Ohne Corona hätte es die beste Saison seit Langem für die deutschen Auswanderer Nicole Bibard und Jörg Hertzner werden können. In ihrem 20. Jahr auf Mallorca war ihr Finca-Hotel Amapola bei Campos dieses Jahr fast ausgebucht. „Nach drei schwierigeren Jahren wären alle elf Zimmer im Juli und August komplett belegt gewesen, und auch das Frühjahr sowie der Herbst sahen richtig gut aus", so Jörg Hertzner.

Nach einigen Umbauarbeiten und Investitionen im Winter wollte das Paar eigentlich im März eröffnen. Doch dann kam der Lockdown und mit ihm die Stornierungen. Sie verschoben den Saisonstart auf den 8. Juli. „Rund 100 Tage sind uns so verloren gegangen", so der gebürtige Kölner. In dieser Zeit hätten die beiden mit Übernachtungsgästen, Seminaren, Incentives und Geburtstagsfeiern gutes Geld verdienen können.

Doch statt Trübsal zu blasen, packten die beiden Unternehmer an und entwickelten ein umfangreiches Hygiene- und Sicherheitskonzept. „Wir wollten für den Neustart bestens vorbereitet sein", sagt Nicole Bibard. Rund 5.000 Euro investierten sie in Desinfektionsspender, Masken für sich und die neun Mitarbeiter, mit Desinfektionsmittel getränkte Teppiche und Markierungen und Schilder, mit denen Laufwege zum besseren Abstandhalten gekennzeichnet werden konnten. Die öffentlichen Toiletten wurden geschlossen, und die Gäste durften nur noch die Bäder in ihren Zimmern und Suiten nutzen. „Wir haben es am Anfang vielleicht etwas übertrieben, aber wir wollten eben alles richtig machen", so die 53-Jährige.

Eigentlich bietet das Landhotel nur Frühstück an. „Etliche Gäste fragten aber, ob wir nicht auch Abendessen servieren könnten, da sie aus Angst vor dem Virus nicht gern in Restaurants gehen wollten", erzählt Jörg Hertzner. Kurzerhand wurde mit einem deutschen Caterer, dem wegen Corona viele Aufträge weggebrochen waren, ein Buffet organisiert. „So konnten wir an fünf Tagen die Woche auch abends Essen anbieten." Alles natürlich unter strenger Einhaltung der Corona-Regeln. Auch das Frühstück wird seither als „Service-Buffet" angeboten, bei dem Mitarbeiter den Gästen die Speisen auf dem Teller anrichten.

Mit diesen und weiteren Vorkehrungen schaffte es das Paar, Urlaubsgäste für sich zu gewinnen. „Die Buchungszahlen entwickelten sich wieder recht gut", so Jörg Hertzner, der als großer Anhänger des kölschen Karnevals im Jahr 2016 die Jungfrau im Kölner Dreigestirn war. „Zuletzt waren wir nur noch bei rund zehn Prozent Stornierungen."

Doch dann kam der 14. August, ein wahrlich schwarzer Freitag für die beiden und all die anderen Hoteliers der Insel. Gegen 19.30 Uhr verkündete die deutsche Bundesregierung die Reisewarnung für ganz Spanien mit Ausnahme der Kanaren, nachdem kurz zuvor das Robert Koch-Institut die Regionen samt Mallorca zum Corona-Risikogebiet erklärt hatte. „Nicole hat als erste Reaktion nur noch geweint und auch ich war in Schockstarre", erzählt Jörg Hertzner. In kürzester Zeit seien die Stornierungen auf mehr als 90 Prozent hochgeschnellt. „Momentan haben wir kommende Woche gerade einmal noch zwei Zimmer belegt." Ob sich die Buchungen wieder etwas erhöhen, müsse man nun abwarten.

Dennoch reisten einige Stammgäste auch nach der verkündeten Reisewarnung noch an. Wie Holger Appel, der schon seit rund 15 Jahren ins Amapola kommt. „Wir fühlen uns hier sehr sicher", so der Frankfurter, der mit seiner Frau und den zwei Kindern für einige Tage in dem Landhotel wohnt. „Wir waren gerade dabei, die Koffer zu packen, als die Meldung von der Reisewarnung herauskam." Er habe dann schon mit der Familie überlegt, ob sie die Reise absagen sollten. „Doch wir kennen Mallorca und auch das Amapola genau und waren uns deshalb sicher, dass uns hier nichts passieren würde", so Appel.

Genau auf solche Stammgäste hoffen die beiden auch weiterhin. „Zwar haben auch einige von ihnen nun storniert, doch die Anzahlungen wollen sie wie selbstverständlich nicht zurückhaben, sondern stattdessen für nächstes Jahr stehen lassen." Das helfe dem Paar nun sehr, auch wenn die beiden in den vergangenen Jahren ein gutes Polster aufbauen konnten. Mit anderen Gästen müssten sie schon hart über die Anzahlungen verhandeln. „Beim Pauschalurlaub läuft das natürlich anders als beim Individualtrip."

Und vielleicht besinnen sich die Urlauber ja künftig mehr auf kleinere Unterkünfte. „Bei uns geht alles privater zu - anders als in den großen Bettenburgen. Bei uns lassen sich Corona-Regeln wohl auch einfacher einhalten", so der 58-jährige Hertzner. Hart werde es aber dennoch. „Wir werden alle kämpfen müssen und einige werden es sicher nicht schaffen."