Am coolsten sei es in Nancy (Frankreich) gewesen, sagt Milan. „Da gab es neben dem Campingplatz einen richtig tollen Fußballplatz." Der Achtjährige ist für sein Alter ein erfahrener Weltenbummler. Mit seinen Eltern Maaike und Coen Vaessen sowie seinen kleineren Geschwistern Fune (6) und Ravi (3) ist er seit Mitte Juni mit dem Fahrrad durch Europa unterwegs - die letzten fünf Wochen davon auf Mallorca.

„Eigentlich gehen wir immer im Sommer auf zweiwöchige Fahrradtour", erzählt der 43-jährige Vater Coen. „Aber wir wollten unseren Kindern auch mal zeigen, wie es ist, lange Zeit unterwegs zu sein. Also haben wir vor fünf Jahren angefangen zu planen und für die Reise zu sparen." Der Sozialarbeiter und seine Frau aus Amsterdam mussten Arbeitgeber und Schule überzeugen. „Maaike ist Lehrerin und hat den Kindern immer morgens zwei Stunden Unterricht gegeben. Wir waren auch im ständigen Austausch mit der Schule." Es sei nicht leicht gewesen, eine Genehmigung zu bekommen. „Das Gesetz ist in den Niederlanden sehr streng. Aber die Schule hielt unser Projekt für eine gute Idee." Von Maastricht aus startete die Familie über Deutschland, Belgien und Luxemburg nach Frankreich. „Unsere Etappen waren rund 30 bis 50 Kilometer lang." Die Familie ist rund die Hälfte der Tage gefahren. „Wir haben alles ganz langsam gemacht. Wenn die Kinder irgendwas gesehen haben, was sie interessant fanden, einen Spielplatz oder so, dann haben wir angehalten."

Die beiden Kleinen fuhren im Anhänger, Milan hatte sein eigenes Fahrrad, das bei Bedarf an die der Eltern angeschlossen werden konnte. Coen lacht: „Wir haben alle ziemlich viel Kraft gewonnen im Laufe der Zeit. Vor allem Milan: Am Anfang ist er rund zehn Kilometer pro Etappe selbst gefahren. Aber die vergangenen Monate hat er alles allein gemacht."

Das Leben draußen erleben

Geschlafen wurde auf Campingplätzen, die ganze Familie übernachtete in einem Zelt. „Wir wollten, dass die Kinder das Leben draußen erleben", sagt Coen. „Auf Mallorca war das aber schwierig." Manche Nächte hat die Familie auf Campingplätzen etwa bei Can Picafort oder in Hipocampo bei Cales de Mallorca geschlafen. „Über die Radfahrer-Plattform Warmshowers haben wir zudem bei anderen Radsportfans übernachten können und so viele Leute kennengelernt." Manchmal sei man auch im Hotel gelandet. „Da fällt einem auf, wie sehr man an das Leben draußen gewöhnt ist."

Für das Familienleben sei die Reise ein Luxus gewesen. „Wir konnten richtig viel Zeit mit den Kindern verbringen. Die ganze Hektik des Alltags war in den vergangenen Monaten komplett verschwunden. Ich habe gemerkt, dass die Kinder richtig gewachsen sind. Und sie haben viel gelernt."

Auf dem Weg habe sich etwa das Obst verändert, das man am Wegesrand fand, oder auf den Feldern wuchs. „Wir waren auch auf Bauernhöfen mit Tieren." Falls es noch einen Beweis für das Gelernte braucht, zählt Milan fehlerfrei auf Spanisch „Un, dos, tres, cuatro, cinco, seis, siete, ocho, nueve, diez" herunter. Neben der Abenteuerlust stecke hinter der Reise auch der Gedanke der Nachhaltigkeit, sagt Coen. Die meisten Strecken seien mit dem Fahrrad absolviert worden, von Toulon aus setzte die Familie mit der Fähre auf die Insel über. Zurück ging es von Palma aus am Donnerstag (5.12.) nach Barcelona „Wir wollen einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Deshalb nehmen wir auch von Barcelona aus den Zug zurück in die Heimat. Das ist etwas teurer, aber es ist es wert." In der niederländischen Heimat habe die Familie kein Auto. „In Amsterdam ist das kein Problem."

Auf Mallorca sei die Familie überrascht gewesen, wie viele Rennradfahrer es gebe. „Allerdings gibt es wenige Radfahrer, wie wir es sind." Die Erfahrungen seien weitgehend positiv gewesen. „Die Autofahrer haben viel Rücksicht auf uns genommen, viele haben uns zugewunken. In der Hinsicht war es eine der besten Gegenden, die wir auf unserer Reise besucht haben."

Besonders gut gefallen hat der Familie der Norden der Insel. Da gebe es sehr viele ruhige Wege abseits der großen Straßen. „Ich glaube Mallorca hätte viel Potenzial, was diese Art von Tourismus betrifft", resümiert Coen. „Allerdings bräuchte es dafür den Willen, Campingplätze zuzulassen. Ich habe gehört, da hapert es hier noch."

Endlich die Freunde sehen

Maaike und Coen sagen, sie hätten auf der Reise viel Glück gehabt. „Ich glaube, wir hatten nur viermal platte Reifen", sagt die 39-jährige Mutter. Milan spielt derweil mit seinen kleinen Geschwistern, die Sonne lässt das Meer am Hafen von Palma glänzen. Die Fähre von Baleària wartet schon. In ein paar Tagen wird die große Familienreise vorbei sein. Ist Milan traurig? „Nein", antwortet der Achtjährige. Er freue sich darauf, endlich wieder seine Freunde zu treffen.