Seit 1989 lebt der Österreicher Gerry Arnsteiner auf der Insel, 1999 übernahm der Manager für die Gruppe Cursach die Umsetzung des Megaparks. Der 51-Jährige ist verantwortlich für alle Unternehmen der Gruppe Cursach an der Playa de Palma. Kürzlich hat Francina Armengol, Ministerpräsidentin der Balearen, entschieden, dass die Nachtclubs und Bars in der Phase drei nicht öffnen dürfen. Normalerweise gibt Arnsteiner keine Interviews, für die MZ macht er angesichts der Lage eine Ausnahme.

Wann wird der Megapark wieder aufmachen?

Das hängt im Wesentlichen von drei Komponenten ab. Das Erste sind die bilateralen Abkommen der Länder, damit die Gäste wieder einreisen dürfen. Der zweite Punkt sind die sanitären Auflagen zum Schutz unserer Gäste, die vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden. Diese Auflagen müssen so sein, dass unser Geschäftsmodell funktionieren kann.

Welche Auflagen stehen dem im Weg?

Zuerst einmal die vorgeschriebene Distanz von zwei Metern zwischen den Tischen. Das ergibt keinen Sinn. Selbst wenn die Gruppen zwei Meter voneinander getrennt sind und man dementsprechend viele Tische aufstellen würde, würde es doch zu einer Gruppendynamik kommen, die man nicht kontrollieren kann. Ich bräuchte für jeden Tisch einen Aufpasser. Bei einem Restaurant ist das etwas anderes.

Darum will Ministerpräsidentin Francina Armengol ja auch die Eröffnung von Nachtclubs und Diskotheken so lange wie möglich herausschieben.

Ja, aber das ist ja die Sauerei. Draußen auf der Straße wird praktisch nichts mehr kontrolliert. Mindestabstand auf den Straßen und öffentlichen Plätzen? Leute, ihr seht doch, dass das nicht funktioniert. Egal ob in Palma, Portals, Calvià oder sonst wo auf der Insel. Wenn man sich am Wochenende nachts um ein Uhr die Terrassen der Kneipen anschaut, dann gibt es da keinen Mindestabstand mehr. Der botellón breitet sich seit letzter Woche wieder aus. Auf der anderen Seite dürfen die Diskotheken und Bars nicht aufmachen, das passt doch nicht zusammen.

Was spricht denn dafür, dass die Diskotheken wieder aufmachen sollten?

In den Diskotheken arbeitet ein professionelles Management. Wir sind doch nicht diejenigen, die ihre Hemdknöpfe bis zum Nabel offen haben, mit einem Bier in der Hand, und wir machen ein bisschen Business. Wir sind langweilige Executives, die ihren Job sehr, sehr ernst nehmen, ich bin außerdem ein großer Sicherheitsfanatiker. Wir haben wochenlang an einem Sanitätskonzept gearbeitet, damit wir unsere Kunden vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus schützen können. Wir Diskothekenbetreiber haben das Konzept im Gesundheitsministerium abgegeben, und es ist von Madrid autorisiert worden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Und dann kommt Frau Armengol und sagt, die Diskotheken bleiben geschlossen? Die Unterhaltungsbranche ist ein sehr wesentlicher Faktor, warum so viele Touristen nach Mallorca kommen und für eine Saison von sechs Monaten oder mehr sorgen, während eine Hauptsaison in den meisten Urlaubsdestinationen gerade einmal 100 Tage dauert.

Sie halten den Alleingang der Balearen also für einen Fehler.

Wir Unternehmer bezahlen für alle Entscheidungen der Politiker seit dem Lockdown und dem daraus erfolgten totalen Stillstand der Unternehmen im Tourismus, der Gastronomie und so weiter. Auf so etwas kann man sich höchstwahrscheinlich nicht vorbereiten. Umso bedauerlicher ist es, wie mit dem schrittweisen Wiederaufsperren seitens der Behörden umgegangen wird. Ich bin einer der Chief Executives dieser Firma, Eigentümer und Betreiber von gastwirtschaftlichen Betrieben. Mich hat es von A bis Z, von oben bis unten erwischt. Wir zahlen über 35 Prozent Lohnsteuern. Das ist überhaupt kein Thema, das ist unser Beitrag für den Staat, in dem wir wohnen. Doch mit null Einkommen verdiene ich auch null, und es gibt keinen Ausgleich im Verhältnis zu den Steuern, die ich jedes Jahr bezahle. Niemand redet diesbezüglich über die Risiken, die ein Unternehmer eingeht, um ein Geschäft oder Unternehmen aufzubauen. Kein Staat versichert dieses Risiko und steht mit ausgebreiteten Armen zur Verfügung, wenn ein Unternehmer pleitegeht. Darüber macht sich anscheinend kein Politiker Gedanken, wenn er seine Ideologien verbreitet. Damit es Arbeit und Arbeitsplätze gibt, braucht man Unternehmer. Die Politik ist dafür da, Rahmenbedingungen zu schaffen. Und auf dieser Insel geht es nun mal um den Tourismus in seiner Gesamtheit.

Klagt man da als Unternehmer nicht auf hohem Niveau?

Nein, Covid-19 ist für uns Unternehmer eine Katastrophe. Es kommt gerade so rüber, na gut, dann haben wir jetzt die Pandemie, und sie geht auch wieder vorüber. Covid-19 ist für Spanien das größte Desaster, das man sich vorstellen kann. Was da noch alles an sozialen Abgründen im Herbst und im Winter auf uns zukommt, das kann man sich im Moment noch gar nicht vorstellen.

Sie sprachen anfangs von einem dritten Punkt, der erfüllt werden müsse, damit der Megapark wieder aufmachen kann.

Dafür braucht man ein bisschen betriebswirtschaftliches Verständnis, es geht um die ERTE. Wenn ich mich als Unternehmer entscheide, egal um was für einen Betrieb es sich handelt, dass ich von 100 Angestellten, die sich im

ERTE befinden, 20 rausnehme, weil ich vielleicht 20 Prozent meines vorherigen Umsatzes machen kann, dann zahle ich für sie 30 Prozent der Sozialabgaben. Gleichzeitig verpflichtet mich der Staat, für die verbliebenen 80 Mitarbeiter 55 Prozent der Sozialabgaben zu übernehmen. Das ist doch der Wahnsinn schlechthin. Die Politiker denken sich, so nötigen sie die Unternehmen dazu, möglichst alle Angestellten aus dem ERTE zu holen. Nein. Wenn vielleicht bestenfalls 30 Prozent der Touristen noch diese Saison zurückkommen, dann kann ich doch auch nur 30 Prozent meines vorherigen Umsatzes generieren. Dafür kann ich doch nicht 100 Prozent meiner Belegschaft aus der Kurzarbeit holen. Ja um Himmels willen, wir wollen unsere Mitarbeiter doch beschäftigen. Wir brauchen sie, um Umsätze zu generieren, sie sind ein wesentlicher Teil im Umgang mit unseren Gästen. Ich freue mich für jeden, der Arbeit hat, der auf seine Gesundheit achten kann und dessen Einkommen gesichert ist. Aber dafür muss man uns Unternehmer auch unsere Arbeit machen lassen.

Das ERTE-Modell soll in Sachen Sozialabgaben überarbeitet werden, sodass nicht mehr so viel gezahlt werden muss.

Ja, soll es. Aber das ist weder abgesegnet, noch konkret besprochen. Und vor allem ist es nicht rückwirkend. Man könnte glauben, der sich das ausgedacht hat, hat so viel Geschäftssinn, der würde mit einem Tabakladen am Borne im Zentrum von Palma bankrott gehen und Arbeitsplätze über kurz oder lang vernichten.

Wann müssen Sie wieder aufmachen, um nicht bankrott zu gehen?

Es geht ja nicht nur um uns. Es geht um die gesamte Tourismusbranche auf Mallorca. Wann müssen wir wieder aufsperren? So schnell wie möglich. Ganz einfach.

Wird innerhalb der Gruppe darüber nachgedacht, den Megapark zu verkaufen?

Nein, weder Megapark noch Megasport stehen da zur Debatte. Megasport soll übrigens am 1. Juli wiedereröffnen. Wir stimmen aber noch mit den Behörden die genauen Auflagen ab.

An der Playa ist viel in Bewegung, Vereinigungen wie Palma Beach wollen hier einen neuen Qualitätstourismus etablieren. Wie sehen Sie die Rolle des Megaparks an der Playa de Palma?

Zunächst einmal würde ich mir wünschen, dass, wenn es um das Thema Tourismus geht, alle an einem Tisch sitzen. Nicht nur die Politiker und Hoteliers, sondern auch vor allem die Betreiber der Freizeit und Unterhaltungsindustrie von Bars, Restaurants, Diskotheken, Sportevents- oder Kulturveranstalter. Und man muss sich fragen, was ein sogenannter besserer Tourismus bedeutet. 50 Prozent der Hotels auf der Insel können bei den Standards aufgrund von infrastrukturellen Möglichkeiten doch gar nicht mithalten. Nicht alle Hotels liegen in außergewöhnlichen Lagen oder sind eingebettet in einer attraktiven Umgebung oder Landschaft. Desto höher die Qualität und der Anspruch, desto mehr schrumpft die Anzahl der Touristen. Ferrari verkauft nicht gleich viele Autos wie Volkswagen. Was würde langfristig mit der Bevölkerung passieren, wenn es zu einer nachhaltigen massiven Reduzierung des Tourismus kommen würde? Die Einwohnerzahl steht meiner Meinung in einem direkten Verhältnis zur Entwicklung des Tourismus und der daraus entstandenen Arbeitsplätze. Wie viele Existenzen würde eine permanente Reduzierung von 20 Prozent des Tourismus kosten? Wir haben keine wirkliche Alternative zum Tourismus, ein Silicon Valley gibt es nicht, und nicht jeder kann bei Amazon als Amazon-Händler einen Ausweg finden. Ein Großteil der gesamten Bevölkerung hängt direkt oder indirekt vom Bruttoinlandsprodukt des Tourismus ab. Das gilt auch für die bestehenden Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Flughafen bis hin zu den Dienstleistern.

Schon klar. Aber wie sehen Sie die Rolle des Megaparks?

Ich würde das am liebsten mit einem Vergleich beantworten. Das Nachtleben und die Diskotheken haben Ibiza zu dem gemacht, was es heute ist, da sind wir uns einig, oder? Oder schauen wir nach München zum Oktoberfest, das jährlich von siebeneinhalb Millionen Menschen besucht wird. Das Oktoberfest ist in den Augen der Gäste aus aller Welt, den Deutschen und dem Oberbürgermeister von München das schönste und größte Volksfest der Welt und es gehört zur Kultur Münchens dazu. Dort gibt es das High-Society-Zelt vom Käfer und Zelte vom Schottenhamel, wo die Studenten feiern. So sehen wir uns, als Riesenparty, wo ganz unterschiedliche Leute zusammenkommen. Redet irgendjemand davon, dass das Oktoberfest nur ein großes Massenbesäufnis ist?

Da gibt es mit Sicherheit einige ...

...?einige wird es immer geben. Aber niemand sagt generell, dass man zusehen sollte, das Oktoberfest abzuschaffen, um bessere Touristen nach München zu holen. Man kann das Oktoberfest doch nicht durch zweite Wagner-Festspiele ersetzen. Karneval in Köln ist dasselbe. Da steht eine ganze Stadt, von der Politik über Wirtschaftstreibende, Prominente und den Bürgern hinter dem Karneval. Und da wird auch geklotzt und nicht gekleckert, und eine gewisse Anzahl an Einheimischen findet es sicher auch nicht toll, wenn ihnen ein Betrunkener an die Haustür pinkelt. Wenn in München die Leute das Oktoberfest verlassen, ist das Gegröle für die Anrainer nicht lustig. Aber das bedeutet nicht, dass man das Oktoberfest abschaffen will oder als Massenbesäufnis unterster Schublade hingestellt wird.

Zumindest findet es in diesem Jahr wegen des Coronavirus nicht statt.

Dann eben im nächsten Jahr. Wir sind der größte Arbeitgeber an der Playa. Bei Vollbetrieb beschäftigen wir 500 Mitarbeiter, höchstwahrscheinlich wären es sogar noch ein bisschen mehr, wenn wir die letzten Jahre normal hätten arbeiten können. Unsere Partys haben sich in die DNA der Deutschen eingebrannt und dafür steht der Megapark, für United-Party-People. Die Marke Megapark kennt jeder zweite Deutsche. Hunderttausende von Gästen zeigen doch, dass wir gute Arbeit leisten.

Dennoch steht er auch für den Sauftourismus an der Playa.

Es ist immer einfach, einen Schuldigen zu finden. Wir schauen als Unternehmer pingeligst darauf, dass bei uns im Betrieb alles in Ordnung ist. Aber das hilft nichts, wenn draußen die Autoritäten versagen. Wenn ich um 8.30 Uhr in der Früh an der Playa frühstücken gehe, sehe ich schon die ersten Horden mit Bierdosen in der Hand. Bevor die Leute in die Betriebe gehen, wo die Party stattfindet, sind die ersten schon mit den Bierdosen unterwegs und bauen Bierdosenpyramiden am Strand. Das sind Leute, die wir gar nicht mehr hineinlassen, wenn wir aufmachen. Wir kümmern uns, dass in unseren Lokalen alles gesittet abläuft. Es wäre nie zu all diesen Problemen gekommen, die wir heute auf der Straße und am Strand erleben, wenn der politische Wille wirklich existiert hätte, hier vernünftige Gesetze zu schaffen und diese rigoros umzusetzen.

Die Gesetze gibt es doch, zumindest wurden die Benimmregeln 2019 verschärft.

Unzivilisiertes Verhalten muss sofort geahndet werden. Es laufen Hunderte von fliegenden Verkäufern rum, die Alkohol auf öffentlichen Plätzen und am Strand verkaufen. Taschendiebe rund um die Uhr, oft sogar in organisierten Gruppen. Die Politik soll sich um ihre Hausaufgaben betreffend der via pública (Öffentlicher Raum, Anm. d. Red.) kümmern und somit ihren Teil dazu beitragen, dass wir uns alle verbessern.

In den vergangenen zwei Jahren konnte der Megapark nicht so viele Gäste hineinlassen, wie er gern wollte, da Teile wegen eines Streits um Lizenzen mit der Stadt nicht genutzt werden dürfen. Wie ist da derzeit der Stand der Dinge?

Wir denken, wir haben recht. Aber anscheinend reicht das nicht aus. Wir haben unabhängige Studien in Auftrag gegeben an der Balearen-Universität und in Barcelona, beide Studien bestätigen uns, dass die Zusammenführung der Lizenzen absolut in Ordnung war. Das ist ein hochkomplexes Thema, zu dem wir uns normalerweise nicht äußern.

Wird es den Ballermann in fünf Jahren noch geben?

Den Ballermann - das weiß ich nicht. Aber was den Megapark betrifft: etwas, das so tief verwurzelt ist, wird nicht einfach so verschwinden.