Ben ist auf Mallorca aufgewachsen. Seine Eltern sind beide Deutsche. Sein Vater ist öfter in Deutschland unterwegs, doch der 16-Jährige lebt mit seiner Mutter fest auf der Insel. Einen starken Bezug zu Deutschland hat er nicht. Er geht in die zehnte Klasse einer

mallorquinischen Schule, ist im lokalen Sportverein, mit seinen Freunden unterhält er sich auf Spanisch. Deutsch spricht er nur mit seinen Eltern - akzentfrei, ebenso wie Spanisch und Katalanisch. Doch das Schreiben und Lesen fällt ihm schwer. Um solche Sprachdefizite auszugleichen, gibt es mittlerweile mehrere Angebote auf der Insel.

Juliane Buschhorn-Walter unterrichtet in der von ihr 2009 gegründeten Sprachenschule Connecting in Son Verí Nou (Llucmajor)

Kinder mit mindestens einem deutschen Elternteil. Die Gruppe für Muttersprachler trifft sich seit drei Jahren einmal wöchentlich. Derzeit besteht sie aus den Sechstklässlern Gianfranco, Jaime und Felix. Buschhorn-Walter ist wichtig, dass nicht nur mit dem Lehrbuch gearbeitet wird: „Die ersten 20 Minuten beschäftigen wir uns mit Grammatik und Rechtschreibung, und die restlichen 40 Minuten mit einem Projekt oder einem Thema wie beispielsweise der deutschen Geschichte."

Manchmal würden auch Filme oder Videos auf Youtube geschaut oder Kekse gebacken. „Der Sprachlehrer muss begeistern. Es muss eine positive Beziehung zur Sprache aufgebaut werden. Es darf kein Druck entstehen, die Kinder müssen Spaß haben." Eine negative Einstellung gegenüber dem Deutschen führe oftmals zu passiver Mehrsprachigkeit. Das heißt: Die Kinder verstehen zwar Deutsch, können es aber nicht oder nur schlecht sprechen, geschweige denn schreiben.

„Die größte Herausforderung ist die Grammatik", sagt Natalia Gawlik, Sprachlehrerin an der Sprachenschule Baumhaus in Palma. „Mir ist wichtig, dass die Kinder von Anfang an in ganzen Sätzen sprechen." Das beginnt bei den Dreijährigen. „In der ersten Stunde fängt es an mit ,Wie heißt du?' - ,Ich heiße Maria'." Der Unterricht finde in einem spielerischen Rahmen statt. „In den Grundschulgruppen machen wir dann Lesespiele. Die Kinder lesen zum Beispiel den Satz ,Maria trägt einen blauen Pullover'. Daraufhin müssen sie den Pullover blau ausmalen", erzählt Gawlik. Das spreche zusätzlich die visuellen und motorischen Fähigkeiten an. Später in den Jugendgruppen würden die Texte anspruchsvoller und auch Präsentationen gehalten.

„Die Satzstellung oder auch die Rechtschreibung werden oftmals fälschlicherweise aus dem Spanischen übernommen. Das Buch wird beispielsweise ,Buj' geschrieben", sagt Buschhorn-Walter. Das Lesen vertiefe das Gefühl für die Sprache, helfe dabei, grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden. „Dadurch wird automatisch auch die Schreibfähigkeit verbessert", so die in Bremen und Texas aufgewachsene gelernte Betriebswirtin. Dabei hätten die Kinder einen großen Vorteil gegenüber anderen, die eine komplett fremde Sprache erlernen: „Sie müssen keine Grammatikregeln auswendig lernen, da schon ein gewisses Gefühl für die Sprache besteht".

Bei gemischten Elternpaaren mache es oft einen Unterschied, ob der Vater oder die Mutter deutschsprachig seien, sagt Elena Meliveo, Leiterin der Sprachschule Akzent in Palma, wo ebenfalls verschiedene Altersgruppen unterrichtet werden. „Wenn der berufstätige Vater der Deutsche ist, sprechen die Kinder oft schlechter, als wenn es die Mutter ist, die oft mehr Zeit mit ihnen verbringt." Der wöchentliche Besuch eines Deutschkurses reiche meist nicht aus. „Die Eltern müssen mitmachen", so die Sprachlehrerin. „Wir geben deswegen auch Hausaufgaben auf. Wenn wir ein Buch lesen, müssen die Kinder bis zur nächsten Stunde weiterlesen", sagt sie. Generell empfehle sie den Eltern, abends gemeinsam mit den Kindern zu lesen.

Haben die Eltern unterschiedliche Muttersprachen, täten sie gut daran, sich möglichst schon vor der Geburt der Kinder abzusprechen, sagt Buschhorn-Walter und verweist auf zwei Methoden. Bei der ersten spräche ein Partner jeweils nur eine Sprache. Die Mutter rede beispielsweise nur Deutsch mit den Kindern und der Vater nur Spanisch. „Die Kinder sprechen mit der Zeit intuitiv die Eltern auf der jeweilige Sprache an - das entwickelt sich ganz natürlich." Die andere Methode sei es, in bestimmten Situationen eine bestimmte Sprache zu verwenden - etwa beim Abendessen nur Deutsch zu reden.

Um ein nachhaltig gutes Sprachniveau zu erzielen, sei es optimal, den Deutschkurs über die komplette Schulzeit fortzuführen, sagen die Sprachlehrerinnen, vielleicht auch nicht ganz uneigennützig. Die Kurse bei Connecting und Akzent beginnen im September und bei Baumhaus im Oktober. Anmeldefristen gibt es keine und es können auch Schüler während des Schuljahres dazustoßen. Allerdings sind die Plätze begrenzt. Die Preise belaufen sich auf 39 Euro pro Monat (viermal 60 Minuten) bei Connecting, 75 Euro pro Monat (viermal 90 Minuten) bei Akzent und bei Baumhaus auf 48 Euro pro Monat (viermal 55 Minuten).