquellen wie möglich ausgeschaltet, hofft May. Und selbst wenn etwas Unerwartetes passieren sollte: Kleinere Schäden wüssten die Crewmitglieder wieder zu reparieren.

Spannender dürfte es im zwischenmenschlichen Bereich werden, denn bei sieben Wochen an Bord könne es durchaus mal zu Meinungsverschiedenheiten unter den Skippern kommen. Doch dadurch, dass sechs Schichten à zwei Leuten pro Tag programmiert seien, sähen sich manche der Mitsegler ganze Tage lang nicht. Außerdem ist das Schiff geräumig und bietet acht Fahrgästen und drei Crewmitgliedern in fünf Kabinen Platz. So kann man sich auch mal aus dem Weg gehen.

Los ging es dann am Sonntag (10.7.). Die Crew hatte die Abfahrt vom Verlauf der Fußball-EM in Frankreich abhängig gemacht. ­Wäre Deutschland ins Finale gekommen, wäre man Montagfrüh gestartet. „Einen funktionierenden Fernseher haben wir an Bord ­nämlich nicht."