Kopfbedeckungen können eine zauberhafte Sache sein. In den 70er-Jahren brauchte Märchenfigur Pan Tau in der deutsch-tschechoslowakischen TV-Produktion nur an seine Melone klopfen, schon verwandelte er sich in eine kleine Puppe. In dem Film „Over the Top" musste Schauspieler Silvester Stallone den Schirm seines Caps nach hinten ziehen, schon besiegte er jeden Gegner beim Armdrücken. Markus Becker hat einen ähnlichen Trick drauf. Setzt er seinen roten Hut auf, kommen seine Fans und wollen ein Selfie.

Die MZ trifft die Stars vom Ballermann. Diesmal trinken wir einen Milchkaffee mit dem Sänger von „Das rote Pferd", einer der erfolgreichsten Ballermann-Hits aller Zeiten. 2008 erreichte er Platz vier in den Media-Control-Charts, bis 2010 wurde der Song 150.000-mal in Deutschland verkauft.

„Damals konnte man am Ballermann noch Hits machen", sagt Becker. Heute sei das kaum noch möglich. „Die Musikindustrie hat sich fast komplett zurückgezogen." CDs würden sich nicht mehr verkaufen, auch Fernsehshows wie die „Ballermann-Hit-Sendung" von RTL2 hat man eingestellt. „Heute leben die Künstler alleine von den Live-Auftritten."

Mit seinen 46 Jahren sei er einer der dienstältesten Künstler im Megapark. Abgesehen von Jürgen Drews (72) und Mickie Krause (46). „Aber die sind ja auch schon als Berühmtheiten auf die Insel gekommen", so Becker. Als er im Jahr 2000 zum ersten Mal die Insel besuchte, hatte er im heimischen Annweiler am Trifels (Rheinland-Pfalz) noch ein CD-Geschäft.Anzeigen lesen

In einer Musikzeitschrift hatte er Ende der 90er-Jahre auf eine Anzeige der Plattenfirma Discovery Music geantwortet, die versprach: Für 500 DM machen wir Ihren Song zum Mallorca-Hit. „Von da an habe ich die genervt", sagt Becker. Doch um auf der Insel erfolgreich zu werden, habe er erst einmal andere Aufnahmen verteilen müssen. „Discovery Music hat meine Unterkunft gestellt und mich für jede CD, die mir ein DJ abnahm, bezahlt, davon konnte man leben."

Auch seinen eigenen Song „Wie auf Wolken" versuchte er an den Mann zu bringen. Seinen ersten Live-Auftritt hatte er in einem Bierlokal in der Schinkenstraße. „Ich stand sowieso gerade auf einem Stuhl, plötzlich hatte ich ein Mikro in der Hand." Er kam gut an, am 6. Juni 2003 sang er sich damit bis in den Megapark und wurde dort unter Vertrag genommen. Mickie Krause schrieb für ihn 2004 das Lied „Das Glück liegt auf der Straße", mit Willi Herren sang er 2005 „Ich glaub es geht schon wieder los".

Ärger am Ballermann

Das sei auch die Zeit gewesen, als es viel Ärger am Ballermann wegen des Lärms gegeben habe, die Live-Auftritte wurden eingeschränkt. „Da habe ich irgendwo gelesen, Bulgarien sei der neue Ballermann, und bin hingeflogen", sagt Becker. Er sprach mit den DJs, trat auf, holte mehr Künstler an den Goldstrand. „Jürgen Drews hat mich den König vom Goldstrand genannt", sagt Becker nicht ohne Stolz.

Doch natürlich sei die Szene in Bulgarien kleiner, „im Vergleich dazu ist der Ballermann der Olymp", so Becker. So pendelte er hin und her, bis 2007 ein DJ aus dem „Oberbayern" zu ihm kam und meinte, er habe einen Song für ihn: „Das rote Pferd". „Das habe ich aufgenommen, aber nicht gesungen, weil ich Angst hatte, dass mich die Leute auslachen", sagt er. Auf einer kleinen Hochzeitsfeier in Deutschland probierte er ihn doch aus. „Ich musste das Lied fünf Mal hintereinander singen. Es hatte geknallt."

So kam er zum roten Hut

Dann kam ihm auch der rote Hut zugeflogen. „Bei einer Feier in Santa Ponça hatten die Tänzerinnen vom Riu Palace alle rote Hüte, jemand setzte mir einen auf den Kopf, und ich trat damit auf", sagt Becker. Anfangs habe er sich noch Sorgen gemacht, dass man ihn mit Hut nicht erkennen würde, schließlich habe er schon viele Fernsehauftritte gehabt. „Heute setze ich ihn mir manchmal schon beim Rasieren auf, denn ohne Hut zur Show zu kommen, wäre eine Katastrophe", sagt Becker und lacht.

Als das rote Pferd auch seinen roten Hut bekommen hatte, passierte etwas Merkwürdiges. „Immer häufiger kamen Eltern mit ihren ­Kindern zu mir und wollten ein Autogramm." 2008 brachte er den Song „Hörst du die Regenwürmer husten" heraus, es folgte 2009 „Die bunte Kuh". „Alles Kinderlieder, die auch am Ballermann gut funktionieren." Mit dem Unterschied, dass sich CDs mit Kinderliedern in Deutschland noch verkauften. Becker ließ Doppeldeutigkeiten wie bei „Düdeldü" („Sie trägt nen Minirock, vielleicht hat sie ja Bock") aus seinen Songs raus, trat bei Carmen Nebel und im „Fernsehgarten" auf.

Endlich massenkompatibel

„Ich wurde massenkompatibel", freut er sich. In Deutschland und Österreich trat er auf immer mehr Kinderfesten auf, bei einem Fest am Bostalsee waren es 15.000 Zuschauer. „Kinder sehen mich mit ganz anderen Augen, sie vergleichen die Songs nicht, entweder gefällt ihnen ein Lied oder eben nicht." Und es gehe ans Herz, wenn die Kleinen beim Lied „Tschu Tschu Wa" alle mittanzen. Am 7. April hat er das Album „King of Kidsclub" herausgebracht, 14 Kinderlieder, auch „Das rote Pferd" ist dabei. „Viele Kinder verkleiden sich, kommen mit roten Hüten und rot-weiß karierten Hemden, wie ich sie trage."

Dreimal die Woche tritt er noch im Megapark auf, rund 200 Auftritte hat er im Jahr in Deutschland oder Österreich, 14 Mal war er allein in diesem Jahr schon in Bulgarien. Den Rest der Zeit verbringt er mit seiner Familie in Landau in der Pfalz, seinen Zweitwohnsitz hat er in Porto Cristo.

Tschüss, Biene Maja

Er ist immer noch gern auf Mallorca, oft verbringt die Familie ihre Urlaube hier. Und auch wenn rein musikalisch gesehen die große Zeit am Ballermann vorbei sei. Becker will auch hier als Star für Kinder durchstarten. „Als Nächstes gehen wir in die Hotels", sagt er. „Eine Mutter hat zu mir gesagt, ich habe bei ihr zu Hause die Biene Maja abgelöst", sagt er. Hut ab!

Hier geht es zu den Vorstellungen von:

Mia Julia

Isi Glück

Melanie Müller