Anfang der 70er-Jahre traf der junge Radio-Disc­jockey Gunter Hildebrandt aus Wermelskirchen bei Leverkusen den legendären Sänger Johnny Cash hinter der Bühne in der Sporthalle Köln. „Da war er noch nicht der'Man in Black', er trug ein hellblaues Hemd", sagt Hildebrandt der MZ am Telefon. Doch seit der Begegnung schlägt Hildebrandts Herz nur noch für eine Musik.

Wer ein Country-Fan in Deutschland ist, der kennt Ihre Stimme.

Ja, der kennt mich. Man kann mich ja auch auf zwölf verschiedenen Radiostationen hören.

Da sind Sie aber viel unterwegs ...

Nein, ich kann das alles von zu Hause aus machen, das Internet befähigt einen dazu. Ich klinke mich in die einzelnen Radiostationen ein und dann läuft das.

Die Sender spielen aber nicht alle Country?

Die spielen überwiegend Schlager und Popmusik, da bin ich eher ein Exot. Country kommt bei den Schlagerleuten aber gut an, das belegen die Hörerzahlen.

Wie groß ist denn die Szene noch?

Die ist verhältnismäßig klein geworden und gerade in den letzten Jahren stark geschrumpft. Grund ist, dass die großen Festivals weggebrochen sind, weil die Sponsoren nicht mehr dabei sind. Die Gagen der Bands und Interpreten sind so gestiegen, dass sich das nicht mehr gerechnet hat. Die Veranstalter haben versucht, die gestiegenen Kosten auf den Eintritt umzulegen. Dann brach ein Festival nach dem anderen weg. Jetzt gibt es nur noch vier, die sich gehalten haben. Aber die große Szene gibt es nicht mehr. Im Augenblick kocht hier jeder Club und Verein sein eigenes Süppchen.

Trotzdem planen Sie auf Mallorca ein Country-Weekend. Wie kam es zu der Idee?

Die Idee reift schon über viele Jahre. Immer wieder, wenn ich auf Mallorca unterwegs war, kam das Gespräch auf die Country-Musik, und es stellte sich heraus, dass viele Interpreten aus Deutschland auf die Insel kommen, um hier klein-klein ihre Auftritte zu machen. Warum das nicht einmal bündeln? Über die Sängerin Elke Brooks sind wir dann mit Gunnar Reinicke von der Finca Son Pou zusammengekommen. So ist das dann gewachsen, und wir haben gesagt: „Jetzt versuchen wir es." In Deutschland haben wir einen Facebook-Aufruf an die Fans von Elke Brooks gestartet, da haben sich über 70 Leute für das Wochenende angemeldet. Das ist doch schon eine ganze Menge. Jetzt sind wir gespannt, wie viele von den Mallorquinern noch kommen.

Was passiert denn auf dem Country-Weekend?

Wir haben jemanden gefunden, der einen Line-Dance-Workshop macht. Der Hauptakt ist Louisiana on Tour aus dem Rhein-Main-Gebiet. Es gibt natürlich ganz viel Musik von Live-Künstlern, wir haben eine Elvis-Show von einem sehr schwer behinderten Interpreten, der Elvis nicht nachmacht, sondern auf seine Art die Titel vorträgt - Rock 'n' Roll ist ja artverwandt und gehört im größeren Sinne zur Familie der Country-Musik. Und abends gibt es ein BBQ.

In Deutschland wurde Country wieder recht populär, als Johnny Cash 1994 anfing, Alben bei American Records herauszugeben.

Richtig. Die Country-Szene gibt es in Deutschland schon seit Ende der 50er-Jahre, das steigerte sich dann in den 70er-Jahren auch mit Johnny Cashs Erfolg in den USA. Die 80er- und 90er-Jahre waren die große Zeit des Countrys, da bin ich noch kreuz und quer durch Deutschland zu den ganzen Festivals gefahren.

Der bekannteste Name im Zusammenhang mit deutschem Country ist Truck Stop. Die gibt es auch schon seit 1973, sie sind heute noch aktiv.

Ja, sehr aktiv sogar. Die haben immer noch viele Auftritte, vielleicht nicht mehr ganz so viele, wie zu den Glanzzeiten, aber die haben noch kräftig zu tun, und 2017 kam ein neues Album heraus.

Hat man als deutscher Country-Fan einen ganz besonderen Blick auf Amerika? Ist Nashville immer noch eine Art Pilgerort?

Nashville ist nur noch Nepp, speziell bei den Country Music Awards. Da wird man so richtig abgezogen. Mir haben die Leute immer geraten, dass man nach Nashville fahren sollte, wenn da nichts los ist. Im nächsten Jahr möchte ich eine Tour nach Nashville, Hendersonville, Memphis und Las Vegas machen. Ich will noch einmal Las Vegas sehen. Aber vorher geht es ja nach Mallorca.

Das Country-Weekend findet vom 14.9. bis zum 16.9. auf der Finca Son Pou in Son Mesquida bei Felanitx statt (Seguna Volta, 77; Anfahrtsbeschreibung unter Felanitxwww.finca-hotel-sonpou-felanitx.com