Ohne Kameras, ohne Cliffhanger im TV und ohne Vorwarnung - zumindest für das Millionen-Publikum, das „seinen" Jens seit fast acht Jahren auf der Mattscheibe verfolgte, kam der Tod des TV-Auswanderers Jens Büchner am Samstag (17.11.) im Son-Espases-Krankenhaus in Palma de Mallorca überraschend.

Jens Büchners Leben, es schien perfekt auf eine Reality-Soap zugeschnitten zu sein. Irgendetwas passierte immer. Irgendwas musste auch immer passieren, damit die Zuschauer dranblieben. Vox filmte seine ersten Tage auf Mallorca, das Scheitern der Beziehung zu seiner Ex, den Heiratsantrag an seine Daniela, die Geburt seiner Zwillinge. Sie zeigte ihn als Schmuckdesigner, Schlagersänger, Badehosenmodel. Immer irgendwie chaotisch, immer irgendwie am Scheitern, immer mit neuen Ideen im Hinterkopf. Bei ihm waren die Grenzen zwischen scripted und reality fließend, und so machte sich jeder sein eigenes Bild von ihm. Die einen liebten den 49-Jährigen als sympathischen Tollpatsch, die anderen stempelten ihn als Unterschichten-Prolet ab, der für ein bisschen Rampenlicht alles tat - spätestens nach seinem Aufenthalt im Dschungelcamp 2017. An Dramatik fehlte es nie, umso mehr aber an Privatsphäre. „Ich war in mehr als 130 Folgen von ,Goodbye Deutschland' zu ­sehen, ich merke kaum noch, wenn ich am ­Frühstückstisch gefilmt werde", erzählte er im Mai stolz der MZ. Er fühle sich wohl im Rampenlicht, sagte er. „Jeder darf sehen, wie ich bin." Doch dann geschah das Unerwartete, das kein Drehbuch vorhersehen konnte.

In der letzten Folge mit ihm bei „Goodbye Deutschland", die am 12. November ausgestrahlt und rund sechs Wochen zuvor aufgezeichnet worden war, spielte seine schlechte gesundheitliche Verfassung eine Rolle. Es war offensichtlich: Er war verschwitzt, bleich und schluckte Pillen. Doch er schob es auf Magengeschwüre und Stress in seiner „Faneteria". Dass er an einer schwerwiegenden Krankheit litt, darauf deutet die Dramaturgie der Folge nicht hin. Nichts Ernstes, mag sich so mancher auf dem heimischen Sofa gedacht haben. Und überhaupt: Vox übertreibt ja gern mal.

„Das ist auch der Grund, warum er vermieden hat, dass die Diagnose Lungenkrebs vor seinem Tod bekannt wird. Er wollte nicht, dass es als PR-Gag dargestellt wird. Um seine Kinder zu schützen vor hämischen Kommentaren im Internet über dieses Thema", vermutet Mario Wolf, der jahrelang wöchentlich gemeinsam mit Büchner in der Disco „Karussell" in Cala Millor auftrat und ihn auch privat als guten Freund bezeichnet. „Er war hinter der Kamera der gleiche Mensch wie davor. Er hat sich für niemanden verstellt. Die einen liebten ihn dafür, die anderen hassten ihn. Das war in Ordnung, aber es hat seinen Preis."

„Ist die Info echt oder nur Fake?" Tatsächlich waren diese und ähnliche Reaktionen am Samstag (17.11.) kurz nach der Bekanntgabe von Büchners Tod in den sozialen Netzwerken die ersten vieler User. Als ob selbst der Tod von Vox gescripted sein könnte, um den Hauptdarsteller galant bei „Goodbye Deutschland" ausscheiden zu lassen - so, wie es in Seifenopern ständig mit Charakteren passiert, deren Schauspieler andere Wege gehen wollen. Allein: Eine Reality-Soap basiert auf echten Lebensgeschichten, und „Malle-Jens" ist eben auch im wahren Leben Jens Büchner, Vater von fünf leiblichen und drei Stiefkindern, Ehemann, Mensch.

„Schon damals, als 2013 ,Goodbye Deutschland' Aufnahmen aus dem Krankenhaus veröffentlichte, weil Jens erstmals Verdacht auf Lungenkrebs hatte, hatte es einen riesigen Shit­storm gegeben", erinnert sich Marion Pfaff von „Krümels Stadl" in Peguera, die seit 2012 eng mit Büchner befreundet ist. Seitdem habe er die Angst vor der Krankheit ständig im Hinterkopf gehabt. „Ich bin mir sicher, dass er bis vor wenigen Wochen nichts von der Diagnose wusste, auch wenn er es vielleicht ahnte." Er habe immer gesagt: Die Welt darf wissen, wie ich bin und auch meine Fehler kennen. „Er war laut und neigte manchmal zum Übertrieben. Im Privaten hat er aber auch ein wenig andere Seiten gezeigt, er war sehr liebevoll und einfühlsam, hat an andere gedacht." Da sei es nicht verwunderlich, dass Büchner sein nahendes Ende der Öffentlichkeit vorenthalten hat.

Wer auch immer Jens Büchner wirklich war und ob er auch über sein Vox-Tattoo im Oberarm hinaus mit Leib und Seele dem Privatsender verfallen war, sie begleiteten ihn ins Krankenhaus. Erst mit laufenden Kameras, am Ende ohne. Büchners Ex-Freundin Jennifer Matthias dankte dem Team in einem Facebook-Post für den tröstenden Beistand. Schon im Mai hatte Matthias der MZ gegenüber angedeutet, dass die Leute aus dem Filmteam im Laufe der Jahre zu Freunden geworden seien. Und das, obwohl sie selbst - anders als Büchner - schon lange zurückhaltender leben ­würde, zumindest was die Ausbreitung ihres Privatlebens im TV angeht.

Auf MZ-Anfrage verschickte Vox eine E-Mail, in der sie ihr Beileid bekunden und über das Drehteam schreiben, dass sie tief ­bestürzt seien. „Sie haben Jens als einen Menschen kennengelernt, der Ecken und Kanten - aber eben auch ein sehr gutes Herz hat." In einem knappen Beitrag im Vox-Magazin „Prominent!" berichtet Redakteur David Clotten am Sonntag (18.11.) nur kurz von seiner Zeit mit Jens Büchner. Büchner wollte das Bild des Kämpfers aufrechterhalten, deshalb habe er seine Krankheit nicht vorher veröffentlicht, schlussfolgert Clotten.

Egal ob Wahrheit oder Lüge, Echtheit oder Fake, sympathischer Tollpatsch oder mediengeiler Prolet - ein Mensch ist gestorben, der das Mallorca-Bild vieler Deutscher auf polarisierende Weise mitgeprägt hat. Und mit ihm ist auch die Kunstfigur des „Malle-Jens" gestorben. Ehefrau Daniela hat bisher keine öffentlichen Statements abgegeben. Bekannt wurde nur, dass die Trauerfeier am Freitag (23.11.) laut Management „im kleinen Kreis" stattfinden soll. Ob das Millionen-Publikum vorm Bildschirm davon tatsächlich ausgeschlossen bleibt, wird sich zeigen.