Immer nur rumsitzen und auf den nicht mal gesicherten Prozessbeginn warten ist ja auch langweilig. Das dachte sich offenbar Rockerboss Frank Hanebuth, der im Juli 2013 bei einer Großrazzia gegen die Hells Angels auf Mallorca festgenommen wurde, rund zwei Jahre in spanischer U-Haft verbrachte und nach wie vor auf der Insel festsitzt, da er das Land nicht verlassen darf.

Er eröffnet mit mehreren Geschäftspartnern ein Boxstudio an der Playa de Palma. In dem Lokal direkt über dem deutschen Supermarkt sind derzeit noch die Bauarbeiter zugange, der künftige Boxring ist bisher nur zu erahnen. „Im Oktober geht es los", sagt Hanebuth. Zur Eröffnungsparty will er sogar den ein oder anderen ehemaligen Box-Weltmeister nach Mallorca holen. „Das wird eine tolle Sache."

Im „Powerhouse Mallorca", wie der Club heißt, stehen nicht nur klassisches Boxen, Kick- und Thaiboxen auf dem Programm, sondern auch die aus Israel stammende Selbstverteidigungstechnik Krav Magna, die philippinische Kampfkunst Eskrima oder der brasilianische Vollkontaktkampf Valetudo - wobei Anfänger ebenso willkommen sind wie Profis. Angedacht seien mittelfristig auch Selbstverteidigungskurse für Frauen und Kinder oder Kurswochen für Vereine und Boxställe aus Deutschland.

„Die Zeiten werden immer unangenehmer, wir machen die Leute hier fit für das, was kommt, und das in traumhafter Umgebung", beschreibt Hanebuth seine Marktnische. Sogar über Bootcamps für schwer erziehbare Kinder denkt der 51-Jährige nach. „Aber wir wollen jetzt erst einmal ganz langsam starten, gut Ding will Weile haben, sagt man doch so schön." Seinen Lebensmittelpunkt sieht der ehemalige Hannoveraner Hells-Angels-Boss trotz all der Euphorie um sein neues Projekt und die langfristigen Pläne nur vorübergehend und notgedrungen auf Mallorca. „Ich habe meine Geschäfte und meine Familie in Deutschland."

Sollte die spanische Justiz die Vorwürfe gegen ihn - darunter Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Drogen- und Menschenhandel - also fallenlassen und das Verfahren einstellen - wovon Hanebuth auszugehen scheint - würde er zwischen Hannover und der Playa de Palma pendeln. „Ich werde hier sicher regelmäßig Kurse geben." Für seine Nicht-Anwesenheit hat der „Lange" nichtsdestotrotz vorgesorgt. Mit ins Team holte er sich den Spanier Ramón Guirao Díaz, der seit 30 Jahren auf der Insel lebt, beste Kontakte zur lokalen Kampfsportszene pflegt und vor allem Einheimische ins neue Boxstudio locken soll.

Außerdem mit von der Partie ist Karsten Wrede, der ebenfalls auf der Anklageliste von Ermittlungsrichter Eloy Velasco steht, damals in Deutschland festgenommen und nach Spanien ausgeliefert wurde. Obwohl Wrede längst ausreisen dürfte, will er auf der Insel wohnen bleiben - und sich künftig als Trainer im „Powerhouse" seinen Lebensunterhalt verdienen. Seine Steckenpferde: Krav Magna, das er einst bei den Meistern dieser Nahkampftechnik in Israel erlernte, und Selbstverteidigung für Kinder.

Sein selbst entwickeltes Programm „Safety Kids", das er vor seiner Festnahme viele Jahre lang an Schulen und Betreuungseinrichtungen in Deutschland anbot, will Wrede nun sogar als Buch veröffentlichen, neben einer deutschen ist auch eine spanische Version geplant. Ob es damit klappt, wird sich zeigen - ein Verlag wird noch gesucht. Überhaupt keine Zweifel haben Wrede, Hanebuth und Co. hingegen am Erfolg des Boxstudios. „Die Resonanz, auch aus Deutschland, ist bereits jetzt riesig", sagt Hanebuth.