Eigentlich wollte er 2003 in Madrid nur seinen Mitbewohner zum Casting einer Schauspielagentur begleiten. Dann fragte ihn die Leiterin, ob er nicht auch vorsprechen wolle. Spontan stimmte José Torresma zu. „Schon kurze Zeit später haben mich mehr Leute kontaktiert als meinen Freund, und er war ganz schön eifersüchtig. Schließlich war er ausgebildeter Schauspieler, und ich nicht", erinnert sich der 43-Jährige, der schon als kleiner Junge unbedingt Pilot und später Regisseur werden wollte. „Ich bin sehr ausdrucksstark und manchmal entscheidet das Schicksal eben anders", weiß der von Mallorca stammende mittlerweile ebenfalls ausgebildete Schauspieler.

Torresma feiert derzeit einen seiner größten Erfolge: Seit Anfang Juli läuft auf der Streaming-Plattform Netflix der teilweise auf Mallorca gedrehte, amerikanische Film „The F**k-It List" (span. Titel „La lista de a la mierda"), in dem er mitspielt. „Ich bin der einzige männliche Mallorquiner darin. Neben mir spielen auch zwei Models von hier und eine Schauspielerin mit", so Torresma. Die Mallorca-Sequenzen der an ein jugendliches Publikum gerichteten Romantik-Komödie mit den Schauspielern Eli Brown („Pequeñas mentiras") und Madison Iseman in den Hauptrollen wurden im August 2018 während einer Woche in Portocolom gedreht.

Darum geht's

In dem Film von Michael Duggan macht sich Schüler Brett Blackmore (Eli Brown), der stets gute Noten hat und dessen Eltern daher schon große Pläne für ihn geschmiedet haben, Gedanken um seine Zukunft. Also dreht er ein Video mit einer Liste an Dingen, die er sich bisher nicht getraut hat zu machen. Die Liste wird viral. Seine Mitschülerin Kayla Pierce (Madison Iseman), die durch Europa und währenddessen auch nach Mallorca reist, gefällt ihm, also reist er ihr nach.

„Eigentlich sollte statt Mallorca Valencia Drehort sein, doch die Kulisse hat den Regisseur offensichtlich nicht überzeugt", erzählt Torresma. Auf Mallorca angekommen, landet Kayla Pierce zufällig in einem Bus, der Luxus-Escort-Mädels zum Hafen in Portocolom fährt. Dort sollen sie aussteigen, um kurze Zeit später zu den Booten ihrer „Kunden" zu gelangen. In dieser Szene ist schließlich Torresma zu sehen, der die Frauen höflich auffordert, sich zu den Booten aufzumachen.

„In nur zweieinhalb Stunden war die ganze Szene im Kasten", sagt der Schauspieler, der positiv überrascht darüber war, wie organisiert das amerikanische Kamerateam und die Schauspieler waren: „Sie verlieren keine Zeit. Wenn du ans Set kommst, musst du nicht mehr warten. Es wird direkt begonnen mit den Aufnahmen. In Spanien läuft das oft ganz anders ab", so Torresma.

Auf einer gemeinsamen Fahrt in einem abgedunkelten Auto zum Drehort und im Wartebereich vor Ort sei er auch mehrmals mit den Protagonisten ins Gespräch gekommen. „Sie waren begeistert von Mallorca und haben mich gefragt, welche Orte ich ihnen auf der Insel zum Besuch mit dem Mietwagen empfehlen kann", erinnert er sich. Auch die überteuerten Mietpreise in Los Angeles waren in den Gesprächen ein Thema. „Madison Iseman erzählte mir, dass selbst sie in einer WG lebt, dabei verdient sie als Hollywoodstar gutes Geld", weiß Torresma, der von 2014 an selbst drei Jahre in der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole gelebt hat.

Mit den ganz Großen lernen

„Nachdem ich in Madrid Umsetzung von audiovisuellen Projekten und Schauspiel sowie Regie studiert und danach von Gelegenheitsjobs gelebt hatte, entschied ich, mein ganzes Erspartes zu investieren und an einer berühmten Schauspielschule einen eineinhalb Jahre dauernden Schauspielkurs zu machen", erzählt Torresma. Bei seiner Lehrerin Michelle Danner seien auch Penélope Cruz und Gerard Butler in die Lehre gegangen. Danach drehte er in der Stadt in Kalifornien etwa Werbeclips für Toyota, musste Los Angeles aber, da sein Visum nicht verlängert wurde, nach insgesamt drei Jahren wieder verlassen.

Zurück auf seiner Heimatinsel Mallorca angekommen, war er bei verschiedenen Agenturen, etwa Palma Pictures und zuletzt exklusiv bei Kailash eingeschrieben. Neben der Teilnahme am Netflix-Film „The F**k-It List" konnte er 2018 auch als Protagonist bei „Retorno", dem Film des mallorquinischen Regisseurs Marcos Callejo, glänzen. „Der Film wurde zu einem der 30 besten spanischen des Jahres 2018 gewählt", so Torresma stolz. Zusammen mit zwei weiteren, in denen der Mallorquiner mitspielt, kann er kostenpflichtig auf der Plattform Filmin (www.filmin.es) angesehen werden.

Auch im deutschen Fernsehen

Auch deutschen Fernsehzuschauern mag Torresma in so mancher Fernsehwerbung aufgefallen sein. 2019 etwa war er Protagonist in einem längeren Clip für das Medikament Nurofen, der auch in anderen Ländern Europas gezeigt wurde. Obwohl der Mallorquiner auch ein bisschen Deutsch kann: Viel Text hatte er in dem Clip Gott sei Dank nicht zu sprechen. „Ich musste lediglich einmal ,Taxi' rufen. Den Resttext sprach eine Erzähl-Stimme aus dem Off ein", so Torresma.

Lieber auf Englisch

Wer ihn aktuell als Schauspieler sehen will, sollte sich den Netflix-Film am besten auf Englisch ansehen, empfiehlt Torresma: „Durch meinen Aufenthalt in Los Angeles konnte ich in dem Film hoffentlich mit gutem amerikanischen Akzent sprechen." Nur in dieser Version kommt auch seine Originalstimme vor. Den Film gibt es ansonsten auch mit deutscher Sprachausgabe und deutschen Untertiteln. Wer am Anfang der auf Mallorca gedrehten Szene ganz genau hinschaut, dem fällt vermutlich auf, dass nicht nur in Portocolom, sondern auch in einem anderen Ort der Insel mit Leuchtturm gedreht wurde.