Wenn Peter Gottinger alias Don Pollo auf Facebook seine Hähnchen anpreist, dann packt ihn vor lauter Verzücktheit zuweilen dichterischer Drang. Der gelernte Koch aus Lambrechten in Oberösterreich, der am Eroski-Supermarkt in Palmas Stadtteil Coll d´en Rabassa seit schon dreieinhalb Jahren einen gut gehenden Stand betreibt, postete erst kürzlich mal wieder ein paar sich reimende Sätze: „Die Zeit der kurzen Hosen ist vorbei,/ doch das ist mir einerlei./ Den Hühnern ist jetzt auch schon warm,/ die hab ich in den Grill getan./ Die stehen dann zur Mittagszeit,/ für Euch zur Abholung bereit." Gottinger sinniert auf Deutsch und auch auf Spanisch, denn neben ein paar britischen und deutschsprachigen Urlaubern sind 95 Prozent seiner Kunden Einheimische.

Schon als der Alpenländler noch ein Restaurant in seiner Heimat betrieb - mehr als acht Jahre ist das her -, war er dichterisch tätig, wenn auch auf andere Weise. „Wenn mir jemand gegen den Strich ging, dann habe ich mir ein paar Spottverse ausgedacht, sie aufgeschrieben und in den Briefkasten dieser Person geworfen." Zuweilen habe ihm das sogar gerichtlichen Ärger eingebracht, doch der habe sich am Ende immer in heiße Luft aufgelöst. Gottinger erinnert sich an einen Arzt, der einmal seiner kranken Mutter nicht habe helfen wollen. Auch den bedachte er mit einem Spottgedicht, das aber wie alle „sauber" gewesen sei.

Die Zeiten kreativer Rache sind lange vorbei. Als Peter Gottinger mit seiner ebenfalls aus Oberösterreich stammenden Frau Monika 2008 nach Mallorca übersiedelte, versuchten sie sich zunächst im Geschäft mit der Vermietung von Quads. Doch das lief nicht. „Wir haben oft daran gedacht, wieder zurückzugehen." Als der Supermarktkonzern Eroski ihnen dann den fixen Standplatz für eine Hähnchenbraterei zubilligte, griffen sie zu. „Das ist viel besser, als mit einem Wagen von Markt zu Markt zu ziehen", sagt Peter Gottinger.

Bereut haben sie ihre Entscheidung bislang nicht, zumal es solche Brathendl-Stände neben dem Supermarkt auf Mallorca kaum gibt und die Spanier das Angebot daher als etwas Ungewöhnliches auffassten. „Wir haben uns inzwischen einen festen Kundenstamm erarbeitet", sagt Gottinger. Zur Geschäftsstrategie gehören auch Aktionen zu besonderen Anlässen. „An Valentinstagen verschenken wir an jede Dame eine Rose", sagt Monika Gottinger. Auf Facebook werden die Kunden parallel dazu -

klar doch - mit Dichterischem bezirzt: „Hast du die Blumen für heut vergessen/ und willst ein leckeres Hähnchen essen,/ dann komm doch einfach bei uns vorbei,/ da sind die Blumen gleich mit dabei./ Denn an die Frauen haben wir gedacht und besorgt die Blütenpracht." Und Weihnachten bekommt jeder Kunde bei den Gottingers einen Schokoladen-Nikolaus.

Derlei macht den Hähnchenbrater von Coll d´en Rabassa schon fast kultverdächtig und lässt die Menschen auch an Sonntagen vorbeischauen, wenn der Eroski-Markt geschlossen ist. „Einige Deutsche, die hier immer wieder Urlaub machen, kommen jedes Jahr extra zu uns, noch bevor sie in ihrem Hotel absteigen", sagt Peter Gottinger.

Der sonntägliche Andrang versetzte den Österreicher - wie kann es auch anders sein - wiederholt in dichterische Stimmung: „Sonntag ist,/ die Sonne scheint,/ da hab ich alles Glück/ in mir vereint", heißt es dann. „Hab mir gedacht,/ ich tu jetzt so/ und mach auch/ andere Leute froh./ Aufgestanden, Katzenwäsche,/ Auto starten,/ bei Don Pollo angekommen,/ hab ich mir gleich vorgenommen,/ leckere Hühnchen heut zu braten,/ ja so kann der Sonntag starten."

Selbstredend strömen die Kunden nicht nur wegen kleiner Geschenke oder dem dichterischen Treiben zu dem unscheinbaren Wagen von Don Pollo. Es ist vor allem die Spezialität des Hauses, die den Leuten mundet - die ganzen oder halben Hähnchen (8,50/4,50 Euro), die Peter Gottinger jeden Tag (außer mittwochs) zwischen 9 und 16 Uhr anbietet und die ohne oder mit Beilage (Pommes frites oder Kartoffelsalat für je 1,50 Euro) bestellt werden können.

Der humorvolle Hähnchenbrater vom Eroski-Markt vermutet seine kreativen Fähigkeiten im kulinarischen Bereich denn auch als Hauptursache für den Erfolg: „Ich habe mir nämlich eine eigene geheime österreichische Gewürzmischung ausgedacht."