Der Sänger tritt ans Mikro: „Eins, zwo. Eins, zwo. Yeahhhhhhhhhh!", kreischt er. Ein Mann im Publikum grinst: „War dit jetzt die Stimme oder hat dit Mikro jefiept?" Es ist der erste Tag des Full Metal Holiday im Iberostar Cala Barca im Osten der Insel. Gerade macht die deutsche Hardrockband Hardbone ihren Soundcheck.

Full Metal Holiday, das sind 1.400 Metal-Fans und 28 Bands in einer Hotelanlage auf Mallorca. Die Einrichtung des Hotels ist weiß, was einen schönen Kontrast zu der meist dunklen Kleidung der Festivalbesucher bildet. Es ist früher Nachmittag. Auf den Tischen steht Bier, ab und zu auch ein Aperol Spritz. Das siebentägige Festival ist all-inclusive, organisiert wird es vom Wacken-Imperium aus Schleswig-Holstein. Aber nicht alle Besucher kommen aus Deutschland.

Metal als Therapie

Eileen ist Schottin. Die 81-Jährige trägt einen weißen Pullover, dazu einen geblümten Schal. „Die meisten tragen hier Schwarz. Das sieht aus wie in einem Leichenschauhaus", sagt sie und lacht. Eileen ist mit ihrer Tochter aus Edinburgh hier. „Sie hat eine neurologische Krankheit. Die Musik ist für sie die beste Therapie, die es gibt. Wenn sie dazu singt und an guten Tagen dazu tanzen kann, verwandelt sie sich. Es ist unglaublich." Eileens Tochter, ebenfalls eine weißhaarige Frau, steht vor der Bühne und wartet auf die nächste Band.

Vor Hardbone ist die aus Alicante stammende Band Mind Driller aufgetreten. Die Industrial-Metal-Band als Auftaktband zu wählen, war keine schlechte Idee, um das um 14 Uhr noch etwas träge Publikum in Bewegung zu bringen. Eine Dreiviertelstunde bot die Band mit drei Sängern eine Show mit mehr Kostümwechseln als in einem Madonna-Konzert. Von den industriellen Klängen der Band Mind Driller war Eileen nicht so angetan.

„Ich mag es lieber, wenn ein wenig Melodie dabei ist." Sie zieht ein Festivalprogramm aus der Tasche. „Kennen Sie Doro? Das ist eine Band, die hat eine ganz tolle blonde Sängerin", sagt sie über die Düsseldorfer Metal-Ikone. Auch die Konzerte des dänischen Musikers Jesper Binzer möchte sie sich gerne anhören. Dass die meisten auf dem Festival Deutsch sprechen, stört sie nicht. „Die wesentlichen Sachen sind auch auf Englisch ausgeschildert", sagt sie.

Fußball spielen

FußballNicht weit von Eileen entfernt steht einer der jüngsten Festival-Besucher an einem Tisch bei seinen Eltern. Mikkel ist elf Jahre alt, kommt aus Dänemark. „Wir sind mit der ganzen Familie angereist, weil man uns gesagt hatte, dass hier andere Kinder sein würden", sagt Annemarie, seine Mutter. „Mikkel hatte gehofft, hier mit anderen Kindern Fußball spielen oder im Pool spielen zu können. Das ist etwas schade für ihn." Sie hofft, dass noch ein paar Familien anreisen werden.

Zwei Bühnen gibt es im Hotel. Die große direkt am Pool, eine andere unten am Strand. Morgens wird auf der kleineren Bühne unter anderem Metal-Yoga angeboten, abends tritt hier der Alleinunterhalter Mambo Kurt auf, der mit seinen Versionen von Rocksongs auf der Heimorgel bei deutschen Metal-Fans Kultstatus genießt. Zwischen den Konzerten spazieren einige Festivalbesucher zu der kleinen Bucht herunter. „Wenn man sieben- oder achtmal in Wacken war, hat man das Gefühl, es wiederholt sich", sagt Falk aus Sachsen, der seine Füße ins Meer getaucht hat. Er hat lange Haare und trägt eine Kutte, auf der er das Emblem von Wacken, einen Stiertotenkopf, genäht hat. „Ich wolle hier mal was anderes probieren." Auf dem Wacken-Festival, bei dem jährlich bis zu 75.000 Fans feiern, hat er immer einen Pick-up dabei. Auf der Ladefläche schlägt er sein Zelt auf. Fast schon Luxus in Wacken. „Das ist hier natürlich nicht notwendig. Es ist alles etwas entspannter, und das Essen ist fantastisch. Die Leute sind hier weitgehend dieselben, die man auch in Wacken trifft. „Da findet man schnell Anschluss." Im kommenden Jahr könne er sich vorstellen, bei der Full Metal Cruise mitzufahren, die von Palma aus startet und von den gleichen Organisatoren angeboten wird.

Tombola für die Flutopfer

Einer von ihnen ist Jan Struve. Er war während der Flutkatastrophe in Sant Llorenç mit dem Auto unterwegs und hat gesehen, wie Straßen weggespült wurden. „Viele Metal-Fans haben uns angeschrieben, ob das Festival überhaupt stattfinden wird, aber hier ist ja nichts passiert." Um den Flutopfern zu helfen, will man die Erlöse der Tombola spenden.

Hardbone beginnen ihre Show. Die Sonne bricht durch die Wolken. Deutlich mehr Fans als beim Auftaktkonzert bewegen sich zur Bühne. Hände mit Handykameras recken sich in die Höhe. Hier und da auch eine Hand zum Teufelsgruß. Ein kleines bisschen Wacken auf Mallorca.

Lesen Sie hier das Interview mit Organisator Jan Struve und erfahren Sie, wie es zu dem Festival gekommen ist.