Tomeu Penya kann den nach ihm benannten Platz im Zentrum von Vilafranca nicht überqueren, ohne gleich mehrere Passanten im Vorbeigehen zu grüßen. Der 70-jährige Liedermacher ist eine Berühmtheit in seinem Geburtsort im Inneren von Mallorca - und über die Gemeindegrenzen hinaus. „Oh, das ist er wirklich! Dürfen wir ein Foto machen?", fragt Visi Ignazio strahlend. Sie seien aus Llucmajor gekommen, um einen Freund zu besuchen, fügt Mercedes Otero hinzu. „Aber dass wir dann tatsächlich Tomeu Penya treffen, hätten wir natürlich nicht erwartet." Penya breitet die Arme aus und stellt sich zwischen die beiden Frauen, lächelt schelmisch in die Handykamera und zieht dann den Strohhut. „Er ist einfach ein toller Mensch mit Charakter" , schwärmt Otero. „Das merkt man auch, wenn man ihn bei Auftritten sieht, und das mögen wir an ihm."

Nein, räumt Penya ein, er selbst hätte damals, im Jahr 1965, als er mit nur knapp 16 Jahren zum ersten Mal als Musiker in einem Hotel auftrat, nicht gedacht, dass er 54 Jahre später noch immer auf der Bühne stehen würde. „Man geht davon aus, dass man dann ein gesetztes Leben führt, mit Ehe und Ruhestand", sagt Penya und steuert auf eine kleine Bar am Rand der Plaça Tomeu Penya zu. Auch hier kommt er aus dem Grüßen kaum heraus. „Ich kann mir aber ehrlich gesagt gar kein anderes Leben vorstellen. Ich muss reisen, Songtexte schreiben, Leute sehen, auftreten, sonst sterbe ich", betont er und zwinkert munter.

Mit der Ehe hat es nicht geklappt - sie ging nach einigen Jahren in die Brüche. Dafür kann Penya auf eine stattliche Sammlung an Musik-Alben zurückblicken. Das 30. ist gerade erst auf den Markt gekommen. „Die vergangenen vier Monate habe ich nur im Studio verbracht, jetzt geht es wieder auf die Bühne." Ses Salines, Andratx, Porreres und dann Auftritte in Katalonien stehen allein im Mai an. Nur ein Warm-up für die anstehende Sommersaison: Zwischen Juli und August gibt es kaum ein Dorf, auf dessen Patronatsfest Penya nicht auftritt. Auf vielen verbenas gehört der Liedermacher schon lange zum festen Inventar.

Penya ist nicht nur der populärste Barde, den die Insel zu bieten hat, er steht auch für den Wandel, den Mallorca im Laufe der Jahrzehnte vollzogen hat. „Als ich in den 1960er-Jahren als Hotelmusiker begonnen habe, war der Tourismus fantastisch", erinnert er sich. „Alles war neu, im Aufschwung und irgendwie herrschaftlicher. Für die Touristen war es etwas Besonderes, in den Urlaub zu fahren, und für die Mallorquiner war es etwas Besonderes, ­Urlauber zu empfangen." Als Sohn einfacher Landwirte aus Vilafranca verdiente Penya schon vor seinem 18. Lebensjahr eine gute Stange Geld mit seinen Auftritten in Hotels. „Das waren andere Zeiten als heute. Musiker wurden händeringend gesucht und anständig entlohnt." Und dann waren da natürlich die Touristinnen, von denen sich Penya von Anfang an angezogen fühlte. „Frauen und Hunde sind das, was ich im Leben am liebsten mag. Außer der Musik selbstredend", gibt Penya mit seinem verschmitzten Lächeln zu. Trotz des ergrauten Barts ist es nicht schwer, dahinter den jungen Casanova zu erahnen, der einst wahlweise als Gitarrist, Saxophonist oder Sänger die Herzen der Urlauberinnen in Cala Ratjada und Cala Millor eroberte.

„Meine Eltern waren zufrieden, dass ich mich selbst versorgen konnte, auch wenn sie mit meiner Musik zunächst nicht viel anfangen konnten", berichtet Penya, und sein Blick verschwimmt. „Sie haben mich immer unterstützt." Wirklichen Stolz hätten sie erst empfunden, als er sich auch bei den Einheimischen einen Namen machte. Das war nach der Zeit in Großbritannien und Deutschland, wo er als Mitte Zwanzigjähriger in Gaststätten und Theatern auftrat. Anfang der 80er-Jahre begann Penya, sich verstärkt auf Mallorca zu konzentrieren. Statt auf Englisch oder Spanisch singt er seitdem fast ausschließlich auf Mallorquinisch. „Das waren magische Momente und eine supertolle Phase. Ich hatte das Gefühl, dass die Texte und Melodien geradezu aus mir herausflossen." Mit der Kombi aus modernen E-Gitarren und typisch mallorquinischen Klängen schaffte Penya es, die Inselbevölkerung von sich zu überzeugen.

Die Abkehr vom internationalen Publikum hatte ihren Preis: „In Deutschland und Großbritannien kennt mich heute niemand mehr." Dafür seien seine Auftritte in Katalonien noch immer wie ein Besuch bei einem großen Bruder. Sein größtes Konzert hatte er vor rund zehn Jahren vor 25.000 Menschen im Palau Sant Jordi in Barcelona.

Dass sich Penya ungern festlegt, zeigt sich nicht nur beim Thema Frauen, sondern auch in der Musik selbst. „Alle wollen immer wissen, wie sie mich einordnen können. Dabei fühle ich mich allen Musikstilen zugehörig", sagt er. Das macht auch sein im April veröffentlichtes Album „R.D.I. Comunitat des Pla" deutlich: Hier wechseln sich Country, Rock, Pop, Chill-out und Balladen ab, sogar ein Rap-Stück ist dabei. In der gleichnamigen Single ruft Penya dazu auf, Mallorcas Tiefebene Es Pla zur unabhängigen demokratischen Republik zu deklarieren - natürlich mit Hauptstadt Vilafranca. „Es ist eine Parodie der Separatismusbestrebungen in Katalonien, aber das heißt nicht, dass ich mich politisch festlegen möchte", betont Penya gleich mehrmals. „Die Leute mögen mich gerade wegen meiner Vielseitigkeit und meines Charismas."

Ein bisschen mehr Gesellschaftskritik erlaubt sich Penya auf seinem neuen Album denn aber doch: In dem Stück „Mallorca s'Enfonsa" (Mallorca versenkt sich) wird klar, dass Penya damit, was aus dem Tourismus auf seinem Eiland geworden ist, nicht mehr viel anfangen kann. „Die Massen von Billigurlaubern, die wir hier heute vorfinden, helfen der Insel nicht, sondern zerstören sie. Und das kann ich nicht gutheißen." Ans Aufhören mag Penya übrigens nicht denken. „Ich bin überzeugt davon, dass das Beste noch gar nicht gekommen ist."

Die neue CD „R.D.I. Comunitat des Pla" von Tomeu Penya gibt's für 12,95 Euro im Platten­laden „Espai Xocolat" (Carrer de Font i Monteros, 18, in Palma) und für 13,99 Euro im Corte Inglés.