Ob fürs Studium im europäischen Ausland, um mit dem Partner oder der Partnerin an einem Ort leben zu können oder weil der drohende Brexit das Leben hierzulande bald womöglich komplizierter machen wird: Die Gründe, weshalb Insulaner, die nicht in Spanien geboren wurden, die spanische Staatsbürgerschaft beantragen, sind vielfältig. Wer Spanisch nicht als Muttersprache hat, muss neben einem Test zum Allgemeinwissen über das Land namens „CCSE" (Beispiel unter https://www.pruebaccse.com/test-gratuito/) einen Sprachtest machen. Nur wer beide erfolgreich besteht, kann Spanier werden. Manche Antragsteller dürfen dann zwei Staatsbürgerschaften gleichzeitig haben. Andere sind gezwungen, sich für eine zu entscheiden.

Dank EU-Pass zum Dualen Studium in Deutschland

Katherine Grajales (33) aus Kolumbien:

„Das Erste, was ich gemacht habe, nachdem ich 2012 zusätzlich zu meiner kolumbianischen Staatsbürgerschaft die spanische bekommen habe, war eine Reise in die Vereinigten Staaten. Das war immer ein Traum von mir. Mit einem europäischen Pass ist die Einreise dort viel unkomplizierter. Auch zu dem dualen Studium, das ich im Januar 2020 in Deutschland beginnen werde, wäre ich ohne die spanische Staatsbürgerschaft erst gar nicht zugelassen worden. Ich will mich in Bamberg zur Altenpflegerin ausbilden lassen.

Wenn ich mich für eine Nationalität entscheiden müsste, würde ich die spanische nehmen. Den kolumbianischen Pass würde ich zwar pro forma behalten, weil er mich daran erinnert, woher ich komme, er hilft mir jedoch lediglich dabei, leichter nach Kolumbien einreisen zu können.

Im Vergleich zu meiner Mutter, die 2002 nach Mallorca gekommen ist und erst einige Jahre lang ohne Papiere auf der Insel gelebt hat, hatte ich es deutlich einfacher. Ich bin 2007 direkt mit einem Arbeitsvertrag von McDonald's nachgekommen, hatte damit ein geregeltes Einkommen und bekam so schon einmal die Aufenthaltsgenehmigung. Bei McDonald's habe ich dann nur einen Monat lang gearbeitet und bin dann zum spanischen Militär. Auch dort war die Aufnahme ohne die spanische Staatsbürgerschaft kurioserweise damals überhaupt kein Problem. Zu meiner Zeit gab es beim Militär hierzulande mehr Einwanderer als Spanier. Der Sold - als Soldatin bekam ich etwa 900 Euro - war für die Spanier nicht wirklich reizvoll, wo sie doch auf dem Bau 1.500 Euro verdienen konnten.

Bis ich die spanische Staatsbürgerschaft bekommen habe, habe ich mich drei Jahre lang durch allerhand Bürokratie gekämpft. Mit einem Code, den man zugeschickt bekommt, habe ich online immer wieder ungeduldig geprüft, in welchem Bearbeitungsstatus mein Antrag war. Ich erinnere mich noch, dass ich den Behörden am Ende relativ einfache Fragen beantworten musste: Wie sieht die spanische Nationalflagge aus? Seit wann ist José Luis Rodríguez Zapatero Ministerpräsident von Spanien? Mittlerweile ist der Test deutlich schwerer geworden."

Wegen des Brexits auf Nummer sicher gehen

Jessica Barnard (30) aus England:

„Seit das Vereinigte Königreich 2016 in einem Referendum beschloss, aus der EU auszutreten, reift der Plan in mir, Spanierin zu werden. Mittlerweile fehlen mir hoffentlich nur noch die erfolgreich absolvierten Sprach- und Wissenstests, um die Staatsbürgerschaft zu bekommen. Alle anderen Papiere habe ich zusammen mit meinem Anwalt schon eingereicht. Zuerst hatte ich einen Anwalt in Madrid beauftragt, der hat 800 Euro verlangt und mir am Ende nichts gebracht. In Palma habe ich nur 300 Euro gezahlt.

Ich lebe seit 27 Jahren auf der Insel, offiziell werden bei der Einbürgerung nur mindestens zehn gefordert. Mein Mann stammt aus Südafrika. Wenn ich die Nationalität erst einmal habe, bekommt er sie ein Jahr später hoffentlich problemlos. Auch deswegen bin ich an der spanischen Staatsangehörigkeit interessiert. Wir haben schon auf Schiffen und in vielen Ländern, vor allem hier in Europa, gelebt. Trotzdem verzichte ich nur schweren Herzens auf meine britische Staatsbürgerschaft. Bisher hatte ich mit ihr auf der Insel keine Probleme. Auch meine Eltern, die ebenfalls auf Mallorca wohnen, werden die Papiere einreichen, sollte es Schwierigkeiten mit der Rente oder andere Probleme geben. Ob ich als Spanierin dann noch ohne Visum in Großbritannien einreisen kann, weiß niemand - nicht einmal die Anwälte."

Froh über die beiden Zugehörigkeiten

Mohamed Serroukh (37) aus Marokko:

„Wenn ich mich Menschen hier als ,Mohamed' vorstelle, sind die meisten sehr überrascht. Auch auf dem Pere-Garau-Markt spricht mich keiner der vielen Marokkaner auf Anhieb auf Arabisch an. Man sieht mir meine Wurzeln eben nicht an. Mittlerweile lebe ich schon 30 Jahre lang auf Mallorca. Da kann man schon mal als Spanier durchgehen. Ich bin mit sieben Jahren auf die Insel gekommen. Meine Eltern, die zuvor schon in verschiedenen anderen europäischen Ländern gelebt und gearbeitet hatten, haben meine vier Schwestern und mich nachgeholt. Zu dem Zeitpunkt hatten meine Eltern die spanische Staatsbürgerschaft schon. Als ihr minderjähriger Sohn habe ich sie direkt nach meiner Einreise ziemlich leicht bekommen. Eine Schwester, die damals 14 Jahre alt war, hatte etwas größere Probleme.

Ich bin sehr froh, zwei Staatsbürgerschaften gleichzeitig haben zu dürfen, mein marokkanischer Pass ist allerdings abgelaufen. Da man so viele Dokumente einreichen muss, war ich, ehrlich gesagt, bisher zu faul, mir einen neuen ausstellen zu lassen. Als 14-Jähriger habe ich mit einer meiner Schwestern noch einmal vier Jahre in Marokko gelebt. Ich wäre dageblieben, aber meine Schwester hat mich wieder nach Mallorca geschleift. Bis auf eine, die in Holland lebt, sind alle meine Geschwister noch auf der Insel, mit Spaniern oder Mallorquinern verheiratet und haben Kinder."

Mit Thermobecher und Schlafsack vor dem Jugendgericht

Johanna Vidal (33) und Mónica Hormazabal (52) aus Chile:

„Wir sind 2001 nach Mallorca gekommen", sagt Mónica Hormazabal. „Mein Mann ist schon ein Jahr vorher hergezogen und hat als Koch gearbeitet. Ein Freund hatte ihm von Mallorca erzählt. Eigentlich wollte mein Mann uns erst nach einem Jahr nachholen. Als er uns schon nach vier Monaten gefragt hat, ob wir früher kommen wollen, war ich sofort dafür - die Familie war zuvor schon lange genug getrennt."

Weniger begeistert von dem Umzug war die gemeinsame Tochter Johanna Vidal: „Als ich davon mitbekam, habe ich stundenlang nur geweint. Ich war vierzehn und hatte gerade meinen ersten Freund in Chile und einen stabilen Freundeskreis. Also habe ich meiner Mama vorgeschlagen, dass ich bei meiner Oma bleibe", sagt Johanna Vidal. Die Mutter lehnte ab: „Solange du minderjährig bist, kommst du mit", sagte sie damals.

„Als Verwandte mitbekommen haben, dass wir nach Europa auswandern, waren sie neidisch", sagt Mónica Hormazabal. „Viele denken, wir schwimmen hier im Geld. Dabei haben sie keine Ahnung, wie viel Mühe uns dieses ruhige und sichere Leben gekostet hat. Zunächst habe ich schwarz als Putzfrau bei einer Familie in Bunyola gearbeitet. Die Familie stellte mir dann auch einen Arbeitsvertrag, sodass ich eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen konnte. Zehn Monate später hatten wir sie. Danach hat es noch einmal weitere sechs Jahre gedauert, bis meine ganze Familie die spanische Staatsbürgerschaft hatte. Ich weiß gar nicht mehr genau, in welchem Jahr das war. Dafür erinnere ich mich noch gut daran, dass wir ab 23 Uhr abends mit Thermobecher und Schlafsack am Jugendgericht Schlange standen, um am nächsten Morgen eine Nummer zugewiesen zu bekommen, damit man unsere Papiere bearbeitet. Zeitweise mussten wir auch nach Barcelona reisen, da das Konsulat in Palma de Mallorca geschlossen war. Dafür war das Schwören auf die spanische Flagge ziemlich unspektakulär. Der Mann der Behörde, der uns gegenübersaß, ist dazu nicht einmal aufgestanden", sagt Mónica Hormazabal.

Ihre Tochter hat sich längst mit Mallorca und Spanien angefreundet. „Wenn ich mich irgendwann zwischen beiden Staatsbürgerschaften entscheiden müsste, würde ich auf jeden Fall die spanische wählen. Ich bin zwar in Chile geboren, habe aber mehr als mein halbes Leben hier verbracht."

So schnell wie möglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft beantragen

Ly Leakhana (29) aus Kambodscha und Jorge Martínez (40) von Mallorca:

„Meine Freundin ist im kambodschanischen Dschungel aufgewachsen. Wir haben uns kennengelernt und verliebt, als ich zwei Jahre lang in Kambodscha gearbeitet habe. Gemeinsam nach Spanien zu ziehen, war mein Vorschlag. Hier hat sie ein besseres Leben, eine Krankenversorgung und bekommt später hoffentlich eine geregelte Rente. Zunächst war unser Plan, in Kambodscha zu heiraten, doch dafür muss man als Ausländer einen Lohn nachweisen, der für mich als Tätowierer unrealistisch hoch war. Daraufhin habe ich mich bei der spanischen Botschaft in Thailand - in Kam-

bodscha selbst gibt es keine - erkundigt, welche Papiere wir benötigen, um zusammen in Spanien leben zu können.

Ly ist dann mit einem 90 Tage gültigen Touristenvisum hierhergekommen. Leider hat sie damit kaum Rechte. Einmal etwa hat sie gesehen, wie ein Straßenhändler etwas geklaut hat. Sie ist regelrecht ausgeflippt, da sie solche Vorfälle aus ihrer Kultur nicht kennt, und wollte einschreiten. Doch mit einem Visum bringt sie sich in einer solchen Situation womöglich noch selbst in Schwierigkeiten. Auch den europäischen Führerschein - in ihrem Land fährt jeder, wie er will - kann sie nur mit offiziellen Aufenthaltspapieren machen. Damit wir hier in Ruhe zusammenleben können, haben wir direkt nach unserer Ankunft auf der Insel alles in die Wege geleitet, um so bald wie möglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft (pareja de hecho) zu sein. Das kann neun Monate dauern.

Ich habe hier auf Mallorca viele Freunde, die ebenfalls mit Partnerinnen aus dem außereuropäischen Ausland auf die Insel gekommen sind. Alle von ihnen haben sich zuerst darum bemüht, die eingetragene Lebenspartnerschaft offiziell genehmigt zu bekommen.

Darüber, ob Ly irgendwann versuchen wird, die spanische Staatsbürgerschaft zu bekommen, haben wir noch gar nicht gesprochen. Ich weiß auch gar nicht, ob Kambodschaner überhaupt zwei Nationalitäten haben können. Sicherlich wird bei der Entscheidung, sobald es einmal so weit ist, auch der Zustand, in dem sich das Land befindet, eine Rolle spielen. Gerade ist Kambodscha ja eher auf dem Weg, eine Diktatur zu werden."

So geht Einbürgerung in Spanien

Wer auf Dauer in Spanien lebt, hat ein Recht auf die spanische Staatsbürgerschaft. Die Anzahl der Jahre, die man dafür ununterbrochen im Land gewohnt haben muss, variiert aber. Legal eingereiste Einwohner, also zum Beispiel EU-Bürger, die für den Aufenthalt hier kein Visum benötigen, müssen zehn Jahre lang ununterbrochen und rechtmäßig in Spanien gelebt haben. Für Bürger aus Staaten des amerikanischen Kontinents, die einst spanische Kolonien waren, gilt eine Frist von fünf Jahren. Kinder ausländischer Eltern, die in Spanien geboren sind, können nach einem Jahr eingebürgert werden, sofern sich die Eltern legal im Land aufhalten. Auch Ehepartner oder Witwer von Spaniern können die Staatsbürgerschaft bereits nach einem Jahr beantragen. Kinder, die zumindest ein spanisches Elternteil haben, erhalten die Staatsbürgerschaft automatisch. Vor Ort zuständig sind die Standesämter. Weitere Informationen auf der Website: https://www.mjusticia.gob.es/cs/Satellite/Portal/es/areas-tematicas/nacionalidad