Es ist jedes Mal spannend, die Pakete zu öffnen, die mit dem Flieger vom Blumengroßmarkt aus Barcelona auf die Insel kommen. „Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich die Blüten nur auf dem Bildschirm gesehen, beim Auspacken fühle ich mich wie ein Kind beim Öffnen der Drei-Königs-Geschenke", sagt Joana Maria Cerdà (38) aus Sencelles.

Für den Valentinstag (14.?2.) am kommenden Dienstag hat sie eine bunte Farbpalette geordert. Wie schon in der Woche zuvor ließ sie sich hierbei von der Lust auf Frühling inspirieren. Für das Foto holt sie die nach Sorten gebundenen und in frischen Farben leuch­tenden Schnittblumen aus dem Schrank, in dem sie gekühlt aufbewahrt werden, und arrangiert auf dem Marmortisch im Freien Tulpen in Gelb und Pink sowie Anemonen, Mimosen, Gerbera und Inkalilien.

Cerdà eröffnete die winzige floristería 2015 in einem alten Dorfhaus und gab ihr den Namen ihrer verstorbenen Mutter „Tinon". Das Firmenlogo „Tinons" ist mit Hand auf ihre naturfarbene Leinenschürze gestickt. Floristin zu sein, ist für die sencellera ein neuer Beruf, zu dem sie sich entschloss, als sie in der Wirtschaftskrise ihren Job beim Tourismusministerium verlor. Danach kümmerte sie sich erst einmal um ihre Familie, die Tochter ist heute elf, der Sohn neun Jahre alt. Als die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, lernte Cerdà mit Nachdruck Englisch und überlegte sich, was ihr in Zukunft wirklich Spaß machen könnte. Und entschied sich für die Ausbildung „Formación Profesional de Floristería" auf Mallorca.

Das war nur ein Anfang. „Bei der Gestaltung der Sträuße ging man dort sehr statisch und traditionell vor", berichtet die Mallorquinerin. Die Ausbilder hätten Modeeinflüssen und Trends wenig Beachtung geschenkt. Etwas kreativer wäre es dann bei der Escola d´Art Floral Catalana zugegangen, die auf der Insel Kurse gibt. Am meisten beeinflussten sie jedoch die Workshops der britischen Floristin Sally Hambleton, an denen sie in Madrid teilnahm. „Sie ist mein Vorbild, meine Muse", sagt sie.

So ist auch das Design der Glückwunschkarten, die sie zu den Schnittblumen verkauft very British. Für die Sankt-Valentins-Sträuße hält sie schlichte Herzen aus Perlmutt und Holz bereit oder einfache Karten, auf die ihre Tochter ein corazón gemalt hat.

Häufig sind zum Valentinstag rote Rosen gefragt. „Ich finde das ziemlich langweilig", sagt Cerdà. Sie lockert das knallige Rot mit Eukalyptuszweigen auf, die wie Kaskaden nach unten hängen oder aber mit Blüten in Orange oder Blau, die das Rot unterbrechen, ohne jedoch den Rosen als Protagonisten die Schau zu stehlen.

Meistens fragen Männer nach roten Rosen. „Wenn sie eigens ein Blumengeschäft betreten, um für ihre Freundinnen oder Frauen einen Strauß zu kaufen, geht mir das jedes Mal richtig ans Herz", sagt Cerdà. Sie fände das derart rührend, dass sie sich dann besonders Mühe gibt, egal ob der Strauß 15 oder 50 Euro kosten soll.

Die Floristin kann in Sencelles auf Kunden zählen, die das ganze Jahr über jede Woche Schnittblumen bei ihr aussuchen. Auf Sankt Valentin bereitet sie sich nicht eigens vor, nur die Bestellung in Barcelona fällt umfangreicher aus und sie bindet mehr Sträuße als im übrigen Jahr. Gestaltet werden sie wie immer: bunt, wild und ohne einen Hauch von Kitsch.

Die vom spanischen Festland gelieferten Blumen ergänzt die Floristin mit Pflanzen von der Finca ihres Vaters. Jede Woche holt sie dort Oliven-, Johannisbrot-, Zi­trus- und Mandelzweige. Mit Moos bedeckt sie die Knollen von Hyazinthen, die in erdfarbenen Tontöpfen wurzeln.

Diese sind sorgfältig ausgewählt, ebenfalls die Vasen und Krüge, bei denen es sich um Fundstücke aus Antiquitätengeschäften handelt. Cerdà hat auch die insel­typischen Körbe, die im Auftrag der floristería im Inselosten geflochten werden. Eher rustikal wirken dagegen Gestecke, die in simplen Holzkisten arrangiert sind. All diese schönen Dinge kamen schnell den Hochzeitsplanern zu Ohren und mittlerweile helfen zwei Freundinnen aus dem Dorf bei großer Aufträgen mit.

Da kann man sich der Frage nicht erwehren, ob Sencelles für so viel florales Design vielleicht etwas zu klein ist. Cerdà antwortet darauf: „Ich bin gern hier und liebe die Menschen hier." Noch fehle es ihr an Ausbildung, die Glasgow Flower School steht noch auf dem Programm. „Palma könnte der bessere Ort für ein Geschäft wie dieses sein, doch das in Sencelles werde ich niemals schließen."