Man kennt das doch, war man ein paar Wochen nicht beim Friseur, tut ein neuer Haarschnitt irgendwie gut. Wenn aber zwischen dem letzten Schnitt mehrere Monate bis Jahre liegen, weil der Besuch aus finanziellen Gründen einhergehend mit persönlichen Problemen nicht möglich war, kann ein einfacher Haarschnitt einem gestrauchelten Menschen ein Stück Würde wiedergeben. Dafür wollen die sogenannten „Barber Angels" sorgen. Und zwar gratis.

Der Verein, bei dem mehr als 40 Friseure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mitmachen, zieht am Samstag (22.9.) in die Räume von SOS Mamás Baleares im Stadtteil Son Gotleu (Carrer de Tomàs Rullàn, 65) ein, um von 12 bis 17 Uhr Haare zu schneiden und Bärte zu stutzen. Markus Schmitt, der seit Beginn des Jahres 2018 fest auf Mallorca lebt und den Salon „Cut for cut" in Cala Millor betreibt, ist einer dieser Engel. „Nicht selten stehen den Menschen die Tränen in den Augen, wenn sie sich nach dem Haareschneiden im Spiegel sehen", sagt er. „Viele betreten in geduckter Haltung den Ort, an dem wir ihnen die Haare schneiden, und verlassen ihn aufrecht wieder." Da einige der Besucher schon seit zehn Jahren nicht mehr beim Friseur waren, verwenden die Barber Angels Hauben mit einer speziellen Lösungsflüssigkeit, die auf den Kopf gesetzt werden. „Es ist zwar nicht genau so, als ob die Haare am Waschbecken gewaschen werden, sie werden dadurch desinfiziert und sind leichter kämmbar."

Die Haarspezialisten schneiden nicht nur Haare, sondern haben während dem Frisieren auch ein offenes Ohr für die Bedürftigen. Dafür seien die mittellosen Menschen sehr dankbar.

Den Verein aus Ulm gibt es seit 2016, mehr als 100 Mal habe man schon in ähnlichen Aktionen geholfen. Der Termin auf Mallorca ist quasi Premiere. Im Juni fand die Aktion testweise im kleinen Rahmen bereits einen Tag lang auf der Insel statt. Für Samstag (22.9.) erwarten die Verantwortlichen etwa 800 Bedürftige. Künftig sollen die Charity-Aktionen dann auch auf Mallorca regelmäßig angeboten werden.

Dass die „Barber Angels" in ihrer Lederkluft an eine Bruderschaft erinnern, sei beabsichtigt. So würde man sich als Gruppe identifizieren und bei den Obdachlosen Berührungsängste abbauen. „Wir sehen aus wie Rocker von der Straße, sind natürlich alle nett." Die Frauen würden dazu nur ein dezentes Make-up tragen.

Viele hiesige Unternehmen und Vereinigungen unterstützen die Aktion. So stellt der Harley-Davidson-Händler Palma einige Maschinen vor die Tür. Und um die Mischung perfekt zu machen, wird am Abend Flamenco gespielt. /sw