Früher gingen Flirtshows so: Drei Männer saßen jeweils auf einem Hocker, beantworteten die Fragen einer Single-Frau, während sich Moderator Rudi Carrell und später seine Nachfolger ins Fäustchen lachten. Sehen konnten sich die Kandidaten nicht. Am Ende wurde der lustigste von der Single-Frau ausgewählt und es hieß: „Das ist Ihr Herzblatt!" In den USA lief das ganze unter dem Namen „The Dating Game".

Heute lässt sich die derzeit erfolgreichste Flirtshow der Welt nicht so einfach erklären. Sie nennt sich „Love Island" und spielt auf Mallorca in einer mit Kameras gespickten Luxus-Finca, in die elf Kandidaten einziehen. Erfunden hat das Hasch-Mich-Ich-Bin-Fast-Nackig-Gebuhle die britische Produktionsfirma ITV Entertainment.

Seit dem Debüt im Jahr 2015 steigen die Zuschauerzahlen im Vereinigten Königreich unaufhörlich. Beim Finale der jüngsten Staffel waren es im Juni 3,6 Millionen. Mehr als die Hälfte der Zuschauer ist zwischen 16 bis 34 Jahre alt. „Es ist ein kulturelles Phänomen, jede Folge weckt Erwartungen und lässt die Zuschauer wieder einschalten. Das ist in der heutigen TV-Landschaft schwer zu erreichen", sagt ein ITV-Verantwortlicher in einem Interview mit der „New York Times".

ITV Entertainment produziert das Erfolgsformat mittlerweile auch für andere Länder. Deutschland ist schon seit 2017 dabei: RTL II lässt gerade die zweite Staffel bei Canyamel (Gemeinde Capdepera) drehen, los geht es am Montag (10.9., ab 20.15 Uhr). „Wir haben beim Casting auf ein ansprechendes Äußeres geachtet, die Kandidaten sollten gut in Form sein und wir gucken schon danach, wer mit wem zusammenpassen könnte", sagt eine Sprecherin von RTL II der MZ.

Sechs Männer buhlen um die Gunst von fünf Frauen und umgekehrt. Wer es nicht schafft, einen Partner für sich zu gewinnen, fliegt raus. Dass ist für viele so unterhaltsam, dass jetzt auch ein Fernsehgigant auf den Zug aufgesprungen ist: Der Sender CBS hat sich die Rechte für die USA gesichert. „Love Island ist mehr als eine Pop-Sensation", sagte Sharon Vuong, CBS-Vizepräsidentin. Über die Show seien schon etliche soziologische Analysen veröffentlicht worden. Dabei geht es eigentlich nur um die Fragen: Welches Deckelchen passt auf welches Töpfchen und welches Paar nimmt am Ende 50.000 Euro mit nach Hause?

Ab Montag (10.9.) lässt sich das auch wieder bei RTL II verfolgen. Da es auf Mallorca bekanntlich warm ist, spielen Klamotten eher eine Nebenrolle. Es werden meist sinnlose Spiele gespielt, mit einer App auf dem Handy können die Zuschauer Kandidaten rauswählen, neue kommen hinein, Tränen und andere Körperflüssigkeiten fließen. In der ersten Staffel, die laut „Quotenmeter" bei den Einschaltquoten hinter den RTL-Erwartungen zurückblieb, aber online und auf Abruf ein großer Erfolg war, sagte eine Kandidatin, während die Machos am Pool Gewichte stemmten: „Wenn ich so ein Gewicht hochheben würde, würden meine Implantate platzen."

„Love Island" hat ungefähr so viel Tiefgang wie die Dating-App „Tinder" und ist vielleicht genau darum so erfolgreich.