So lässt es sich aushalten: Die Sonne scheint, die Luft ist klar, und Hannes Jaenicke ist in Bestform. Eingeflogen für nur einen Tag sitzt der inzwischen 57-jährige, in Pittsburgh aufgewachsene Charakterdarsteller neben anderen Schauspielern am Kopfende eines mit Getränken gedeckten Tisches im Garten einer adretten Finca in der Nähe des Dorfes Cas Concos. Es ist ruhig hier, nur mit viel Glück hat man mit seinem Handy Empfang zur Außenwelt.

Am Montag, dem 4. Dezember, dreht Autor und Regisseur Sebastian Goder die 67. und letzte Szene seines komplett privat finanzierten Low-Budget-Spielfilms „Die Liebe Deines Lebens". Er tut dies ein ums andere Mal aus verschiedenen Winkeln, die Mitwirkenden sind konzentriert, aber gelassen. Goder ist sichtlich glücklich, dass heute alles so gut klappt: dass ­Jaenicke aufgeschlagen ist, dass die Technik nicht schlappmacht und dass vor allem das Wetter mitspielt - mit einem Licht, das eine ganz eigene Traum-Atmosphäre schafft. Die Tisch-Szene ist das Happy End, es wird ausgelassen gelacht, getrunken und philosophiert. Der Film wird nach der Uraufführung am 12. April im Mathä­ser-Filmpalast in München weder im Fernsehen noch im Kino zu sehen sein, sondern als DVD vertrieben.

„Ich spiele einen Schauspieler-Agenten und absolviere hier einen Gastauftritt am Ende", sagt Hannes Jaenicke, der im Jahr 2011 für den TV-Mehrteiler „Hindenburg" den deutschen Fernsehpreis erhielt, in einer Drehpause. „Ich bin so einer wie Charlie bei den 'Drei Engeln für Charlie', eine ­Figur, die wichtig ist, aber nur am Rande auftaucht." Der seit Jahrzehnten viel beschäftigte Jaenicke ist für einen halben Tag aus Amsterdam eingeflogen, wo er gerade „im Regen", wie er sagt, bis Februar einen anderen Film dreht. Der seit den 80er-Jahren vor allem aus Krimis wie „Tatort" oder „Schimanski" bekannte Star mit der eindringlichen Stimme und den markanten Gesichtszügen freut sich sichtlich, endlich mal die Sonne zu sehen. Mit Mallorca ist er wenig vertraut. „2004 und 2005 war ich zuletzt hier, ich kenne Esther Schweins und Sonja Kirchberger, die hier ja wohnen, gut." Sebastian Goder ist Jaenickes Freund, und gern unterstützt er dessen Projekte, die so ganz anders sind, als das, was man normalerweise auf der Mattscheibe sieht.

„Es handelt sich um einen fiktionalen Special-Interest-Film, aus dem jeder Zuschauer etwas für sein Leben mitnehmen kann", sagt der 53-jährige Goder. Es geht um Menschen, die Schicksalsschläge erleiden und egozentrisch, wie sie sind, in Fettnäpfchen treten. Wenn im Film alles eskaliert, einer der Charaktere einen epileptischen Anfall erleidet und jemand fast ertrinkt, „wachen" die Protagonisten auf und lernen das Leben weniger narzisstisch und mit mehr Selbstachtung zu schätzen.

Der zeitweise in Portitxol lebende Goder, der weiter vor allem in TV-Produktionen wie „Hubert und Staller" auftaucht, hatte seinen ersten „Crossover-Film" („Der Film Deines Lebens") zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der Produzentin Susanne Bähre, bereits im Jahr 2010 gedreht. „Es bildete sich schnell eine treue Fangemeinde, der wir jetzt eine Fortsetzung bieten", sagt er. „Vier Jahre hat es gedauert, bis wir das Geld dank privater Investoren und Crowdfunding zusammenhatten". Goder finanziert das Projekt auch mit sogenanntem Product Placement. In dem Film werden zum Beispiel Naturkosmetik-Produkte der Firma Primavera gezeigt.

Der Filmemacher stemmt die gesamte Produktion mit lediglich 25 Leuten. Einige Crewmitglieder nächtigen in der angemieteten Finca, andere im nahe gelegenen Hotel Son Vent. Um im Garten alles schön frisch und bunt aussehen zu lassen, ließ Goder unechte Bougainvillea-Blumen in Sträuchern platzieren.

„Ich finde das ein spannendes Projekt", sagt Hannes Jaenicke. Was Lara Joy Körner, eine weitere namhafte Mit-Darstellerin, genauso sieht. „Das ist eine Kur für mich nach einem anstrengenden Jahr mit viel Arbeit", sagt die 39-jährige Tochter der deutschen Schauspielerin Diana Körner. Sie ist aus Fernseh-Produktionen wie „Soko Stuttgart", „Das Traum­hotel" oder „Der Arzt vom Wörthersee" bekannt.

Körner ist anders als Hannes Jaenicke eine ausgesprochene Mallorca-Kennerin. „Ich bin oft hier, wenn es leer ist und das Licht so mexikanisch wirkt." Auch sie ist derzeit sehr gut beschäftigt und freut sich deshalb doppelt auf Weihnachten im Kreise ihrer Familie. Danach geht es mit der Arbeit aber intensiv weiter: „Meine nächsten Filme sind 'Soko Wismar', 'Soko München' und 'Der Bergretter'."

Schauspieler Michael von Au ist ebenfalls in Goders Film mit von der Partie. Der 53-jährige Mime, der aus hochintellektuellen Botho-Strauß- oder Tankred-Dorst-Theaterstücken bekannt ist, aber auch in TV-Filmen der weicheren Art wie „Scheidung mit Hindernissen" oder „Das Traumschiff" dabei war, wohnt zeitweise in der Briten-Exklave Deià und ist seit 1984 Mallorca-Narr. „Dennoch ist es mein erster Dreh auf der Insel", sagt er, schaut in die Ferne und wundert sich ein bisschen selbst darüber. Von Au schlug ein lukrativeres Angebot für 20 Drehtage aus, um in der „­Liebe Deines Lebens" mitzumachen zu können. Nach dem ­Insel-Dreh tritt er im Schlosspark-Thea­ter in Berlin auf.

Unterbrochen von weiteren Drehpausen gehen die Arbeiten im Finca-Garten locker weiter, wozu auch herumtollende Kinder beitragen. Verglichen mit anderen Ortsterminen dieser Art ist die Atmosphäre hier im Insel-Off geradezu familiär. Was vor allem Sebastian Goder zu verdanken ist: Er, der auch Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung anbietet, versteht es durch seine ruhige Art virtuos, die Mitwirkenden zu motivieren. Fast schade, als das Handy nach Verlassen des Dreh­ortes wieder auf Empfang schaltet.