Sieht man mal von der Tradition der deutschsprachigen Weihnachtsvesper in der Kathedrale ab, gibt es nur wenige Konstanten in der 50-jährigen Geschichte der deutschsprachigen katholischen Gemeinde auf Mallorca. Die aus Deutschland entsandten Pfarrer wechselten alle paar Jahre, auch viele Residenten, die Urlauber ohnehin. Und auch das Zuhause der Pfarrei blieb nicht am selben Fleck. Nur ein Name taucht immer wieder auf, in allen fünf Jahrzehnten: Monsignore Joan Bestard, Domkapitular, verantwortlich für die Tourismus­seelsorge und so etwas wie die Brücke zwischen den deutschsprachigen Gläubigen und der mallorquinischen Amtskirche.

„Ich habe sie alle gekannt", sagt der 78-Jährige und zeigt auf die Fotos der bisherigen Pfarrer, die auf der Einladung zum Festakt zum Jubiläum an diesem Sonntag (18.11., siehe Kasten) abgebildet sind. Sieben Geistliche umfasst die „Ahnengalerie", eingerechnet der jetzige Pfarrer Andreas Falow. Eine „große Freundschaft" verbinde ihn mit allen Amtsträgern. Sie alle wandten sich immer wieder an ihn, mit kleinen wie großen Anliegen - sei es wegen behördlichen Fragen bei geplanten Hochzeiten, Lizenzen bei Bauvorhaben oder im Vorfeld des Antrittsbesuchs beim Bischof. War der deutsche Pfarrer verhindert oder im Urlaub, sprang Bestard mit seinen exzellenten Deutsch-Kenntnissen am Altar ein. Und auch bei Feierlichkeiten und liturgischen Festen darf der Mallorquiner nicht fehlen.

Besonders gut kann sich Bestard an Heinrich Hollemann erinnern, der Ende 1968 als erster offizieller Mallorca-Pfarrer seinen Dienst angetreten hatte. Die beiden lernten sich 1974 kennen, „ich sollte helfen, weil ein deutsches Gemeindezentrum gegründet werden sollte." Was bislang eine einfache, von einer deutschen Familie betriebene Pension an der Playa de Palma war, wurde gekauft und im Auftrag der deutschen Bischofskonferenz zum Gemeindezentrum inklusive Kapelle, Bibliothek und Clubräume um- und ausgebaut.

Bestard erinnert sich an den inzwischen verstorbenen Hollemann als einen zupackenden, offenen und charismatischen Seelsorger, der im wörtlichen wie übertragenen Sinn das Fundament der deutschsprachigen katholischen Pfarrei auf Mallorca legen sollte. Das Zentrum wurde schließlich im Februar 1977 in Anwesenheit von Bischof Teodoro Ubeda eingeweiht, und Bestard kann sich an ein besonders aktives, geselliges Gemeindeleben unter Pfarrer Hollemann erinnern. „Es gab damals viele Treffen und Feiern in der Straße Costa Brava." Auch die Zusammenarbeit mit den Brüdern des benachbarten Franziskaner-Konvents La Porciúncula sei intensiv gewesen.

In diese großen Fußstapfen trat ab dem Jahr 1981 Theobald Schmid. „Er sprach hervorragend Spanisch", erinnert sich Domkapitular Bestard: Bevor der gebürtige Schwabe nach Mallorca kam und hier 17 Jahre blieb - es ist die längste Amtszeit aller deutschen Mallorca-Pfarrer -, hatte er mehr als zwei Jahrzehnte in Venezuela und Kolumbien gewirkt. Dorthin war er bereits nach seiner Priesterweihe in den 50er-Jahren als Missionar und Seelsorger entsandt worden.

Als weiteren Vollblut-Seelsorger hat ­Bestard Monsignore Robert Kramer in Erinnerung, der 2001 nach der nur dreijährigen Amtszeit von Niklas Bosshard seinen Dienst im Gemeindehaus Sankt Michael antrat. Und auch wenn die offizielle Ahnengalerie nur Männer aufführt, spielte ab 2004 Gemeindereferentin Beate Schmid eine wichtige Rolle, besonders in der Zeit, als sich Kramer von einem Herzinfarkt erholten musste.

Das Gemeindehaus Sankt Michael war inzwischen in die Jahre gekommen und erwies sich als teuer im Unterhalt. Ähnlich wie Pfarrer Peter Wehr, der ab 2009 den Umzug in Palmas Zentrum in die Wege leiten sollte, war auch Bestard mit dem Standort an der Playa de Palma nicht wirklich glücklich. Das Gemeindehaus habe etwas versteckt und entfernt vom touristischen Strandboulevard gelegen. „Wenn jemand aus Cala Ratjada kam, hatte er Schwierigkeiten, es zu finden." Viel einfacher sei es da, den Urlaubern den jetzigen Standort nahe der Kathedrale an der Kirche Santa Cruz zu erklären, in deren Krypta inzwischen die Sonntagsgottesdienste stattfinden, neben der Strandkirche an der Playa de Palma und der Sant-Crist-Kirche in Peguera.

Aber ohnehin sei die deutschsprachige Pfarrei auf Mallorca keine ortsgebundene, sondern eine personengebundene Kirche - den deutschen Pfarrern stehen alle 165 mallorquinischen Pfarreien offen. 60 von ihnen liegen in touristischen Küstengemeinden, sie versorgt Bestard mit fremdsprachigen Grußformeln und Lektüre-Material. Nur im Juli, wenn die meisten deutschen Urlauber auf Mallorca sind, steht Bestard nicht zur Verfügung. Dann ist er selbst in Deutschland, um dort urlaubende Pfarrer zu vertreten. Das geht inzwischen seit rund 50 Jahren so, sein nächster Flug nach Deutschland, um im nordrhein-westfälischen Weilerswist zu predigen, sei schon „gebucht und bezahlt". Bestard, der täglich die „Tagesschau" im Internet anschaut, sprudelt über vor Anekdoten rund um seine Leidenschaft für Deutschland, die deutsche Sprache, Kultur und Geschichte, und bei Fragen zur deutschen Pfarrei auf Mallorca führt die Antwort am Ende fast immer irgendwie nach Deutschland. In sein sonores Spanisch mischen sich dann deutsche Ausdrücke, „la Haushälterin", sagt er, „el típico Rheinländer", oder „Schinkenbrot".

Er sei nun mal halb Deutscher und halb Spanier, so Bestard. Man kann ihn sich gut als Brückenbauer vorstellen, der in all den Jahrzehnten dafür gesorgt hat, dass sich die mallorquinischen und deutschen Katholiken auf der Insel nicht nur sprachlich bestens verstehen. In beiden Ländern stünden die Gläubigen vor denselben Herausforderungen, meint Bestard, den gravierenden Nachwuchsproblemen, der Aufklärung der Missbrauchsskandale, der Ethik in der modernen Welt. Themen, mit denen er sich auch in seinem neuen Buch „Sobre la calidad humana" (Über die Güte des Menschen) auseinandersetzt. Es sind 365 Überlegungen, für jeden Tag des Jahres.

Der deutschsprachigen Pfarrei wünscht Bestard zum Jubiläum, dass sie „offen ist, wie es der Papst sich wünscht, und Brücken zu schlagen weiß zwischen der Religion und der modernen Gesellschaft".

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