Was aus den sozialen Netzwerken wie Instagram, Twitter, Facebook oder Youtube plötzlich die große Runde macht, ist manchmal unergründlich. Nun ist es ein 6-Sekunden-Video des 13-jährigen Mallorquiners Miquel Montoro. Es zeigt ihn, wie er in die Küche in seinem Zuhause zwischen Artà und Sant Llorenç kommt, eine blubbernde Pfanne auf dem Herd sieht, darin auch duftende Hackbällchen, und begeistert ausruft: Hòstia, pilotes! Oh, que són de bones! M'encanten!, was frei übersetzt etwa heißt: „Hammer, Hackbällchen! Die sind so was von lecker! Ich liebe sie!"

Ist es Miquels freundliches Milchgesicht? Seine sympathische ländliche Aussprache? Die unverblümte Begeisterung eines Landbuben für das Essen seiner Mutter? Oder die Tatsache, dass Miquel schon seit Jahren ein Internetphänomen ist und ihm auf Instagram bereits weit über eine Million Fans zuschauen? Jedenfalls wurde der Ausspruch in kurzer Zeit zur Mode. Ein Twitter-Nutzer mit dem Namen @OstiaPilotes twittert das Video seither jeden Tag.

Die mallorquinischen pilotes - auf Deutsch würden wir sie Klopse, Buletten Hackbällchen, Frikadellen, Fleischpflanzerl, Laberl oder Küchle - nennen, sind fast über Nacht so berühmt geworden, dass Ikea wohl Angst hatte, Konkurrenz zu seinem Identifikationsträger Köttbullar (Schweden sprechen das übrigens „Schötbúlar" aus) zu bekommen. Jedenfalls nutzten die Werbefachleute von Ikea-Spain per Twitter den mallorquinischen Ausspruch, um Werbung für ihre abgepackten Industrie-Klöße zu machen. In einem Interview reagierte Miquel darauf etwas verschnupft: „Sie hätten mich zumindest fragen können", merkte er an.

Ikea gegen Miquel. Internationaler Großkonzern gegen mallorquinisches Mondgesicht. Lebensmittelindustrie gegen Mamas Inselhauskost. Köttbullar gegen pilotes - das ist wie Goliath gegen David, da kann man nur auf einer Seite stehen! Auf Instagram wettern seither Mallorquiner darüber, dass man beim Ikea-Einkauf nicht auf Mallorquinisch bedient werde. Und der balearische TV-Sender lud Miquel sofort ein, um die mallorquinischen pilotes vorzukochen. Dass Miquel eigentlich lieber Lasagne isst, wie er in einem anderen Interview verriet, verschwieg man hier besser.

Die Solidarität mit Miquels Hackbällchen (die Übersetzung von pilotes ist eigentlich „Bälle") geht inzwischen weit über die Inselgrenzen hinaus. Das hat viel mit der Late-Night-Show „La Resistencia" zu tun, dessen Team das schon ältere Pilotes-Video erst in Umlauf brachte und Montoro nun auch in die Sendung einlud (der Junge pries dort jetzt auch die Sobrassada).

Seinem Youtube-Kanal, in dem es meist um das Landleben im abgelegenen Teil der Insel geht, dürfte das zuträglich sein. In den Videos lernen die 160.000 Fans etwa, wie man Fliegenfallen aus Plastikflaschen bastelt, oder - damit fing der Hype an - dass man das „Weiße von der Orange mitessen" muss, weil das gegen Erkältung helfe und weil das seine Großeltern auch so machen.

Mit den pilotes schaffte es der 13-jährige Influencer sogar in die Welt des Spitzensports. Den Einzug ins Halbfinale der Handball-EM feierte Spaniens Nationalspieler Julen Aginagalde mit zwei Handbällen und einem Twitter-Video, in dem er sagt: Òstia, pilotes! Oh, que són de bones! M'encanten! (Hammer diese Bälle! Die sind so gut. Ich liebe sie!) Kurze Zeit später verteidigten die spanischen Handballer mit diesen pilotes ihren Meistertitel. Austragungsort des Finales: Stockholm, also die Köttbullar-Hauptstadt.