Dass weltliche Bräuche ab und an den Kirchgang stören, daran haben sich die frommen Katholiken in Son Servera auf Mallorca gewöhnt. Schließlich eignet sich der Kirchplatz auch hervorragend zum Bolzen. Aber stinkende Dixi-Klos am Kirchenportal, singende Säufer, die den weihnachtlichen Sibyllengesang stören, und ein Urin-Rinnsal über den Kirchplatz durch das die Besucher der heiligen Christmette stapfen mussten - das brachte das Fass zum Überlaufen.

Pater Jaume Mercant sah sich jedenfalls gezwungen, die - im Regionalfernsehen live übertragene - Christmette zu Heiligabend etwas polternd zu beginnen: „Ich müsste das wohl nicht tun, aber irgendwie möchte ich mich dafür entschuldigen, dass wir die Christmette mit Partygeräuschen im Hintergrund feiern, und dafür, dass sie uns zwei Toiletten vor den Kircheneingang gestellt haben", leitete Mercant die Weihnachtszeremonie ein.

In Son Servera prallen am 24. Dezember ein religiöses und ein weltliches Fest aufeinander. Christen feiern bekanntlich andächtig die Geburt ihres Heilands. Und ein Wirtshaus am Kirchplatz startete vor einiger Zeit eine zweite Tradition, der sich Jahr um Jahr mehr Jünger anschließen: Zum sogenannten „Heilignachmittag" (Tarde Buena) treffen sich in und vor der Bar weihnachtsmüde Menschen, die am Festtag vor allem feiern wollen: ohne Chor und Abendmahl, dafür mit lauter Musik und Bier.

Mittlerweile pilgern selbst Bewohner der umliegenden Dörfer nach Son Servera, um dem heidnischen Heilignachmittag zu frönen. Da weder die Toiletten der Bar noch die vom Rathaus vor der Kirche postierten Dixi-Klos ausreichten, pinkelten viele Säufer auf die Straße. Und weil die Johannes dem Täufer geweihte Kirche dummerweise etwas tiefer liegt, sammelte sich die gelbe Soße auch vor dem Kirchenportal.

Pater Mercant war stinksauer. Er ermahnte die Sozialisten im Rathaus, dass sie doch nicht nur an die Menschen auf dem Kirchplatz, sondern bitte auch die Menschen in der Kirche denken sollten. /tg