Ein paar Mal rutscht Regina Moll Kammerich noch das „wir" heraus, wenn sie von der Sozialpolitik in Mallorcas Inselrat spricht. Dabei hat sie bereits seit knapp zwei Monaten der Politik den Rücken gekehrt. Seit 30. November ist die Deutsch-Mallorquinerin wieder Direktorin der einzigen deutschsprachigen Seniorenresidenz auf Mallorca, Es Castellot in Santa Ponça. Nach dem knapp dreijährigen Intermezzo im Sozialinstitut IMAS, wo Moll für die Versorgung Pflegebedürftiger im öffentlichen Gesundheitssystem verantwortlich war, sei sie von den Bewohnern von Es Castellot wieder sehr lieb aufgenommen worden. „Nach zwei Tagen habe ich mich wieder zu Hause gefühlt."

Warum die Rückkehr? Die Direktorenstelle in der privaten Seniorenresidenz war wieder frei geworden nach dem Weggang des bisherigen Leiters Miquel Vich. Ihr sei klar gewesen, dass die Stiftung Amadip-Esment, die das Haus seit der Übernahme 2011 von der Norddeutschen Gesellschaft für Diakonie führt, nicht länger auf sie warten würde, so Moll. Im Mai stehen ohnehin Wahlen an - alle Stellen der Führungsebene auch im Inselrat stehen erst mal zur Disposition, ob mit oder ohne Machtwechsel. Ärger mit Vorgesetzten oder Verdruss habe es nicht gegeben, versichert die 50-Jährige. Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung habe nicht zuletzt die berufliche Stabilität für sie als alleinerziehende Mutter gespielt.

Moll kennt die Residenz mit dem Blick über die Bucht von Santa Ponça, ihr Potenzial genauso wie ihre Probleme. Die Auslastung von Es Castellot mit seinen 80 Plätzen liege mit derzeit 65 Prozent weiterhin zu niedrig. Auf der Pflegestation mit ihren 16 Plätzen sind es rund 80 Prozent. Ins Auge gefasst werden zum einen Zielgruppen auf Mallorca - zum Beispiel Residenten, die eine Residenz für ihre Eltern auf der Insel suchen oder sie aus Deutschland nachholen wollen -, zum anderen aber auch in Deutschland. Moll will zum Beispiel auf Seniorenmessen in Köln, Berlin, Düsseldorf oder München sowie vielleicht auch per Inseraten etwa in Apotheken-Zeitschriften für den Alterssitz Santa Ponça werben.

Geprüft wird darüber hinaus aber auch, die Residenz für Spanier zu öffnen - ohne die deutschen Bewohner vor den Kopf zu stoßen. Moll denkt bei dieser Zielgruppe etwa an Cohousing-Modelle, Wohngemeinschaften nach skandinavischem Vorbild, die mit Es Castellot kompatibel wären. Das Personal sei bereits zweisprachig, die Freizeitaktivitäten ließen sich anpassen, und die neue, alte Direktorin ist als Tochter des mallorquinischen Politikers, Sprachlehrers und Journalisten Josep Moll und seiner deutschen Frau Karen ohnehin mit beiden Kulturen aufgewachsen.

Einige Dinge haben sich dann aber doch auf dem Hügel über Santa Ponça geändert, abgesehen von den Sterbefällen und Neuzugängen der vergangenen Jahre. Die Verwaltung hat nicht mehr ihren Sitz im Haupthaus, stattdessen gibt es offene Büros und Glaswände im Gebäude rechter Hand des Eingangstors. Das sei zunächst für sie ungewohnt gewesen, aber gut, so Moll. Die Verwaltung wurde weitgehend digitalisiert. Inzwischen sind 20 Prozent der Apartments rundum erneuert und wirken wie moderne Hotelzimmer.

Die Sanierung soll weitergehen, auch im derzeit leerstehenden Haupthaus könnten exklusive Apartments eingerichtet werden, wenn die Nachfrage da ist. Der Speisesaal könnte baulich zum Meer hin geöffnet werden. Derzeit schreibe Es Castellot schwarze Zahlen, so die Direktorin. Die Investitionen seien gesichert, dank des Rückhalts in der Stiftung Amadip-Esment, die in Restaurants und Betrieben Menschen mit Behinderung ausbildet und erfolgreich ins Arbeitsleben integriert - auch in der Residenz von Santa Ponça haben von der Stiftung ausgebildete Gärtner, Köche und Reinigungskräfte eine Anstellung gefunden. Doch langfristig müssen die Belegungszahlen in Es Castellot steigen.

Zum Glück lassen sich Dinge außerhalb der öffentlichen Verwaltung schneller bewegen. Moll weiß jetzt bestens Bescheid über die Sachzwänge, die alle politischen Projekte in die Länge ziehen, vom Bau neuer Seniorenheime bis hin zu Sanierungsprojekten für in die Jahre gekommene Heime. Was nicht sofort zu Anfang der Legislaturperiode angestoßen werde, sei nur schwer bis zu den nächsten Wahlen umzusetzen, so das Fazit.

Und noch eine zweite Erfahrung nimmt die Deutsch-Mallorquinerin aus ihrer Stelle im Inselrat mit: Da spanische Senioren praktisch erst mit Pflegestufe zwei Chancen auf einen Platz in einem öffentlichen Altersheim haben, seien immer mehr Bewohner dort bereits bettlägerig oder dement. Anders in Es Castellot: Hier führten viele Bewohner ein sehr aktives, selbstbestimmtes Leben, so Moll. „Wir haben einen 95-Jährigen, der ist noch fit wie ein Turnschuh."