Wer an einem Samstagmorgen in Palma de Mallorca vom Parc Sa Feixina über den Parc de la Mar vor der Kathedrale bis zum Stadtstrand Can Pere Antoni unterwegs ist, wird es kaum übersehen: Palma de Mallorca ist zu einer Fitnessstadt geworden. Nicht nur, dass es in der Früh weitaus mehr Jogger an der Promenade als Spaziergänger gibt. Vielerorts treffen sich auch Gruppen zum gemeinsamen Work-out im Freien. Angeleitet werden sie von Personal Trainern, derer es immer mehr gibt. Wir haben uns mit sechs von ihnen unterhalten.

Marc vom Sa-Feixina-Park

Als Marc Llompart Pérez jung war, hatte er mehr Bälle im Kopf als Trainingsseile in den Händen. „Mit 14 habe ich für die spanische Jugendauswahlmannschaft Basketball gespielt", sagt er. Der 28-Jährige kam in Palma zur Welt und hat für verschiedene Clubs auf der Insel Körbe geworfen. „Ich war immer schon sehr sportbegeistert. Als Jugendlicher gab es aber eine Zeit, da habe ich mich mehr für Partys interessiert, ich war ein bisschen loco", sagt er.

Nach der Schule arbeitete er in den verschiedensten Jobs, baute Bühnen für den Veranstalter Trui auf, lackierte Autos oder backte Brötchen für Bäckereien. Nur im Tourismussektor, zum Beispiel als Kellner, wollte er nie tätig sein. „Ich mochte es nicht, in der Öffentlichkeit zu arbeiten." Die Wirtschaftskrise 2013 hat sein Leben auf den Kopf gestellt. „Es gab keine Jobs mehr, es war frustrierend. Ich trainierte damals viel in Fitnessstudios und sagte mir: ,Marc, du musst dein Leben in deine eigenen Hände nehmen!'" So kam er auf die Idee, Personal Trainer werden zu wollen. Er besuchte einen sechswöchigen Weiterbildungskurs, lernte die Grundzüge in Sachen Ernährung und Muskelaufbau. Über seinen Instagram-Account (marctraining) und private Kontakte (heute 15.400 Follower) kam er an die ersten Kunden. Alle seine Kurse finden im Park Sa Feixina statt. „Ich habe mittlerweile sogar die Schlüssel zu den Toiletten", sagt er. Normalerweise trainiert er Einzelpersonen. Einmal die Woche, am Samstag ab 8.30 Uhr, bietet er aber auch ein frei zugängliches Gruppentraining für 5 Euro pro Person an. „Mit der Parkleitung ist vereinbart, dass ich dort aufräume, wo der Kurs stattfindet", sagt er. Trainiert wird nur mit dem Eigengewicht des Körpers (Kalisthenie) und mit Seilen. „Die Battle Ropes wurden von einem US-Navy-Soldaten entwickelt", sagt Marc Llompart.

Er träumt davon, mit seinen Kursen auf Tour zu gehen. „Ich würde gerne durch Südamerika reisen oder in die USA." Llompart ist ungebunden und kann schon jetzt seinen Lebensunterhalt durchs Coaching verdienen. „Motivation ist alles", sagt er. Dass er die Sache ernst nimmt, kann man auch auf seiner Brust lesen. Dort hat er sich in großen Buchstaben „No pain, no gain", („Ohne Fleiß kein Preis") tätowieren lassen.

Rollender Fitness-Coach

Isabella und Arno Wollenberg (51) haben sich die Grundlage ihres Traums von der Selbstständigkeit auf Mallorca in Deutschland geschaffen. „Ich habe in München in der medizinischen Qualitätskontrolle gearbeitet", sagt Arno Wollenberg, der in Hannover geboren ist. Er sei schon immer sportlich sehr aktiv gewesen. Als sich das Paar vor drei Jahren in München kennenlernte, ­seien sie zusammen im Fitnessstudio trainieren gegangen. Sie hatte Rückenprobleme und Wollenberg kannte die richtigen Übungen, um ihr zu helfen. „Von da an entstand die Idee, dass ich mich als Coach ausbilden lasse." Er machte die B-Trainerlizenz, gab neben der Arbeit Kurse in Fitnessstudios und bildete sich auch im medizinischen Reha-Bereich und im Yoga weiter. „Natürlich ist es viel schöner, draußen ein Work-Out zu machen. Nur spielt das Wetter in Deutschland nicht immer mit", sagt er. Bei einem gemeinsamen Urlaub auf Mallorca fassten sie den Entschluss, hier in die Selbstständigkeit zu gehen.

Da sie sich nicht darauf verlassen wollten, dass die Kunden zu ihnen kommen, legten sie sich einen Land Rover Defender zu. „Der Wagen hat neun Sitze, wir können also eine Runde durch Palma oder Llucmajor drehen, die Leute abholen, um mit ihnen an schönen Orten zu trainieren", sagt Wollenberg. So fahren sie zum Beispiel an einem Tag nach Es Puigderros, um beim Mhares Beach Club zu sporteln. „Wir holen uns natürlich immer die Erlaubnis ein." Trainiert wird mit sogenannten TRX-Seilen, die am Defender befestigt werden können. „Unsere Kunden sind zwischen 30 und 75 Jahre alt." Viele hätten Probleme mit dem ­Rücken oder den Gelenken. Da sei speziell das TRX-Yoga hilfreich. Sie wollen ihr Programm bald auch auf Finca-Fitness-Urlaube ausweiten (fitness-with-fun.com, Kurse ab 15 Euro pro Person).

Die Trainerin und Freundin

Ariana Suárez, die mit 13 Jahren von Bolivien aus zu ihrer Mutter nach Mallorca kam, betrat zum ersten Mal als 24-Jährige ein Fitnessstudio. Das war 2014. Schon nach wenigen Monaten Training habe sie an sich selbst große Veränderungen bemerkt. „Ich habe mich sofort wohler gefühlt in meinem Körper und war auch viel selbstsicherer." Als das Studio nach vier Jahren den Beitrag erhöhen wollte, winkte sie dankend ab und beschloss, mit fünf Freundinnen, draußen zu trainieren. Über Instagram (arianasuarezraslan) erreicht die 29-Jährige heute, nach eineinhalb Jahren, nicht nur 10.200 Follower, sondern hat sich auch eine feste Trainingsgruppe aufgebaut. „Ich möchte vor allem Frauen helfen, die in einer schwierigen Phase sind oder viel Gewicht abnehmen möchten. Ziel meiner Trainings ist trotzdem nicht, einen tollen Körper zu haben, sondern glücklich zu sein", so Suárez, die in der auf kos­metische Chirurgie speziali­sierten Clínica ­Dorsia arbeitet. 20 bis 30 Teilnehmer, auch Patienten von dort, kommen sonntags um 8 Uhr zu ihren kostenlosen Bauch-Beine-Po-Fitness- und Dehn-Übungen in den Parc de Sa Riera in Palma de Mallorca. Nach dem Training frühstückt die Gruppe gemeinsam, tauscht Sportkleidung aus oder vermittelt sich Jobs. „Wir sind wie eine Familie", sagt Suárez.

Der Bodybuilder

José heißt mit Nachnamen Solomando (dt. „Ichbefehlenur"), und manche meinen, das passe gut zu dem 35-Jährigen, der als 13-Jähriger mit seiner Familie aus der Extremadura nach Mallorca zog. Dabei gibt er als Personal Trainer und Bodybuilder längst nicht nur Anweisungen, sondern quält sich auch mit seinen Schützlingen. Solomando, der als Kind über die Leichtathletik zum Sport fand, begleitete einige Jahre lang auf Mallorca den blinden Paralympic-Athleten Joan Munar, der mit nur 16 Jahren 2012 der jüngste Teilnehmer an den Spielen in London war. Beim Training rannten sie zusammen, ihre Handgelenke aneinander gebunden. Mit Anfang 20 arbeitete er als Go-go-Tänzer und Maurer und stemmte mit einem Freund Gewichte im Fitnessstudio. Um hauptberuflich Trainings anbieten zu können, machte er den Schein zum Personal- und Fitnessstudio-Trainer sowie Masseur. Dienstags und donnerstags gibt er um 19.30 Uhr im Riera-Park in Palma de Mallorca und montags bis samstags um 8 Uhr an Stränden und in Parks Gruppentrainings. Für 100 Euro pro Monat können Teilnehmer - die meisten sind älter als er - zweimal pro Woche mit Medizinbällen, Seilen und Co. ihr Herz-Kreislauf-System, ihre Kraft und Beweglichkeit trainieren. „Viele haben starke Gewichtsprobleme und zu Beginn oft Mühe, sich ihre Schuhe selbst zu binden. Wenn ich sehe, dass sie es schon nach wenigen Wochen allein hinbekommen, weiß ich, warum ich meinen Job ­liebe." Solomando bereitet auch auf Aufnahmetests bei der Polizei vor (Instagram: solomandoparejo).

Der deutsche Koch

Auf Umwegen zum Personal Trainer geworden ist Manuel Stiebinger. In Deutschland lernte er zunächst als Koch bei Tim Mälzer und Karlheinz Hauser. Zum Ausgleich machte er Hanteltraining und spielte Basketball. Während eines Mallorca-Urlaubs lernte der 29-Jährige einen österreichischen Restaurant-Betreiber kennen, der ihn 2016 engagierte. Nach einem Jahr auf der Insel merkte Stiebinger, dass sein Leben wegen der Arbeitszeiten nur nachts stattfand und er kaum etwas von Mallorca gesehen hatte. Er beschloss, sich selbstständig zu machen und begann eine Ausbildung zum Personal Trainer. Um anschließend für seine Trainings zu werben, verteilte er Flyer. „In den ersten Tagen kamen nur vier Teilnehmer in den Parc de Sa Riera in Palma de Mallorca. Doch die waren sehr zufrieden und brachten ihre Freunde mit." Montags bis freitags von 18 bis 21 Uhr bietet der gelernte Koch dort ein spielerisches Zirkeltraining mit Seilspringen und Medizinbällen an (ab 69,99 Euro pro Monat, ein einwöchiges Probetraining gratis gibt es für alle, die einen Screenshot des Online-Artikels mit ihrem Handy oder PC machen, diesen auf Facebook oder Instagram posten und @Manolomultas verlinken oder den Screenshot auf dem Handy im Riera-Park zeigen können). Bisher kommen vor allem spanische Frauen zwischen 25 und 40 Jahren. Neben einem ­Privat-Training für 450 Euro pro Monat, fährt Stiebinger auf Wunsch auch zu seinen Kunden nach Hause, erstellt ihnen eine Ernährungsplan und bekocht sie (100 Euro pro Tag). „Mir geht es nicht darum, dass die Teilnehmer diesen Sommer geil aussehen, sondern hundert Jahre lang gesund leben", sagt er (www.tribus-s-s.es).