Wer dem sonnigen rheinischen Charme von Marita Köllner nicht sofort erliegt, ist entweder blind und taub oder tot. Mit ihrem mütterlich-herzlichen Lächeln nimmt die 58-jährige Sängerin denn auch seit Jahrzehnten in Köln und drumherum Tausende für sich ein - nicht nur in der Karnevalszeit mit den üblichen Gassenhauern, sondern auch das ganze restliche Jahr über mit Pop und Rock aus der Domstadt.

So eine könnte in Zeiten intensiver 80er- und 90er-Rückbesinnung eine Geheimwaffe für Mallorca sein, dachte sich wohl der Disco- und Restaurant-Unternehmer Tolo Cursach. Deshalb soll die Frohnatur jetzt im September in „Maritas Paradies" durchstarten, dem Nachfolgelokal der durch gepfefferte Live-Erotik-Einlagen zu dubioser Bekanntheit gelangten Ballermann-Disco „Paradies". Wobei es vom Kunden­andrang abhängt, wann im Oktober wieder zugemacht wird. Bereits im vorigen Frühherbst hatte Marita Köllner in einer Art Testlauf Menschen gesetzteren Alters in den Schuppen gelockt.

„Ich singe Kölsche Lieder und schlendere dabei durchs Publikum", sagt „Et fussich Julche", wie Kölner die Künstlerin auch nennen, beim Treff mit den MZ-Reportern in dem mit einer deutschen Wanduhr ausgestatteten Café Kummer, einer kleinen Playa-Institution für sich. Zwischendurch werden deutsche Schlager, internationale Oldies und Discofox-Musik gespielt - „ein guter Mix", so Marita Köllner. „Die Menschen sehnen sich zurück nach der heilen Welt, jetzt gibt´s endlich ein richtiges Tanzlokal von damals."

So etwas zum Laufen zu bringen, sei schon immer ihr großer Traum gewesen, sagt die Künstlerin. „Wir haben neulich an nur einem Tag 100 T-Shirts verkauft und bereits 50.000 Bierdeckel für das Lokal herstellen lassen." Maritas PR-Expertin Evi Winklmeier mobilisiert am Strand und in den Straßen potenzielle Kunden. Damit auch alles rundum authentisch ist, gehen Marita Köllner der in der Rheinstadt Kultstatus genießende DJ Marc Colonia und die Showband Trans-Europa-Express zur Hand. Die große Eröffnung ist für den 31. August ab 20.30 Uhr vorgesehen (Eintritt frei, Mindest­verzehr: 4 Euro).

Der Begriff „Tanzlokal" ist jetzt auch das Lieblingswort von Juan Garrido, der neben „Maritas Paradies" auch die MegaArena für Cursachs Vergnügungskonzern managt. „Wir wollen einen Ort schaffen, wo sich Menschen über 40 zu Hause fühlen", sagt er. „Es soll ein Gefühl von Familie entstehen", pflichtet Marita Köllner bei. Für die zahllosen Youngster unter den Urlaubern gebe es an der Playa de Palma genug andere Lokalitäten. Ins 80er- und 90er-Jahre-Konzept passt auch der Dresscode für das Lokal. Man muss nicht im Smoking oder mit Krawatte auftauchen, soll sich aber einfach und mit Niveau kleiden. „Mit Badelatschen und kurzen Hosen wird keiner in ´Maritas Paradies´ gelassen", sagt Juan Garrido. Man wolle endlich im großen Stil die abholen, für die es jahrelang an der Playa kein richtiges Angebot gegeben habe. „Das sind vor allem die, die sich jedes Jahr unter den gleichen Schirm am Strand legen", sagt PR-Frau Evi Winklmeier. Wobei sich Juan Garrido ganz im Sinne seines Chefs Cursach ein möglichst internationales Publikum wünscht.

Im Disco-Business sei es üblich, dass die Häuser eine gewisse Halbwertszeit haben. „Manche kollabieren schnell und unerwartet, andere wie das ehemalige ´Paradies´ sterben ganz langsam", weiß Juan Garrido. Nach drei Jahren Siechtum habe sich dort etwas ändern müssen. Da kam Marita Köllner, die auf eine jahrzehntelange Mallorca-Erfahrung in anderen Lokalen der Cursach-Gruppe zurückblickt, gerade recht.

Zumal die eiserne Disziplin der Künstlerin Legendenstatus genießt. „Sie ist absolut zuverlässig und achtet ganz genau auf Details", lobt Juan Garrido die Deutsche. „Bierdeckel haben richtig herum platziert zu sein, und das Kölsch muss auf sechs Grad und nicht etwa nur auf zehn Grad heruntergekühlt werden." Dabei sei Marita immer locker und fröhlich, das Wort Stress sei ihr fremd. Dass es überhaupt so etwas wie einen lustigen Landstrich in Deutschland gebe, sei ihm früher gar nicht so klar gewesen. Das Rheinland sei feiertechnisch ja „wie Andalu­sien", freut Garrido sich.

Marita Köllner will die Menschen nicht nur mit dem Gesamtkonzept, sondern auch mit der Qualität ihrer Kunst überzeugen - mit Gute-Laune-Liedern wie „Dat han mer uns verdeent", „Fröher hammer nä jesaat", „Kum danz met mir" oder, klar doch, „Mallorca schöne Insel im Meer".

Die Texte singt die Künstlerin, die übrigens mit Nachnamen wirklich so heißt, wie sie heißt, im Studio der schon 1970 gegründeten erfolgreichen Mundart-Gruppe „De Bläck Fööss" ein. Ihr Produzent ist Reiner Hömig, der auch mit dem ungekrönten Insel-König Jürgen Drews zusammenarbeitet. Wobei Marita Köllner ihre Themen mit vollen Händen aus dem prallen Leben schöpft: „Ich schnappe etwas auf und mache ein Lied draus", sagt sie. „Ich schaue den Leuten aufs Maul." Sie wirke so authentisch, weil „ich nie singe, was ich nicht selbst erlebt habe". Und was sie singt, singt Marita „mit sehr viel Gefühl und Herzlichkeit" - so wie das halt in Köln Sitte ist.