Es war schon kurios: Die deutschsprachigen Medien berichteten tagelang, dass „Malle-Jens" (Jens Büchner) gestorben ist - und Mallorca, also die Mallorquiner, bekam es offensichtlich nicht mit. Nur die Zeitung „El Mundo" widmete dem TV-Auswanderer einen feuilletonistisch verschwurbelten Nachruf. Es stellte sich die Frage: Wie viel bekommen die Mallorquiner überhaupt von den Insel-Deutschen mit? Wissen sie etwa, dass es einen „König von Mallorca" (Jürgen Drews) gibt? Und was halten sie davon? Da ein Großteil meiner Familie mallorquinisch ist, habe ich zu Hause und bei einer Freundin einmal nachgefragt.

Die Deutschlehrerin

Ein Anruf bei der Cousine zweiten Grades Maria Magdalena. Sie ist Deutschlehrerin in einem Dorf im Inselzentrum und war häufig für längere Zeit in Deutschland. „Ich hatte zu Schulzeiten eine deutsche Mitschülerin, mit der habe ich mich gut verstanden", erzählt sie. „Nach der Schule ist der Kontakt aber eingeschlafen, wie es halt so passiert." Sie habe mal einem deutschen Rentner Spanischunterricht gegeben. „Das muss man sich mal vorstellen: Er lebte seit über zehn Jahren auf der Insel und hatte nie Katalanisch oder Spanisch gelernt. Und dass er bei mir Spanischunterricht nahm, war eher aus Langeweile denn aus Notwendigkeit." Der Mann ging in den Supermarkt, in den Eisenwarenhandel, auch trank er sein Bier in der Dorfbar. „Aber immer allein. Er konnte sich ja nicht verständigen."

Wer Malle-Jens ist, weiß meine Cousine nicht. Vom „König von Mallorca" glaubt sie, mal gehört zu haben. „Ich finde solche Namen wenig lustig. Vor allem, wenn es im Zusammenhang mit dem Ballermann steht. Würde sie jemand tragen, der etwas Positives auf Mallorca bewirkt, wäre das was anderes." Bekannte Deutsche auf der Insel fallen ihr nicht ein. „War nicht der ehemalige Präsident von Real Mallorca ein Deutscher? Aber den ­Namen weiß ich nicht mehr."

Die ehemalige Berlinerin

Ich treffe mich mit Marina, eine meiner besten Freundinnen. Sie ist ­Radiojournalistin, spricht fließend Deutsch und hat fünf Jahre in Berlin gelebt. „Ich habe damals zwar deutsches Fernsehen geguckt, aber eher Nachrichten. Von dieser Auswanderer­sendung habe ich nie gehört." Allerdings hätten sich die Deutschen häufiger bei ihr für das Verhalten ihrer Landsleute entschuldigt, wenn sie erfuhren, dass sie aus Mallorca stammt.

Zurück auf der Insel hat sie wenig Kontakt zu Mallorca-Deutschen. „Ich kann dir garantieren, dass weder ich noch irgendeiner meiner Freunde auch nur die leiseste Ahnung hat, was die deutsche Community auf Mallorca beschäftigt." Marina glaubt, es liegt an einem Mangel an gegenseitigem Interesse. „Auch wenn es sicher ein paar Ausnahmen gibt." Zudem gebe es wenige Orte, an denen es zu Kontakt kommen könnte.

Der Umstand, selbst Auswanderin gewesen zu sein, habe ihr Bewusstsein für die damit verbundenen Probleme geschärft. „Wenn ich auf einer Party einen Ausländer treffe, der gerade hergezogen ist, gehe ich auf ihn zu, weil ich selbst weiß, wie schwierig es ist, Anschluss zu finden. Und weil es bereichernd ist, Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen."

Für Künstlernamen wie „König von Mallorca" hat sie aber nichts übrig. „Ich finde es beleidigend, weil sich diese Leute etwas aneignen, was sie wahrscheinlich nicht mal richtig kennen. Sie machen sich so über eine Insel lustig, die sie sehr gut aufgenommen hat."

Der Rentner

Zuletzt rufe ich meinen Onkel Miquel an. Der ist seit ein paar Jahren in Rente, lebt in dem Dorf, in dem er aufgewachsen ist. „Auf Mallorca kenne ich eigentlich keine Deutschen. Aber ich habe mit ein paar Freunden eine Gruppe, mit der wir seit 35 Jahren jeden Donnerstag frühstücken. Seit rund zehn Jahren ist ein Freund aus der Nähe von Mainz dabei, der immer mitkommt, wenn er auf der Insel ist."

Miquel ist begeisterter Radfahrer, deshalb weiß er, dass Eric Zabel einen starken Mallorca-Bezug hat. „Und Jan Ullrich natürlich auch. Aber ich meine gehört zu haben, dass er sich im Sommer mit einem anderen Deutschen gestritten und dann die Insel verlassen hat."

Natürlich gebe es Ausnahmen, aber Miquel glaubt, dass die Deutschen und Mallorquiner weitgehend ohne große Kontakte leben. „Ich glaube aber, dass Eltern von kleinen Kindern durch die Kita mit den Einwanderern in Kontakt kommen, die ebenfalls Kinder haben."

Was die Künstlernamen mit Mallorca im Namen angeht, zeigt sich Miquel ein wenig versöhnlicher: „Ach, das hat doch rein kommerzielle Gründe. Ich denke mir nichts dabei."