Miquel Rigo, 45, arbeitet ehrenamtlich im Kino

Die Saison 2016 hat Miquel Rigo wie gewohnt im kleinen Hafen von Portopetro verbracht. Der 45-Jährige studierte Biologe arbeitete von Mai bis Oktober in einem mittelgroßen Hotel, wo er von Mitternacht bis acht Uhr morgens Gäste eincheckt, Liegen aufräumt, den Garten gießt und die Reservierungen überprüft. Seine Woche hatte 40 bis 48 Stunden, 1.200 Euro netto landeten am Monatsende auf seinem Konto. „Das war hoffentlich meine letzte Saison im Hotel“, sagt der Palmesaner. „Die Saisonarbeit ist reiner Broterwerb und bedeutet für mich: arbeiten, um zu leben, mehr nicht.“ Seine wirkliche Leidenschaft gehört dem Kino. Die Nebensaison überbrückt der begeisterte Cineast mit freiwilliger Arbeit im Programmkino CineCiutat. Er hilft bei der Filmauswahl und spricht mit den Verleihern. Bei dieser Arbeit tankt er auf. Der Wermutstropfen: Miquel Rigo erhält für sein Engagement kein Geld.

Miquel Rigos Familie stammt aus Portopetro, seine Eltern leben noch heute dort. In den Sommermonaten schlüpft er aus praktischen Gründen wieder in die Rolle des Sohnes, hilft den Eltern hier und da in der Wohnung bei Reparaturen und genießt im Gegenzug die gute Küche seiner Mutter. Die Wohnung in Palma behält er bei, damit er spontan an den freien Tagen dort übernachten kann.

Miquel Rigo empfindet den Druck in der Hochsaison als sehr hoch, und erfüllen tut ihn die Arbeit als Nachtportier auch nicht. Erschwerend kommt die schwierige finanzielle Situation im Winter hinzu: Der

Mallorquiner erhält circa 500 Euro Arbeitslosengeld. Das, zusammen mit Erspartem aus dem Sommer, muss von Oktober bis Mai zum Leben reichen. Er ist sparsam und teilt sich seine Wohnung mit einem Mitbewohner. Miquel Rigo hat sich mit der Situation arrangiert, richtig glücklich ist er mit dem Modell aber nicht. Im nächsten Jahr möchte er daher gerne einen festen, ganzjährigen Job haben. So wie früher, als er im Kino Renoir, dem vor vier Jahren geschlossenen Vorläufer des CineCiutat, zwölf Monate im Jahr angestellt, bezahlt und glücklich war - diese Kombination wünscht er sich wieder. Dabei bleibt er bescheiden. „Ich kann mir gut einen Job an der Kinokasse vorstellen.“

Tony Patzer, 31, kellnert in der Schweiz

„Ich mag es klassisch: im Sommer Sonne und im Winter schön kalt“, sagt der gelernte Hotelfachmann Tony Patzer aus der Nähe von Leipzig. Die vergangenen Jahre zog er durch verschiedene Länder, kellnerte auch auf einem Kreuzfahrtschiff. Die letzten beiden Sommer arbeitete er dann als Kellner im Restaurant -Campino in Camp de Mar im Südwesten der Insel. In die Saisonarbeit sei er nach seiner Ausbildung ein wenig hineingerutscht. Rückblickend

sagt er: „Besser konnte es gar nicht laufen, ich bin glücklich damit.“ Der Kellnerjob auf Mallorca sei für ihn fast wie bezahlter Urlaub gewesen, zieht er Bilanz. Zeit, die Insel kennenzulernen, sei auch geblieben.

„Finanziell gesehen ist Saisonarbeit eine gewisse Verhandlungssache“, sagt er. „Man muss sich und seine Erfahrung selbst verkaufen.“ Etwas Stress bedeute die Arbeit natürlich schon, man müsse etwas leisten, aber im Vergleich zur Dauerpräsenz auf dem Schiff sei die Arbeit als Kellner angenehm gewesen.

Im Dezember geht es für ihn in der Schweiz weiter. Er wird in Zermatt zwischen einem Restaurant im Tal und der Bergstation pendeln. Die Saison geht dort bis April. Danach will sich Patzer einen Monat Urlaub nehmen, um im Juni wieder in die Sommersaison zu starten.

Die Verträge sind befristet, Tony Patzer achtet aber darauf, dass seine Rentenversicherung nahtlos weitergezahlt wird. „Es ist ein bisschen Papierkram, den man bei jedem neuen Job machen muss, aber in drei Tagen ist das erledigt.“ Der ständige Ortswechsel erschwere feste Freundschaften, aber Patzer ist pragmatisch und hält über Facebook oder Whatsapp Kontakt zu Freunden und Familie. „Wir haben eine eigene Familiengruppe, inzwischen habe ich auch Freunde in der Schweiz. Man ist nicht aus der Welt.“

Einen Motivations-hänger hatte der Sachse vor zwei Jahren. „Da hatte ich kurzzeitig das Gefühl, meinen Lebenskompass etwas verloren zu haben - mir

fehlte ein Heimathafen.“ Auch deswegen hat er sich jetzt ein Ziel gesetzt. Einige Jahre will er so weitermachen, bevor er sich mit einem Restaurant selbstständig macht. Seitdem er diesen Plan hat, ist er auch wieder motiviert.

Xisca Mas, 39, entdeckt den Schwarzwald mit Tochter

Die 39-jährige Mallorquinerin Xisca Mas ist Kellnerin. Die Cafetería des Hotels, in der sie die vergangenen Sommer auf Mallorca arbeitete, schließt über die Wintermonate. Xisca Mas kann es sich nicht leisten, so lange kein Geld zu verdienen. Wie im Vorjahr arbeitet sie daher als Servicekraft in einem Hotel im Schwarzwald. Dieses Jahr hat die Mallorquinerin sogar ihre älteste Tochter, 13, mitgenommen. Xisca Mas spricht ein wenig Deutsch und Englisch, viele Kunden im Schwarzwald sind Schweden oder Norweger, auch einige wenige Spanier. „Die freuen sich natürlich, wenn ich mit ihnen Spanisch sprechen kann.“ Ihre beiden jüngeren Kinder, acht und fünf Jahre, sind beim Vater auf

Mallorca geblieben.

Vergangenes Jahr war dieser Job- und Landwechsel noch neu für sie. Bei der Suche nach einem Winterjob half ihr 2015 eine Agentur. Dieses Jahr hat sie den Job auf eigene Faust gefunden. Die Erfahrung im winterlichen Deutschland im vergangenen Jahr war so positiv, dass sie beschloss, dieses Jahr auch ihre Tochter mitzunehmen. Mit ihr teilt sie sich ein Zimmer bei einer deutschen Familie, nette Bekanntschaften konnte sie schon letzten Winter machen, als sie im gleichen Ort arbeitete.

Das Hotel, in dem sie arbeitet, liegt in den Bergen, zwischen Freiburg und Basel, den Arbeitsweg legt sie mit dem -eigenen Auto zurück. Sie ist zufrieden. „Die Arbeitszeiten werden respektiert - auf Mallorca habe ich hingegen oft Überstunden gemacht. Das spanische Arbeitssystem gefällt mir nicht besonders gut.“

Die Tochter hat sich gut eingelebt, sie geht in diesem Winter in Deutschland zur Schule. Einfach sei diese Zweiteilung von Jobs und Wohnort mit drei Kindern, von denen zwei auf der Insel bleiben, natürlich nicht. Xisca telefoniert regelmäßig mit ihnen. Ab Basel fliegen Billigflieger, sie hat vor, diese Saison öfter nach Palma zu reisen.

„Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich ganz in Deutschland bleiben“, sagt sie. Wie das mit den Kindern gehen soll, müsse man dann sehen, sagt sie zaghaft. Die Tochter lernt derweil fleißig Deutsch und erobert mit ihrer Mutter das idyllische Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

Miquel Mulet, 37, nutzt die Zeit zum Reisen

Am 1. November 2010 schnappte sich Miquel Mulet sein Auto, setzte nach Barcelona über und fuhr kreuz und quer durch Europa. „Ich musste nach meiner ersten Saison im Hotel einfach weg, so schnell wie möglich“, sagt der 37-Jährige.

An den Stress im Sommer hat der gelernte Tourismusfachmann sich inzwischen gewöhnt, die Leidenschaft fürs

Reisen hat er sich erhalten. Seit 2010 leitet er zusammen mit seinem Bruder ein Aparthotel in Colònia de San Jordi. Im Mai geht die Saison los, von Juni bis September brummt es, im Oktober schließt er den Laden. „Als Eigentümer kann man so gut leben.“ Finanziell kommt er gut zurecht, „auch weil man im Sommer einfach keine Zeit hat, das verdiente Geld auszugeben“.

Er muss keine Familie versorgen und gönnt sich im Winter Fernreisen nach Peru, Thailand oder Kenia. Jetzt gerade kommt er aus Stuttgart zurück, wo er ein Wohnmobil erstanden hat. Damit wird er die nächsten Wochen bis Weihnachten durch Nordspanien touren, hier und da Freunde besuchen, aber auch alleine unterwegs sein. Sein Bruder hingegen hat zwei Töchter, die Zeit bis April finanziell zu überbrücken sei für ihn und seine Familie nicht so einfach. Reiner Urlaub seien die freien Monate im Winter dennoch nicht, sagt Mulet. Auf seinen Reisen hat der selbstständige Hotelier immer ein Laptop dabei, um das Geschäft im Blick zu haben.

Am schwierigsten seien für ihn die Monate März und April. „Da muss ich mich stark motivieren, denn der Arbeitsdruck ist noch nicht hoch, es müssen aber trotzdem Dinge wie Reparaturen und Reservierungen erledigt werden. Auch der abrupte Wechsel von der intensiven Hochsaison zur Winterpause ist manchmal wie eine Heiß-kalt-Dusche und psychisch nicht immer leicht zu verarbeiten“, sagt Mulet. Sein Fazit fällt dennoch positiv aus. „Dieses Modell passt gut zu mir.“ Das ganze Jahr einem Acht-Stunden-Job nachgehen, das wäre nichts für ihn. Er schätzt die Freizeit, die ihm die Saison-arbeit im Winter gibt; mit dem Stress im Sommer hat er gelernt umzugehen. Weihnachten wird er auf Mallorca verbringen. Für Januar schwebt Miquel eine Reise nach Kenia oder Argentinien vor, um seinen Akku bis März wieder aufzuladen.