In die Klischeefalle getappt. Wie wird uns Butler Daniel Rudolf wohl empfangen? Im Anzug mit steifem Kragen, Fliege und weißen Handschuhen? Schließlich hatten wir ihn gebeten, fürs Foto seine typische Berufskleidung anzuziehen. Doch als er die Tür öffnet, steht uns ein junger Mann mit Bart gegenüber, er trägt schwarze Jeans zum blauen Jackett, der erste Knopf des weißen Hemds ist geöffnet. Schick. Aber auch nicht zu elegant. Ist das heutzutage die normale Arbeitskleidung für einen Butler? „Ja, es gab nur zwei Arbeitgeber, die verlangt haben, dass ich einen Anzug mit Krawatte trage“, antwortet der 37-Jährige.

Der eine war ein russischer Oligarch, der andere ein Geschäftsmann in Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan. „Für ihn sollte ich eine Inventur seines Humidors vornehmen; ich habe Hunderte Zigarren auf Risse überprüft und auf ihren Wert eingeschätzt.“ Zwei Wochen sollte er bleiben, daraus wurden fünf Monate. Am Ende blieben 5.441 Zigarren übrig mit einem Gesamtwert von 186.754 Euro – Genauigkeit gehört zu seinem Beruf, den man heute eher als LifestyleManager beschreiben würde.

Den Familien das ganze Leben organisiert

Anderswo war Daniel Rudolf zuständig für Einstellung und Training des Hauspersonals – je nach Familie konnten das 20 oder mehr Angestellte sein. Ihm oblag die Kontrolle des Haushalts, sodass zum Beispiel alles auch nach dem Putzen wieder an seinem richtigen Platz stand, die Verwaltung des Fuhrparks, Kinderbetreuung, Urlaubsplanung, Restaurantbesuche, Einkaufslisten. Kurzum: „Ich habe den Familien das ganze Leben organisiert.“ In Worms (Rheinland Pfalz) geboren, lernte Daniel Rudolf zunächst Koch. 2004 heuerte er in dieser Position auf dem Kreuzfahrtschiff „Cara“ der AIDA-Gruppe an, die damals in Asien unterwegs war. „Ich wollte die Welt sehen.“

Nach der AIDA arbeitete er für eine Reihe hochklassiger Restaurants wie dem Mosimann’s Belfry London oder dem Le Divellec in Paris. Er begann auf Empfehlung, als Privatkoch für betuchte Familien zu arbeiten und übernahm bei einigen mehr und mehr Verantwortung im Haushalt. 2012 wechselte er seine Profession und besuchte das British Butler Institute in London, das er mit einem Diplom abschloss. Sein Spezial-Wissen um Zigarren oder Wein stammt aus Weiterbildungskursen, so kann er auch als Chauffeur gepanzerte Limousinen fahren.

Es fällt leicht, mit Daniel Rudolf ins Gespräch zu kommen. Er schaut seinem Gegenüber aufmerksam in die Augen, hört zu und nimmt sich einen Moment, um auf Fragen zu antworten. Aus seinen acht Jahren als Privatkoch und fünf Jahren als Butler hat er einige Anekdoten parat – natürlich ohne Namen zu nennen. Verschwiegenheit ist in diesem Beruf natürlich Ehrensache.

„Niemals jemanden geduzt“

Besonders schwierig sei es gewesen, ständig einen professionellen Abstand zu den Familien zu halten, auch wenn er mit ihnen zusammengelebt hat. „Ein Klopfen auf die Schulter des Chefs aus einem glücklichen Moment heraus ist schon zu viel“, sagt er. Man müsse sich ständig kontrollieren. „Ich habe niemals jemanden geduzt, auch wenn es mir angeboten wurde.“

Alkohol sei eine Herausforderung. „Ich habe Jagdgesellschaften in den Alpen begleitet, auf den Hütten gab es keinen Strom. Nachts wurde am Feuer Schnaps ausgeschenkt. Auf Wunsch des Chefs habe ich da auch einen mitgetrunken.“ Am besten sei es, weitere Gläser unbemerkt zu verschütten. Oder sich, wie im Fall eines russischen Kunden, einen Trick zu überlegen. „Wenn dieser Oligarch 200 Gäste hatte, wollte jeder mit ihm einen Wodka trinken. Dafür hatte er eine spezielle Wodka-Flasche, die mit Wasser gefüllt war.“

Daniel Rudolf musste dafür sorgen, dass die Flüssigkeit im richtigen Glas landete. So sei auch er auf einigen Partys in Russland nüchtern geblieben, bei denen es hoch herging. „Irgendwann hingen die Mädels topless im 300 Kilogramm schweren Kronleuchter. Da beginnt man schon, sich Sorgen zu machen“, erinnert er sich. Insgesamt 44 Länder hat Daniel Rudolf in den vergangenen Jahren mit und für seine Arbeitgeber besucht, darunter Privatinseln in der Republik Fidschi. Er war in Dubai, auf den Bahamas oder auf der französischen Luxusinsel St. Barth. „Im dortigen Nikki Beach beträgt der Mindestumsatz für einen Tisch 52.000 Euro.“

In die Insel verliebt

Sein Berufsleben führte ihn auch nach Mallorca, wo er für die Besitzer eines gehobenen Anwesens ein „Foodkonzept“ erstellte. Dabei ging es darum, Gästemenüs für verschiedene Veranstaltungen festzulegen. Mallorca gefiel ihm. Die Schönheit der Insel und die guten Fluganbindungen haben ihn dazu veranlasst, sich vor zwei Jahren in Cala Morlanda an der Ostküste eine Wohnung zu mieten, um dort seine Freizeit zu verbringen. Gearbeitet hat in der Regel vier Monate am Stück, sieben Tage die Woche, 14 Stunden pro Tag. Dann hatte er zwei Monate frei. Doch das gehört der Vergangenheit an, am 30.12. hatte er seinen letzten Arbeitstag in New York.

Seit zwei Wochen wohnt Daniel Rudolf in Palmanova. Er hat sich mit seiner Agentur „Xclusive Mallorca“ selbstständig gemacht. Man kann ihn auf der Insel jetzt gewissermaßen direkt „mieten“ als PrivatButler (ein Tag für 550 Euro), LimousinenFahrer oder Verwalter gehobener Fincas in Abwesenheit der Eigentümer.

American Express in Schwarz

Beim Gang durch seine perfekt aufgeräumte und vorwiegend in Weiß eingerichtete Wohnung mit Dachterrasse und Meerblick halten wir an seinem Schreibtisch inne. Wo andere Bilder mit Familienangehörigen haben, steht bei Daniel Rudolf eingebettet in einem weißen Rahmen eine schwarze American-Express-Karte – eine der exklusivsten Kreditkarten der Welt. „Meine letzte Familie in New York hat sie mir anvertraut“, sagt Daniel Rudolf.

400.000 Euro habe das Limit betragen, pro Tag konnte er sich 10.000 Euro Bargeld am Automaten ziehen, um Erledigungen für die Familie zu machen. Die Karte erinnere ihn daran, wie weit er es nach seinem Aufbruch in die weite Welt gebracht hat. Nun gelte es, in seinem eigenen Privatleben einiges aufzuholen. „Ich hatte in den letzten 15 Jahren zwei feste Freundinnen. Keine Beziehung hielt länger als fünf Monate.“ Ein bisschen privates Glück zum beruflichen wäre ja auch nicht schlecht.