Während der frühere spanische Diktator Francisco Franco vergangene Woche aus seinem Mausoleum im „Tal der Gefallenen" nordwestlich von Madrid geholt und auf einem normalen Friedhof beigesetzt wurde (MZ berichtete), ruht sein Bruder Ramón Franco auf Mallorca fast vergessen weiterhin in Frieden. 81 Jahre nach dem Tod des Flugpioniers und Generalísimo-Bruders erinnert auf dem Friedhof Son Valentí in Palma heute nichts mehr an „den anderen Franco". Erst recht nicht, seit das Rathaus eine Gedenktafel mit dem Namen des Oberstleutnants vor einigen Jahren entfernen ließ. Zusammen mit denen anderer Militärpiloten liegen seine Gebeine wenige Meter vom Haupteingang entfernt unter einem Marmor-Grabmal.

Dabei hatte Ramón ein ziemlich bewegtes Leben, das auf Mallorca tragisch zu Ende ging: 1896 im galicischen El Ferrol geboren, führt er wie seine älteren Brüder Nicolás und Francisco die Militärtradition der Familie fort. Obwohl er sich beim Heer zunächst als Infanterist ausbilden lässt, entdeckt er schon bald seine Vorliebe für die Luftfahrt. 1920 tritt er dann der neu gegründeten spanischen Luftwaffe bei. Sechs Jahre später schreibt ­Ramón Franco Luftfahrtgeschichte: Er überquert mit dem Wasserflugzeug „Plus Ultra" vom spanischen Festland aus den Atlantik nach Argentinien. Er wird als Nationalheld gefeiert - und ist zu diesem Zeitpunkt viel bekannter als sein Bruder Francisco.

Im Jahr 1930 rebelliert Ramón gegen die spanische Monarchie und muss wenig ­später ins Exil nach Lissabon fliehen. Ein Jahr später, nach dem Sturz der Monarchie, zieht Ramón für die separatistische Partei Esquerra Republicana de Catalunya als Abgeordneter ins Parlament ein. Der Kampf­pilot sieht sich langfristig jedoch eher in der Luftfahrt, also meldet er sich bei der spanischen Luftwaffe zurück. Nachdem sein Freund Julio Ruiz de Alda, der ihn bei der Atlantiküberquerung begleitet hatte, durch Milizsoldaten ermordet wird, unterstützt Ramón nach einigem Zögern im Jahr 1936 die Umsturzversuche seines Bruders. Aus ­ihnen wird ein fast dreijähriger Bürgerkrieg, den Franco - auch mit deutscher Unter­stützung - 1939 gewinnen sollte.

Während des Bürgerkriegs war Ramón Franco auf Mallorca stationiert: General Franco macht ihn als Oberstleutnant und Kommandeur zum Leiter der Wasserflugzeugbasis in Pollença. Von den anderen Piloten wird der ehemalige Republikaner mit reichlich Skepsis aufgenommen. Als Ramón am 28. Oktober 1938 mit einem Flugzeug zu einem Einsatz aufbricht, stürzt die Maschine zwischen Mallorca und Menorca ins Meer. Nicht nur er, auch zwei weitere Besatzungsmitglieder kommen dabei ums Leben. Bis heute gibt es wilde Verschwörungstheorien zum Tod der Fliegerlegende: War ein heftiger Sturm schuld, war es Selbstmord, Sabotage oder gar die Rache von Anhängern der Republik? Für den mallorquinischen Schriftsteller Miquel Ferrá lieferten der letzte Flug und das Leben von Ramón Franco reichlich Romanstoff.

Als die Leiche von Ramón Franco geborgen ist, organisiert das Rathaus von Palma eine Totenwache. Hunderte Mallorquiner kommen, um sich von der Fliegerlegende zu verabschieden. Francisco Franco jedoch ist nicht unter den Gästen, stattdessen schickt er seinen Bruder Nicolás nach Mallorca.

Seitdem ist es weitgehend ruhig geworden um das Grab des kleinen Bruders auf Palmas Friedhof - und im Gegensatz zum Streit um die letzte Ruhestätte des spanischen Diktators Francisco Franco dürfte das auch in Zukunft so bleiben.