Seit 1980 arbeitet Isidra Escribano bei der Policia Local in Palma. Im Januar bekam die 59-Jährige die Erlaubnis, im Laufe des Jahres in Rente zu gehen. Das brachte sie so aus der Fassung, dass sie sich erst einmal das schwarz-weiße Karomotiv des Policia-Local-Hutbandes um das Fußgelenk tätowieren ließ. Und die Rente auf das kommende Jahr verschob. „Ich liebe meinen Job einfach zu sehr", sagt Escribano, die zum Interview einen Umschlag alter Fotos und Zeitungsartikel mitbringt. Derzeit wirbt sie auf Infoveranstaltungen für Nachwuchs - vor allem bei den Mädchen. Denn der Frauenanteil liegt bei der Ortspolizei bei gerade einmal sechs Prozent.

Sie waren eine der ersten weiblichen Beamten bei der Ortspolizei. Wie kam es dazu?

Ich wollte schon als kleines Mädchen Polizistin werden, es war meine Berufung. Dabei war niemand aus meiner Familie bei der Polizei. Ich fand die Uniformen toll, und die Möglichkeit, mit Menschen zusammenzuarbeiten.

Aber das war damals gar nicht so einfach ...

Es war schlicht unmöglich. Ich habe schon mit siebzehn, achtzehn Jahren auf der Wache nachgefragt, ob Frauen nicht auch Polizistinnen werden können. Die Beamten haben mich mit großen Augen angeschaut und abgewunken, das wäre nichts für Frauen. Zwei Jahre später erließ die Stadt ein Dekret, das es Frauen erstmals erlaubte, sich zu bewerben.

Wie sahen die Prüfungen aus?

Es gab den theoretischen Teil und dann den körperlichen Eignungstest. Da wurde damals nicht zwischen Frauen und Männern unterschieden, wie es heute üblich ist: Wir mussten dieselbe Leistung erbringen wie die Männer. Von den rund hundert Bewerberinnen schafften das dann nur neun.

Wie war der Berufsstart in der Männerwelt?

Anfangs gab es vor allem organisatorische Probleme. Es gab hier in der Polizeiwache von Sant Ferran nicht einmal Umkleiden für Frauen. Die mussten erst eilig eingerichtet werden. Und dann gab es natürlich bei einigen, gerade älteren männlichen Kollegen einen gewissen Machismo. Wir wurden zwar gut behandelt, aber einige wollten beispielsweise nicht mit Frauen auf Patrouille gehen. Wie sie uns später erklärten, lag das vor allem an der Unsicherheit: „Und wenn wir irgendwo eingreifen müssen, was mache ich dann mit der Kollegin?", fragten sie sich. Wir mussten beweisen, dass wir es nicht nur genauso gut konnten wie sie, sondern besser (lacht). Wir mussten uns doppelt so sehr anstrengen wie die Männer.

Was war Ihr erster Tätigkeitsbereich?

Ich wollte auf keinen Fall am Schreibtisch sitzen, sondern sofort raus auf die Straße! Wir waren neu, motiviert, wollten die Welt erobern. Ich kam in die Verkehrsabteilung, da stand ich auf einem damals fest installierten Podest an den Avenidas. Am allerersten Tag da oben zu stehen, den Arm zu heben und zu sehen, dass die ganzen Autos meinen Befehlen folgen und anhalten - das war ein tolles Gefühl!

Gab es Akzeptanzprobleme bei den Bürgern?

Nein, eigentlich nicht. Irgendein kleiner Großkotz rief im Vorbeifahren schon mal: „Was hast du hier zu suchen, geh gefälligst zurück an den Herd", aber das waren Ausnahmen. Heute würde ich bei so einem Kommentar die Personalien aufnehmen, damals hat man nur mit den Schultern gezuckt und weitergemacht.

Was hat sich geändert, seitdem Sie vor fast 40 Jahren bei der Polizei angefangen haben?

Die Uniformen, zum Glück! Wir wurden am Anfang zwar befragt, ob wir lieber Röcke, ­Hosenröcke oder Hosen tragen würden, und haben uns für Hosen entschieden - gerade wenn man auf einem Verkehrspodest steht, oder auf dem Motorrad unterwegs ist oder jemanden verfolgen muss, da wäre alles andere unpraktisch gewesen. Aber wir hatten eine ­eigene Kopfbedeckung, ein helmähnliches ­Hüt­chen, das an die der englischen Bobbys ­erinnerte, und unsere Schuhe hatten einen leichten Keilabsatz. Heute dürfen wir die beque­mere Mütze tragen, und auch flache Schuhe.

Mussten Sie je die Waffe zücken?

Nein, glücklicherweise nicht. Auch sonst musste ich nie körperliche Gewalt anwenden. Ich habe in den ganzen Jahren stets auf den Dialog gesetzt, und das hat sich immer bewährt. Wenn man einem Verdächtigen von oben herab kommt, dann widersetzten sich die Leute viel eher. Mit Empathie und einer ­Behandlung auf Augenhöhe bin ich da viel weiter gekommen.

Waren Sie immer Verkehrspolizistin?

Nein, nachdem ich lange Zeit den Verkehr geregelt hatte, kam ich zur motorisierten Einheit und fuhr auf der Vespa Streife. Ganz ohne Helm, übrigens - der war damals noch nicht obligatorisch. Dann arbeitete ich 22 Jahre lang in der Funkzentrale. Und seit zwölf Jahren bin ich nun bei der Radarabteilung und regle bei Bedarf auch wieder den Verkehr - etwa vor Schulen oder wenn eine Ampel ausfällt.

Was hat sich im Straßenverkehr verändert, in diesen 40 Jahren?

Der Verkehr ist heute natürlich viel dichter als damals, als ich anfing. Und es gibt mehr Unfälle. Das hat meiner Meinung nach zwei Ursachen: zum einen die Ablenkung, vor allem durch das Handy - das gilt für Autofahrer ebenso wie für Fußgänger. Die zweite Ursache sind die leistungsfähigeren Autos, die viel schneller fahren. Und noch eine Erfahrung habe ich gemacht: Wenn wir uns hinter das Steuer setzen, dann verwandeln wir uns in andere Menschen. Die Leute müssten sich viel deutlicher der Tatsache bewusst sein, dass ein Auto eine tödliche Waffe ist. Und dementsprechend vorsichtiger fahren.