Es ist ein Festmahl. Das Gehirn ist der schmackhafteste Teil des menschlichen Körpers. Die Dorfbewohner von Capdepera müssen vor uns, der Zombie-Meute, entkommen. Sie verstecken sich in Büschen und zwischen geparkten Autos. Aber es gibt kein Entkommen. „Kann ich meinen Papa suchen?", fleht mich ein kleiner Junge an. Aber die Suche wäre zwecklos. Wir haben den Vater wenige Meter weiter bereits erwischt.

Mehr als 1.300 Personen wirken an diesem Samstag (9.3.) an der zweiten Ausgabe des Reality-Spiels Zombie Survival mit. Wie im Vorjahr gilt es für die mit grünen Tüchern ausgestatteten Überlebenden eines Weltuntergangsszenarios den mit roten Tüchern markierten Zombies zu entkommen und nebenher wie bei einer Schnitzeljagd Aufgaben zu lösen. Im Vorjahr gestaltete sich das Spiel einseitig, da es an Zombies mangelte. Die MZ hat sich daher entschlossen, dieses Jahr die Untoten zu unterstützen.

Zuerst muss das passende Erscheinungsbild her. Beim Check-in in der Schulsporthalle S'Alzinar ist eine regelrechte Zombie-Fabrik eingerichtet. In wenigen Minuten gelingt die Verwandlung vom normalen Bürger in einen Untoten. Die Mitarbeiter schminken uns mit Latex gruselig schön. Zerfurchte Augenhöhlen mit heraushängenden Augäpfeln und aufgerissene Mundwinkel, die das Gebiss freilegen, gehören zu den eindrucksvollsten Effekten. Einige Mitspieler kommen zudem in Kostümen, die in den meisten Fällen zerrissen und mit Kunstblut beschmiert sind.

Danach heißt es erst einmal: warten. Die Zombies werden nur in einer Meute und unter Anleitung eines Mitarbeiters auf die Überlebenden losgelassen. Zombie-Chef David ist bereits beim Betreten der Sporthalle außer Atem und wirkt, als hätte er schon einige Gehirne verspeist. Kurz erklärt er die Regeln: „Ich gehe immer als Erster. Renne ich, rennt ihr auch. Halte ich an, haltet ihr auch an. Zombies reden nicht, trinken und essen nicht und spielen auch nicht am Handy rum." Die Schauspielanleitung fällt knapp aus. „Ihr habt bestimmt alle schon einmal einen Zombie-Film gesehen. Verhaltet euch dementsprechend."

Als Zombies müssen wir Fangen spielen. Berühren wir einen Spieler, haben wir ihn mit dem Zombie-Virus infiziert. Neben der Berührung ist schauspielerisches Talent gefragt. „Wenn ihr einen schnappt, heult ihr laut auf und wir stürzen uns alle auf ihn", sagt David. Beim Gang aus der Halle probe ich das Stöhnen, ein kleines, etwa zehnjähriges Zombie-Mädchen kreischt erschrocken auf. Sie hat sich ihre Rolle noch nicht richtig einverleibt. Später ist sie am euphorischsten, wenn es darum geht, andere Leute anzubrüllen.

Die erste Runde ähnelt einem Faschingsumzug. Viele Passanten stehen mit Handy am Wegesrand und schießen Fotos. Wir schlurfen durch die Gassen. Stöhnt ein Zombie auf, heult die ganze Meute. Nach einer kurzen Weile verfliegt der Spaß und die Frustration tritt ein. „Als Zombie musst du darauf vorbereitet sein, dass du während des Spiels niemanden infizierst", schrieb der Veranstalter bereits auf der Web­site. Hin und wieder setzt Zombie-Führer David zu einem kurzen Sprint an. Die überwiegend jungen Überlebenden lachen nur höhnisch. „Kannst du nicht mehr, Dickerchen?", ruft ein Jugendlicher und vollführt einen Freudentanz. Die Ausbeute nach einer Stunde hält sich in Grenzen: Eine Katze - keine Sorge, wir haben das Tier verschont - und ein Mann, der sich freiwillig ergeben hat. Wir schlurfen zurück zur Sporthalle und holen Verstärkung.

Die Pause hat unserem Chef gutgetan. Die zweite Runde startet mit einem Dauerlauf. Und siehe da: Auf einem Parkplatz rennt eine Gruppe Überlebender in unsere Arme. Voller Eifer, endlich Nahrung gefunden zu haben, durchsuchen wir die Büsche und finden weitere Überlebende. „Das ist unfair! Ihr seid Zombies und dürft nicht so clever sein", protestiert eines unserer Opfer. Sein Ärger ist verständlich. Jetzt muss er 5 Euro für ein neues Leben zahlen, um weiter mitzuspielen. Alternativ kann er sich uns kostenlos anschließen.

Nach dem Festmahl gibt es einen Rüffel von David. „Wir sind Zombies. Wir sind dumm. Wir suchen nicht." Das müssen wir auch nicht. David hat mit Blut geschriebene Nummern auf dem Kopf stehen. „Die Überlebenden haben die Aufgabe, ein Foto von mir zu schießen", sagt er und grinst. So haben denn auch die Jugendlichen ausgelächelt, die verzweifelt den Fokus auf ihrem Handy einstellen und von den Zombies geschnappt werden. „Verdammte Zombies", schreien sie, während sie zappelnd auf dem Boden liegen.