Nein, die Kelly Family würden sie nicht kennen. Wer solle das denn sein? Emmanuel Bleuse und seine Frau Miriam schauen interessiert. Na, das war diese Großfamilie mit irischen Wurzeln, in der alle Kinder Musik gespielt haben. Erst als Straßenmusiker, später haben sie ganze Hallen mit ihren Auftritten gefüllt. War vielleicht auch mehr so ein deutsches Ding ?

Dass Miriam und Emmanuel die Kelly Family nicht kennen, mag damit zusammenhängen, dass sie Franzosen sind und nur vier Jahre in Deutschland gelebt haben. Wie bei den neun Kelly-Kindern spielt auch bei den sechs Bleuse-Sprösslingen Musik eine herausragende Rolle. Allerdings hören damit die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Miriam und Emmanuel sind studierte Musiker, er ist Solo-Cellist bei den Balearen-Sinfonikern, unterrichtet an der Musikhochschule von Palma. Sie hat Klavier studiert, gibt heute Kammermusik-Konzerte.

Beginn einer Liebesgeschichte

Kennengelernt haben sie sich in den USA, Indiana, wo sie an der Bloomington-Universität ein Stipendium hatten. „Wir haben zusammen musiziert und uns verliebt", sagt Miriam. 2001 sind sie nach Deutschland gezogen, er hatte ein vielversprechendes Engagement in Halle an der Saale bei einem Orchester angenommen, sie studierte an der Universität der Freien Künste in Berlin weiter Klavier. 2004, nach ihrer Hochzeit und der Geburt ihres ersten Sohnes Gabriel, sind sie nach Mallorca gezogen. Heute sind sie zu acht.

Olivia, die Kleinste, ist zwei Jahre alt und beschränkt sich größtenteils noch aufs Zuhören. Aber auch sie schnappt sich schon mal die Schlagstöcke der Trommel und weiß genau, wo sie damit hinhauen muss. Alicia mit dem roten Jäckchen ist vier Jahre alt, eine angehende Ballerina und dreht Pirouette um Pirouette im Garten.

Die Band der Brüder

Bruder Noam (6) setzt sich bei unserem Besuch spontan an den Flügel. Raphaël (9) hat sich für das besonders übungsintensive Spielen der Geige entschieden. Liam (12) ist der Bassgitarrenspieler in der Familie, setzt sich aber auch gerne ans Schlagzeug oder Klavier. Gabriel (14) spielt Cello, E-Gitarre, singt und schreibt Songs für die Band der Brüder: Volvox Brothers. Warum Volvox? „Den Namen habe ich im Biologie-Unterricht gehört, ­Volvox ist ein Mikroorganismus, und ich fand den Namen dynamisch", sagt Gabriel. Sein großes Vorbild ist Kurt Cobain. „Er hat den Rock verändert", sagt er. Das wolle er eines Tages auch mit seinen Songs erreichen.

Zur Musik gekommen ist Gabriel, weil er Papas Aufmerksamkeit wollte. „Schon als Baby wollte er immer auf Emmanuels Schoß sitzen, wenn der Cello üben musste", sagt Miriam. Zuerst bekam Gabriel einen Cellobogen zum Spielen, später, als er fünf Jahre alt war, folgte das Instrument. „Ein gutes Alter, um mit Musik anzufangen, ist zwischen sechs und acht Jahren", sagt Miriam. Sonst sei es zu schwierig und noch zu früh, Kinder regelmäßig zum Üben zu ermuntern. Denn das gehöre nun einmal dazu, eine Stunde täglich müsse es schon sein, wenn man wirklich etwas lernen wolle.Musik ist gut fürs Gehirn

Doch es lohne sich auch. „Musik ist gut für das Gehirn", sagt Emmanuel. Das hätten viele Studien bewiesen. Kinder würden ganz nebenbei lernen, „dass man gut zuhören muss, um alle Nuancen mitzubekommen. Und das Zusammenspielen in der Gruppe lehrt, dass man sich auch einmal zurücknehmen muss", so Emmanuel. Wichtig sei allerdings, einen Ausgleich zum konzentrierten Spiel mit der Musik zu schaffen, wie zum Beispiel durch Sport oder sei es nur Toben im Garten. „Man darf Kinder nicht zu sehr unter Druck setzen", sagt der Vater.

Er selbst habe sogenannte Wunderkinder erlebt, die mit acht Jahren ganze Geigenkonzerte spielen konnten, aber mit 16 Jahren völlig ausgebrannt waren. Eltern, die ihre Kinder für Musik begeistern möchten, rät er, Konzerte zu besuchen. Es gebe regelmäßig Konzerte für Familien, die seien oft kostenlos. Kürzlich haben auch die Volvox Brothers in Valldemossa so ein Konzert gegeben: Die Qualität war atemberaubend.Etwas fehlt

Wenn sich ihre Kinder eines Tages gegen eine Musikkarriere entscheiden würden, wären die Eltern nicht traurig. „Ich könnte mir vorstellen, Architekt zu werden", sagt Liam. Sicher würde man aber immer zusammen musizieren.

Was ihnen noch fehlen würde, wäre allerdings jemand, der ein Blasinstrument spiele. „Querflöte wäre toll", sagt Miriam. Schwingt da ein erneuter Kinderwunsch mit? „Nein, mehr eigene Kinder nicht", sagt Miriam. Aber es gäbe ja noch Enkelkinder ?