Andere Kinder wissen die Namen von Dino­sauriern auswendig und bringen deren lateinische Fachnamen ohne Versprecher über die Lippen. Bei Duncan Wingen waren es dagegen die Wetterphänomene. „Ich konnte schon mit sechs Jahren die Namen der Wolkenformationen auswendig", sagt der 25-jährige Deutsch-Mallorquiner. Und wenn andere Kinder Bilder von Sonne und blauem Meer malten, waren es bei ihm düstere Unwetterszenarien mit dunklem Himmel und Blitzen.

Es war also keine wirkliche Überraschung, dass Duncan Wingen den Berufsweg des Meteorologen einschlug. Den Online-Lesern der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca" ist er bereits als Wetterfrosch bekannt, ab Freitag kommender Woche (17.7.) wird er auch für die Mallorca Zeitung das Insel-Wettervorhersagen, ausführlich in Wort und Bild, auf Deutsch, jeweils für das anstehende Wochenende. Duncan erklärt vor der Insel-Karte jeweils für Freitag, Samstag und Sonntag, was uns am Himmel und vor der Küste erwartet und wie die jeweiligen Wetterphänomene zustandekommen.

Wetterlagen, die sich von Ort zu Ort unterscheiden, heftige Herbststürme und Tornados, Niederschlagsrekorde in der Tramuntana - das Insel-Wetter hat sehr viel mehr zu bieten als das sommerliche, scheinbar immer gleiche Badewetter. „Mir kommt es darauf an, Wetterphänomene zu erklären und verständlich zu machen", sagt der studierte Lehrer und Geograf aus Palma. Für ihn sei es deswegen nicht infrage gekommen, nach dem Abschluss des Geografie-Studiums in Barcelona vor zwei Jahren die staatlichen Prüfungen (oposiciones) zum Eintritt in das spanische Wetteramt Aemet anzustreben, zumal die verfügbaren Stellen im Staatsdienst nach Kürzungen ohnehin weniger geworden sind.

Aktiv auf allen Kanälen

Stattdessen ist der Sohn einer Mallorquinerin und eines Deutschen auf vielen Kanälen präsent und arbeitet weiterhin unter anderem auch als Lehrer, bis allein die Meteorologie zum Lebensunterhalt reicht. Fotos und Erläuterungen zu aktuellen Wetterphänomenen liefert er beispielsweise auf dem Twitter-Account „El Rincón Balear de la Meteorología" (@rbmeteonews). Dort erfährt man, was es mit Tramontana- und Mistral-Winden auf sich hat, wie die Sommersonnenwende (solsticio) funktioniert und was Cumulus humilis, Altocumulus castellanus sowie Altocumulus translucidus am Himmel zu bedeuten haben.

Das Wetter hatte Wingen auch als Mitglied der Societat d'Observadors Meteorològics de les Illes Balears im Blick, der Vereinigung der ehrenamtlichen Wetterbeobachter auf den Inseln. Heute ist Wingen außerdem leidenschaftlicher Sturmjäger, fängt also die Naturgewalten mit seiner Kamera ein - Langzeitbelichtungen per Stativ und Fernauslöser. „Ich fotografiere fast immer von zu Hause aus, ich habe die gesamte Küste von Calvià und von Palma im Blick." Aber auch von Ciutat Jardí aus, in Algaida oder am Lochfelsen Na Foradada entstanden schon Aufnahmen von den Blitzformationen am Himmel, wie der cazatormentas erklärt. Bei der Ortung der Gewitter helfen Radar, Satellitenüberwachung oder die Blitzortung des Wetterdienstes Aemet. Wenn sich dann der Wind erhebt, die Blitze den nächtlichen Himmel aufhellen und sich eine Windhose am Horizont abzeichnet, ist Wingen in seinem Element. „Das Mittelmeer ist ein mysteriöser und faszinierender Ort", sagt er.

In Kürze erscheint auch ein eigenes Buch über Unwetter auf Mallorca, es heißt „Los secretos de los comulolimbus" und handelt von den Geheimnissen der Gewitterwolke Comulolimbus, aus der Niederschlag in Form von Regen, Hagel oder Schnee fällt. In dem Buch fehlen der heftige Tornado über Mallorca mit einem Todesopfer von 2007 genauso wenig wie die verheerende Flutkatastrophe von Sant Llorenç 2018 mit ihren 13 Todesopfern.

Ungebrochenes Interesse

Dass sich die Menschen nicht nur bei Extrem-Wetterlagen umfassend für die Meteorologie interessieren, liegt für Wingen auf der Hand, und das treffe für Deutsche und Spanier gleichermaßen zu. Es sei kein Zufall, dass die Wettervorhersage im staatlichen spanischen Fensehen TVE zur besten Sendezeit über eine Viertelstunde ausgedehnt werde und mit die besten Einschaltquoten erziele.

Und auch auf der MZ-Website stoßen Meldungen über Höchsttemperaturen, Schnee in der Tramuntana oder die aktuellen Warnstufen des Wetterdienstes auf ungebrochenes Interesse - zumal lokale Wetterphänomene wie cap de fibló (Windhose), rissagas (durch den Luftdruck verursachte Schwankungen des Meeresspiegels), lluvia de barro (mit Sahara-Staub versetzter Regen) oder die gota fría („kalter Tropfen" genannte Herbststürme) erklärt werden wollen. Höchste Zeit also, dass der Deutsch-Mallorquiner die Geheimnisse des Insel-Wetters auch den MZ-Lesern im Video nahebringt.